14Os38/23d – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Juni 2023 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Obergruber LL.M. in der Strafsache gegen * S* wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 16. Februar 2023, GZ 11 Hv 144/22p 17, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * S* der Vergehen der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (1./) sowie des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB (2./) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er in B*
1./ am 2. September 2022 * D* und * Sc* durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper zur Abstandnahme davon, ihn anzugreifen und vom Eingangsbereich eines Konzertareals zu entfernen, zu nötigen versucht, indem er ihnen gegenüber sinngemäß äußerte „wenn ich will, pack ich meine 9mm aus und schieß euch über den Haufen“, weiters dass er Hepatitis C positiv sei, ihnen mit einer Spritze in den Hals steche und sie dadurch anstecke, wenn sie ihn nicht in Ruhe lassen, wobei er zur Verdeutlichung seiner Äußerung eine Spritze ohne dazugehörigen Stichschutz hervorholte;
2./ am 3. September 2022 mit dem Vorsatz, dadurch den Staat an seinem Recht auf Strafverfolgung zu schädigen, den Polizeibeamten * R* wissentlich zu bestimmen versucht, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch zu missbrauchen, dass er über den zu 1./ angeführten Vorfall keinen Bericht anfertigt und den Sachverhalt somit nicht an die Staatsanwaltschaft weiterleitet, indem er sinngemäß äußerte, er werde dem Beamten einen von diesem zu nennenden Geldbetrag bezahlen, wenn er betreffend des zu 1./ geschilderten Vorfalls keine Anzeige erstattet.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.
[4] Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung des Antrags auf „Beiziehung eines Sachverständigen zum Beweise dafür, dass sich der Angeklagte S* zu den Tatzeitpunkten in einem Zustand der vollen Berauschung im Sinne des § 287 StGB befunden hat“ (ON 16.2, 13), Verteidigungsrechte nicht verletzt. Denn der Antrag legte nicht dar, weshalb ein Sachverständiger unter Berücksichtigung der im Antragszeitpunkt vorliegenden (objektiven) Beweisergebnisse zum Ergebnis kommen würde, dass sich der Angeklagte durch den Genuss von Alkohol und den Gebrauch anderer berauschender Mittel in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rausch befunden hat (RIS Justiz RS0099453, RS0097641, RS0116987; vgl zum Verhalten des Angeklagten zu den Tatzeiten die Angaben der Zeugen R*, * Sch*, Sc* und D* ON 16.2, 7 ff; siehe auch US 7).
[5] Das ergänzende Vorbringen in der Nichtigkeitsbeschwerde ist mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot unbeachtlich (RIS Justiz RS0099618).
[6] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
[7] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.