5Ob194/22y – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B* Beteiligung GmbH, *, vertreten durch Dr. Manfred Sommerbauer, DDr. Michael Dohr, LL.M., LL.M., Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, gegen die beklagte Partei * Rechtsanwälte GmbH, *, wegen Unterlassung (Streitwert 36.000 EUR) und Feststellung (Streitwert 3.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 25. Juli 2022, GZ 1 R 49/22s 25, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 17. Jänner 2022, GZ 12 Cg 16/21d 20, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.205 EUR (darin 367,50 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
[1] Die Klägerin ist (Minderheits )Gesellschafterin einer GmbH. Sie begehrte die beklagte Rechtsanwaltsgesellschaft zu verpflichten, die Rechtsberatung und/oder Rechtsvertretung dieser GmbH in bestimmt bezeichneten Angelegenheiten zu unterlassen. Die Klägerin begehrte weiters die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle Schäden und Nachteile der Klägerin aus oder in Zusammenhang mit der Rechtsberatung und/oder Rechtsvertretung dieser GmbH durch die Beklagte aus und in Zusammenhang mit einzelnen dieser Angelegenheiten.
[2] Die Klägerin stützte diese Klagebegehren auf einen Verstoß der Beklagten gegen standesrechtliche Verpflichtungen, insbesondere des § 10 RAO iVm § 10 RL BA 2015. Als Gesellschafterin der von der Beklagten vertretenen GmbH sei sie aufgrund des Gesellschaftsvertrags und des zwischen der GmbH und der Beklagten geschlossenen Mandatsvertrags zur Klage berechtigt, weil beide Verträge Schutzwirkungen zu ihren Gunsten entfalteten. Zudem gehöre sie zur Unternehmens-Gruppe, mit der die Beklagte früher Mandatsverhältnisse gehabt habe.
[3] Das Berufungsgericht bestätigte das klageabweisende Urteil des Erstgerichts.
[4] In der Begründung seiner Entscheidung verwies das Berufungsgericht darauf, dass es zu seiner AZ 5 R 6/22x bereits eine vergleichbare Klage der einzigen Gesellschafterin der Klägerin gegen die Beklagte zu beurteilen gehabt habe. Dieses Verfahren habe die Vertretung einer anderen GmbH betroffen, an der der dortigen Klägerin ebenfalls nur eine Minderheitsbeteiligung zugekommen sei. Im Gegensatz zum vorliegenden Fall habe allerdings zwischen der Klägerin dort und der Beklagten vormals ein Mandatsverhältnis bestanden. Die dort angestellten (wörtlich wiederholten) Erwägungen könnten für dieses Verfahren nutzbar gemacht werden (siehe dazu 5 Ob 171/22s [Zurückweisung der Revision]).
[5] Die Beurteilung des Erstgerichts, eine aus einem Rechtsgeschäft resultierende Unterlassungspflicht scheide aus, weil zwischen den Streitteilen nie eine vertragliche Beziehung bestanden habe, eine solche ergebe sich aber auch nicht aus den Mandatsverträgen zwischen der Beklagten und den einzelnen Projektgesellschaften, weil diese keine Schutzwirkungen zugunsten der Klägerin entfalteten, sei ebenso zutreffend, wie dessen Rechtsansicht, die bloße Gesellschafterstellung der Klägerin führe nicht dazu, dass sie in Umgehung ihrer gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten eigenständig Unterlassungsansprüche geltend machen könne, weil § 10 RAO bzw § 10 RL BA 2015 Schutzgesetze zugunsten der Klienten und nicht allgemein zugunsten sämtlicher Gesellschafter einer juristischen Person seien.
[6] Die gegenteilige Argumentation der Klägerin beruhe auf der unrichtigen Prämisse, dass die Interessen der Gesellschaft von den gemeinsamen Interessen aller Gesellschafter bestimmt seien. Die Willensbildung werde jedoch durch die Mehrheit bestimmt, während die Interessen der dabei überstimmten Gesellschafter (lediglich) durch gesellschaftsrechtliche Minderheitenrechte und Treuepflichten geschützt würden. Die Minderheit habe grundsätzlich nur einen Anspruch auf Teilhabe, nicht aber auf ein bestimmtes Ergebnis. Anfechtungsgegner sei daher nicht der (angeblich) gesetz- oder treuwidrig agierende Mitgesellschafter, sondern gemäß § 42 GmbHG die Gesellschaft als Zurechnungsträger der Gesellschafterbeschlüsse.
