2Nc53/23a – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Nowotny, Hon. Prof. PD Dr. Rassi, MMag. Sloboda und Dr. Kikinger als weitere Richter in der beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien anhängigen Verfahrenshilfesache der Antragstellerin K*, hier wegen Delegierung nach § 9 Abs 4 AHG, über die Anzeige der * im Verfahren zu AZ * den
Beschluss
gefasst:
Spruch
* ist als Mitglied des * Senats in der zu * anhängigen Rechtssache ausgeschlossen.
Text
Begründung:
[1] Die Antragstellerin beantragt die Gewährung von Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Amtshaftungsklage.
[2] Ihre Ansprüche leitet sie unter anderem aus Entscheidungen des Oberlandesgerichts Wien ab, an deren Zustandekommen der Ehemann der * mitgewirkt hat.
[3] Der * Senat des Obersten Gerichtshofs, dessen Mitglied * ist, hat nunmehr über die Delegierung dieses Verfahrens nach § 9 Abs 4 AHG zu entscheiden.
[4] * gibt bekannt, dass ihr Ehemann an Entscheidungen des Oberlandesgerichts Wien mitgewirkt habe, aus denen die Antragstellerin nunmehr Amtshaftungsansprüche ableite. Sie zeige daher ihre allfällige Ausgeschlossenheit, in eventu den äußeren Anschein einer Befangenheit an.
Rechtliche Beurteilung
[5] Die Anzeige der Ausgeschlossenheit ist begründet :
[6] 1. Nach § 20 Abs 1 Z 1 JN sind Richter von der Ausübung des Richteramts in bürgerlichen Rechtssachen ausgeschlossen, in denen sie selbst Partei sind, oder in Ansehung deren sie zu einer der Parteien im Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen stehen.
[7] Nach § 20 Abs 1 Z 2 JN sind Richter von der Ausübung des Richteramts in bürgerlichen Rechtssachen ua in Sachen ihrer Ehegatten ausgeschlossen.
[8] 2. Im Fall einer erfolgreichen Amtshaftungsklage kann der Schadenersatz leistende Rechtsträger gemäß § 3 Abs 1 AHG vom handelnden Organ unter bestimmten Voraussetzungen Rückersatz verlangen. Dem Ehemann der * kommt daher die Stellung als potentiell Regresspflichtigem zu (2 Nc 5/21i Rz 6 mwN).
[9] 3. Im Sinn des § 20 Abs 1 Z 1 JN wird zwischen der Stellung als Verfahrenspartei und jener als Regresspflichtiger wertungsmäßig kein Unterschied gemacht. Das Naheverhältnis eines Richters zu einem Regresspflichtigen kann daher nicht nur Befangenheit begründen (vgl 8 Nc 2/16k; 2 Nc 5/21i), sondern bei Vorliegen der in § 20 Abs 1 Z 2 JN genannten Verhältnisse auch zur Ausgeschlossenheit führen. Das Eheverhältnis von * zum potentiell Regresspflichtigen bewirkt daher ihre Ausgeschlossenheit gemäß § 20 Abs 1 Z 2 JN, weil eine Sache ihres Ehegatten vorliegt (so bereits 2 Nc 47/23v).
[10] 4. Dies gilt aufgrund des unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Verfahrenshilfe- und Hauptverfahren auch im Verfahrenshilfestadium für die Führung eines Amtshaftungsverfahrens (vgl zur Geltendmachung des Ablehnungsrechts: RS0046078 [T1]) und in einem Zuge dessen anhängig gewordenen Verfahren nach § 9 Abs 4 AHG.