JudikaturOGH

8Ob62/23k – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. August 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann Prentner und Mag. Korn sowie die Hofräte Dr. Stefula und Dr. Thunhart als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj 1. J* S*, geboren * 2020, 2. P* S*, geboren * 2017, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters S* W*, vertreten durch Mag. Alexandra Posch, Rechtsanwältin in Wien, wegen Obsorge und Kontaktrecht, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 15. Mai 2023, GZ 45 R 494/22p 37, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung:

[1] Mit dem angefochtenen, vom Rekursgericht bestätigten Beschluss des Erstgerichts wurde der Antrag des außerehelichen Vaters auf Beteiligung an der Obsorge der Kinder abgewiesen und ausgesprochen, dass die Mutter weiter mit der alleinigen Obsorge betraut bleibe. Darüber hinaus wurde dem Vater ein vorläufiges Kontaktrecht unter Besuchsbegleitung eingeräumt.

Rechtliche Beurteilung

[2] Mit seinem außerordentlichen Revisionsrekurs strebt der Vater die gemeinsame Obsorge und ein unbegleitetes, zeitlich erheblich erweitertes Kontaktrecht an. Er zeigt mit seinem Rechtsmittel aber keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG auf.

[3] Bei der Entscheidung über die Obsorge für ein Kind ist ausschließlich dessen Wohl maßgebend (RIS Justiz RS0048632). Nach ständiger Rechtsprechung setzt eine sinnvolle Ausübung der Obsorge beider Eltern ein gewisses Mindestmaß an Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit beider voraus. Um Entscheidungen gemeinsam im Sinn des Kindeswohls treffen zu können, ist es erforderlich, in entsprechend sachlicher Form Informationen auszutauschen und einen Entschluss zu fassen. Es ist also eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob bereits jetzt eine entsprechende Gesprächsbasis zwischen den Eltern vorhanden ist oder ob zumindest in absehbarer Zeit mit einer solchen gerechnet werden kann. Ob das zutrifft, hängt in hohem Maß von den Umständen des Einzelfalls ab (RS0128812 [T5; T19]). Der Informationsaustausch dient dazu, Erziehungs- und Betreuungsmaßnahmen gemeinsam zu besprechen, wobei die Bedürfnisse und Wünsche des Kindes möglichst übereinstimmend zu beurteilen sind; die darauf beziehenden Entscheidungen der Elternteile dürfen sich also nicht regelmäßig widersprechen (RS0128812 [T25]).

[4] Soweit der Revisionsrekurs diese Voraussetzungen bei den Eltern erfüllt wähnt, setzt er sich nicht mit den Feststellungen der Tatsacheninstanzen auseinander.

[5] Der Vater erwies sich nach den Feststellungen als aufbrausend, zu unangemessenem Verhalten neigend und als jemand, dem es schwer fällt, andere Meinungen zu akzeptieren. Seine eigenen Ansichten und „alternativen Wahrheiten“, etwa im Zusammenhang mit der Covid-Impfung der Kindesmutter, versuchte er hingegen mit Nachdruck durchzusetzen. Aufgrund des Verhaltens des Vaters löste der Kindergarten des Sohnes das Betreuungsverhältnis auf. Während aufrechter Beziehung der Eltern kam es zweimal zu Gewaltausbrüchen des Vaters gegenüber der Mutter. Auch gegen die mütterliche Großmutter wurde er einmal handgreiflich. Eine Beziehung zur Tochter konnte der Vater bisher kaum aufbauen, zumal er dies zunächst selbst ablehnte.

[6] Auf Grundlage dieser Tatsachenfeststellungen vermag der Revisionsrekurs keine im Einzelfall aufzugreifende rechtliche Fehlbeurteilung der Vorinstanzen iSd § 62 Abs 1 AußStrG aufzuzeigen.

Rückverweise