[7] Die Klägerin missverstehe die Erläuterungen zur Übernahme des § 14 RL BA 1977 in § 10 RL BA 2015. Unstrittig könne es Fälle geben, in denen die Vertretung der Gesellschaft und eines Gesellschafters gegen Standesrecht verstoße. Bei einem daraus resultierenden Interessenkonflikt könnte aber nur die Gesellschaft gegen die Beklagte aufgrund ihres Mandatsverhältnisses Ansprüche geltend machen. Deren Verfolgung (subsidiär ein allfälliger Schaden der Gesellschaft aufgrund einer Nichtverfolgung) wäre von der Klägerin im Rahmen von Antrags-, Weisungs- und sonstigen Minderheitenrechten durchzusetzen. Würde hingegen bei der Vertretung der Gesellschaft ein widersprechendes Minderheitsinteresse vertreten, läge gerade darin eine Kollision. Dass der Klägerin kein direkter Unterlassungsanspruch eingeräumt werde, möge zwar aus ihrer Sicht „unpraktikabel“ sein, stehe aber im Einklang mit den gesellschaftsrechtlichen Regelungen. Warum es der Klägerin unzumutbar sein solle, ihre Ansprüche als Gesellschafterin im Rahmen der gesellschaftsrechtlichen Willensbildung durchzusetzen, sei nicht nachvollziehbar.
[8] Ein direkter und unmittelbarer Anspruch der Klägerin als Minderheitsgesellschafterin, im eigenen Namen gegen die Beklagte vorzugehen, bestehe daher nicht. Im Ergebnis habe das Erstgericht das Unterlassungsbegehren damit zutreffend aus rechtlichen Gründen abgewiesen; die Abweisung des Feststellungsbegehrens folge denselben Überlegungen und werde von der Klägerin auch nur formell, aber nicht inhaltlich näher bekämpft.
[9] Das Berufungsgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ die Revision – so wie in der Entscheidung zu AZ 5 R 6/22x – zu, weil Rechtsprechung zu der über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Frage fehle, ob ein Dritter, insbesondere ein Minderheitsgesellschafter, Ansprüche aus einer (allfälligen) Verletzung der Treuepflicht wegen Interessenkollision nach § 10 RAO iVm § 10 RL BA 2015 im eigenen Namen geltend machen könne.
[10] Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und der Klage stattzugeben. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
[11] Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung , die Revision zurückzuweisen, in eventu dieser nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[12] Die Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Sie zeigt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.
[13] 1. Voraussetzung für die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs ist eine Unterlassungspflicht und die Gefahr, dass dieser Unterlassungspflicht zuwidergehandelt wird (RIS Justiz RS0037660; RS0012064).
[14] Eine Unterlassungspflicht kann sich entweder aus einer rechtsgeschäftlichen Sonderverbindung oder einem rechtswidrigen Eingriff in geschützte Rechtsgüter des Berechtigten ergeben (RS0037660 [T8]). Jeder Unterlassungsanspruch setzt daher – wie der dem Feststellungsbegehren der Klägerin zugrunde liegende Schadenersatzanspruch auch – die Rechtswidrigkeit der begangenen oder drohenden Eingriffshandlung voraus (RS0037656).
[15] Rechtswidrig ist ein Verhalten (ua) dann, wenn es – unabhängig von einer rechtsgeschäftlichen Sonderverbindung geltende – allgemeine oder in konkreten Schutzgesetzen enthaltene Verhaltensnormen verletzt (RS0022656). Derartige Schutzgesetze iSd § 1311 ABGB sind nicht nur Gesetze im formellen Sinn, sondern alle Rechtsvorschriften, die inhaltlich einen Schutzzweck verfolgen (RS0027415; RS0027500). Allgemein sind Schutzgesetze abstrakte Gefährdungsverbote, die dazu bestimmt sind, die Mitglieder eines bestimmten Personenkreises gegen die Verletzung von Rechtsgütern zu schützen (RS0027710). Schutzgesetze sind konkrete Verhaltensvorschriften, die einerseits durch die Gefahren, die vermieden werden sollen, und andererseits durch die Personen, die geschützt werden sollen, begrenzt sind (RS0027710 [T20]).
[16] 2. Die Haftung bei Übertretung eines Schutzgesetzes wird demnach durch den Rechtswidrigkeitszusammenhang, also den Schutzzweck der Norm begrenzt (RS0027553).
[17] Der Schutzzweck einer Norm ergibt sich aus ihrem Inhalt. Das Gericht hat das anzuwendende Schutzgesetz teleologisch zu interpretieren, um herauszufinden, ob die jeweilige Vorschrift, die übertreten wurde, den in einem konkreten Fall eingetretenen Schaden verhüten wollte (RS0027553 [T7]; RS0008775 [T1]). Dabei genügt es, dass die Verhinderung des Schadens bloß mitbezweckt ist, die Norm muss die Verhinderung eines Schadens wie des später eingetretenen aber intendiert haben (RS0027553 [T6]; RS0008775 [T2, T4]; vgl auch RS0027710 [T2, T12]). Nicht jeder Schutz oder Vorteil einer bestimmten Person, den eine Norm tatsächlich bewirkt, ist auch von deren Schutzzweck erfasst (RS0027553 [T14, T24]).
