2Ob145/23x – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Nowotny, Hon. Prof. PD Dr. Rassi, MMag. Sloboda und Dr. Kikinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*, vertreten durch Mag. Patrick Thun Hohenstein, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. S*, 2. Dr. J*, und 3. Dr. C*, alle vertreten durch Dr. Johann Eder und Dr. Stefan Knaus, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen zuletzt 64.544,71 EUR sA und Feststellung über die Revision der drittbeklagten Partei (Revisionsinteresse: 12.558,35 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 10. Mai 2023, GZ 3 R 113/22s 74, mit dem ihrer Berufung gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 10. Juni 2022, GZ 8 Cg 69/19v 56, nicht Folge gegeben wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die drittbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.127,40 EUR (darin enthalten 187,90 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
B e g r ü n d u n g :
[1] Die Klägerin verlor einen nach einem Skiunfall gegen die Bergbahnenbetreiber geführten Schadenersatzprozess, weil die sie in diesem Verfahren vertretenden, nun beklagten Rechtsanwälte – nach bereits rechtskräftiger Feststellung der Haftung der Bergbahnenbetreiber mit Zwischenurteil im Ausmaß von ¾ – eine nicht gehörige Fortsetzung des Verfahrens (Nichterlag eines Kostenvorschusses) und deshalb eine Abweisung der Klage wegen Verjährung zu verantworten hatten.
[2] Im vorliegenden Verfahren macht sie gegen die Beklagten Schadenersatzansprüche wegen der fehlerhaften Ausführung des Mandats geltend.
[3] Das Berufungsgericht hob mit Beschluss vom 13. 10. 2022 das klagsstattgebende Urteil des Erstgerichts im Ausmaß eines Zuspruchs von 12.558,35 EUR (vor dem Verfahren aufgelaufene, nach dem Vorbringen der Klägerin auf die Verletzung auftragsrechtlicher Informationspflichten zurückzuführende Kosten des Klagevertreters) samt dem darüber geführten Verfahren als nichtig auf und wies die Klage insoweit wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück.
[4] Mit Beschluss vom 21. 3. 2023 (2 Ob 232/22i) hob der Oberste Gerichtshof über Rekurs der Klägerin den Beschluss des Berufungsgerichts auf und trug diesem die Fortsetzung des Berufungsverfahrens auf.
[5] Das Berufungsgericht gab den Berufungen des Erst und Zweitbeklagten im fortgesetzten Verfahren Folge und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung (Prüfung der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der aufgelaufenen Kosten im Rahmen der Schadensminderungsobliegenheit [§ 1304 ABGB]) auf. Der Berufung der Drittbeklagten gab es hingegen nicht Folge, weil sie sich nur gegen ihre Mithaftung gewendet, ein Mitverschulden der Klägerin lediglich im Zusammenhang mit dem Nichterlag des Kostenvorschusses geltend gemacht, aber inhaltlich nichts gegen diese Schadensposition vorgebracht habe.
Rechtliche Beurteilung
[6] Die vom Berufungsgericht über Abänderungsantrag zugelassene, von der Klägerin beantwortete Revision der Drittbeklagten ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) – nicht zulässig .
[7] 1. Dass es sich – wie vom Berufungsgericht angenommen – bei der Prüfung der Schadensminderungs-obliegenheit (§ 1304 ABGB) in Bezug auf die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der begehrten Anwaltskosten um einen rechtlich selbständig zu beurteilenden Einwand handelt, der ohne entsprechende Rechtsausführungen in der Berufung nicht zu prüfen ist (vgl RS0043352 [T30, T31]), zieht die Revision nicht in Zweifel.
[8] 2. Die Auslegung des Parteienvorbringens wirft – abgesehen von Verstößen gegen Denkgesetze oder Unvereinbarkeit mit dem Wortlaut – keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf (RS0042828 [T31]). Beides liegt nicht vor. Die Drittbeklagte hat in der Berufung lediglich damit argumentiert, dass die Kl ägerin am Nichterlag des Kostenvorschusses jedenfalls ein Mitverschulden treffe. In ihrer Berufung fehlen Ausführungen zur Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der begehrten Anwaltskosten . Das kann nicht durch einen bloßen „Verweis“ auf die Ausführungen des Erst und Zweitbeklagten über das Mitverschulden der Klägerin ersetzt werden. Nach ständiger Rechtsprechung ist jede Rechtsmittelschrift ein in sich geschlossener selbständiger Schriftsatz, der nicht durch die Bezugnahme auf den Inhalt anderer in derselben oder einer anderen Sache erstatteter Schriftsätze ersetzt oder ergänzt werden kann (RS0007029). Eine solche Verweisung wäre daher unzulässig und unbeachtlich (RS0007029 [T1]; RS0043579 [T23]). Das Rechtsmittel zeigt somit keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung auf.
Kosten:
[9] 3. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen (RS0112296).