[18] Wie weit der Normzweck reicht, ist Ergebnis der Auslegung im Einzelfall (RS0082346; RS0027553 [T11]).
[19] 3. Die Klägerin stützte ihr Klagebegehren auf die Verletzung der Treuepflicht wegen Interessenkollision nach § 10 RAO iVm § 10 RL BA 2015. Das Berufungsgericht und – diesem folgend – die Klägerin begründen die Zulässigkeit der Revision damit, dass Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, ob ein Dritter, insbesondere ein Minderheitsgesellschafter, im eigenen Namen Ansprüche aus einem (allfälligen) Verstoß gegen diese Bestimmungen geltend machen kann.
[20] Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsansicht, § 10 RAO und § 10 RL BA 2015 dienten in erster Linie dem Schutz der durch einen Rechtsanwalt vertretenen Parteien und subsidiär dem öffentlichen Interesse, nicht aber dem Schutz des Prozessgegners oder eines Gesellschafters der vertretenen Partei. Das Berufungsgericht berief sich dazu auf Rohregger (in Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek , RAO 11 § 10 RAO Rz 6), nach dem das – grundlegend in § 10 Abs 1 RAO und spezifisch in § 10 RL BA 2015 normierte – Verbot der Doppelvertretung Ausfluss der allgemeinen Treuepflicht des Rechtsanwalts (§ 9 RAO) sei. Diese Verpflichtung des Rechtsanwalts, sich von Kollisionen freizuhalten, diene in erster Linie dem Schutz der durch einen Rechtsanwalt vertretenen Parteien und sei für das zwischen Rechtsanwalt und Klient bestehende Treueverhältnis wesentlich. Ebenso sei sie aber für das allgemeine Bild der Anwaltschaft in der Öffentlichkeit von Bedeutung. Das Verbot der Doppelvertretung liege insofern auch im öffentlichen Interesse. In den von Rohregger (aaO) zitierten Entscheidungen bejahen auch der Verfassungsgerichtshof (B 1050/09) und der Verwaltungsgerichtshof (AW 2012/01/0032) die Bedeutung des § 10 RAO und der Vorgängerbestimmung des § 10 RL BA 2015 für das öffentliche Interesse an dem Verbot der Doppelvertretung, weil es dem Schutz der durch einen Rechtsanwalt vertretenen Parteien diene, seine Einhaltung für das zwischen Rechtsanwalt und Klient bestehende Treueverhältnis für wesentlich erachtet werde und für das allgemeine Bild der Anwaltschaft in der Öffentlichkeit von Bedeutung sei.
[21] Diese Beschränkung des Schutzzwecks der Norm auf (vom öffentlichen Interesse abgesehen) die durch einen Rechtsanwalt vertretenen Parteien ergibt sich unmittelbar aus ihrem Inhalt, wobei unter „vertreten“ iSd § 10 Abs 1 RAO nicht allein das Einschreiten aufgrund einer Vollmacht zu verstehen ist, sondern jede anwaltliche Tätigkeit (1 Ob 30/19x mwN). Schon nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut beziehen sich § 10 Abs 1 RAO und § 10 Abs 1 RL BA 2015 ausschließlich auf das Verhältnis zwischen einem Rechtsanwalt und einem (neuen oder früheren) Klienten. Nur im Rahmen eines (zumindest potentiell) bestehenden oder ehemaligen Mandats kommt eine Treuepflicht des Rechtsanwalts gegenüber dem Klienten überhaupt in Betracht. Wie die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung zutreffend ausführt, hat der Oberste Gerichtshof auch in der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 1 Ob 30/19x der Tatsache, dass zwischen dem dortigen Kläger und dem beklagten Rechtsanwalt gerade kein Beratungs- oder Vertretungsverhältnis bestand, die entscheidende Bedeutung beigemessen.
[22] 4. Die Revision der Klägerin vermag dieses klare Auslegungsergebnis nicht in Zweifel zu ziehen. Ihre Argumentation, warum es geboten sei, § 10 Abs 1 RAO und § 10 Abs 1 RL BA 2015 als Schutzgesetze (auch) zugunsten des (Minderheits )Gesellschafters einer Klientin zu verstehen, sodass dieser deren Verletzung (und die sich daraus ergebende Verpflichtung zur Unterlassung der Vertretung und Beratung der Gesellschaft) selbständig durchsetzen könne, erschöpft sich im Wesentlichen in der Behauptung, dass diesen Regelungen letztlich der Schutz des Gesellschaftsinteresses zu Grunde liege, dieses Gesellschaftsinteresse aber nur gewahrt sei, wenn die Interessen aller Gesellschafter, nicht nur jene des Mehrheitsgesellschafters, berücksichtigt würden. Schon das Berufungsgericht verneinte dieses von der Klägerin behauptete Rechtsschutzdefizit. Mit dem diese Rechtsansicht tragenden Verweis des Berufungsgerichts auf die Mittel des Gesellschaftsrechts zur Durchsetzung eigener Interessen als Gesellschafterin und/oder von Gesellschaftsinteressen setzt sich die Klägerin nicht näher auseinander.
[23] Das von der Klägerin gewünschte Auslegungsergebnis gerät zudem mit dem für die GmbH in § 61 Abs 1 und 2 GmbHG normierten Trennungsprinzip in Konflikt, das eine strikte Trennung zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern und damit auch zwischen Gesellschaftsvermögen und Privatvermögen der Gesellschafter anordnet (1 Ob 81/18w). Nachteile im Vermögen der Gesellschafter, die lediglich den Schaden der Gesellschaft reflektieren, gewähren dem Gesellschafter auf keinen Fall direkten deliktischen Schutz (RS0059432 [T2]). Wird eine GmbH durch einen Dritten geschädigt, ist der dem Gesellschafter dadurch entstehende Nachteil in seinem Vermögen ein nicht ersatzfähiger mittelbarer Schaden. Anspruch auf Schadenersatz hat nur die unmittelbar geschädigte Gesellschaft selbst (6 Ob 41/18z; RS0059432 [T4]). Weshalb für Unterlassungsansprüche, deren Rechtsschutzinteresse in der Verhinderung derartiger Reflexschäden besteht, anderes gelten sollte, ist nicht ersichtlich.
[24] Die vom Berufungsgericht und der Klägerin in ihrer Begründung der Zulässigkeit der Revision aufgeworfene Rechtsfrage ist damit im Gesetz eindeutig gelöst. Auch in Bezug auf die Beurteilung der Frage, wie weit der Normzweck im Einzelfall reicht, gilt: Trifft das Gesetz eine eindeutige Regelung oder lässt sich im Wege einfacher Auslegung ein eindeutiges Ergebnis erzielen, begründet der Umstand, dass höchstgerichtliche Rechtsprechung zu einer konkreten Fallgestaltung fehlt, für sich allein genommen noch nicht das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (2 Ob 185/17w; RS0042656).
[25] 5. Die Revision der Klägerin zeigt aber auch sonst keine erhebliche Rechtsfrage auf.
[26] Die Klägerin begründet die Zulässigkeit der Revision zwar zusätzlich damit, dass das Berufungsgericht von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu den Grundsätzen von Verträgen mit Schutzwirkung zugunsten Dritter abgewichen sei, weil es Schutzwirkungen des Mandatsvertrags der Gesellschaft zugunsten des Minderheitsgesellschafters im Zusammenhang mit den Anwaltspflichten aus § 10 RAO, § 10 RL BA 2015 generell ausgeschlossen habe. Das trifft aber nicht zu.
[27] Sorgfalts- und Schutzpflichten zugunsten dritter am Vertrag nicht beteiligter Personen bestehen nur dann, wenn bei objektiver Auslegung des Vertrags anzunehmen ist, dass eine Sorgfaltspflicht auch in Bezug auf die dritte Person, wenn auch nur der vertragsschließenden Partei gegenüber, übernommen wurde (RS0017195). Da die vom Gesetzgeber getroffene unterschiedliche Ausgestaltung von Deliktsrecht und Vertragsrecht nicht aufgehoben oder verwischt werden soll, ist der Kreis der geschützten Personen, denen statt deliktsrechtlicher auch vertragsrechtliche Schadenersatzansprüche zugebilligt werden, eng zu ziehen (RS0022814 [T2]).
[28] Entscheidend für die Frage, welche vertragsfremden Dritten in den Schutzbereich eines Vertrags einzubeziehen sind, ist immer die Auslegung des Vertrags nach den Umständen des Einzelfalls (RS0022814 [T6]). Das bloße Vermögen eines Dritten ist in der Regel nicht in den Schutzbereich eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter einbezogen (RS0022475). Eine Ausnahme von dieser Regel ist dann gerechtfertigt, wenn die Hauptleistung gerade einem Dritten zukommen soll (RS0022475 [T1]; RS0026552 [T2]).
[29] Von diesen Grundsätzen sind die Vorinstanzen bei der Beurteilung der vorliegenden Fallkonstellation nicht abgewichen. Daran ändert auch der von der Klägerin behauptete Umstand des Bestehens einer „personalistischen Gesellschaftsstruktur“ nichts.
[30] 6. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
[31] Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen und daher – unter Berücksichtigung eines Additionsfehlers im Kostenverzeichnis – Anspruch auf Kostenersatz (RS0112296).