4Ob26/23m – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Schwarzenbacher und MMag. Matzka sowie die Hofrätinnen Mag. Istjan, LL.M., und Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J*, vertreten durch Hochstöger Nowotny Wohlmacher Rechtsanwälte OG in Linz, gegen die beklagte Partei Ing. A*, vertreten durch Hochleitner Rechtsanwälte GmbH in Eferding, wegen Feststellung (Streitwert 100.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 7. Dezember 2022, GZ 6 R 151/22a 19, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Der Vater des Klägers war Eigentümer eines landwirtschaftlichen Anwesens, bezüglich dessen er mit dem Beklagten, dem Sohn seines Cousin, am 13. 8. 2019 einen Übergabsvertrag schloss. Darin wurde vereinbart, dass der Übergeber zum Rücktritt berechtigt sei, wenn ihm der Gläubiger aus den betrieblich bedingten Verbindlichkeiten nicht bis 15. 9. 2019 bestätigt, dass ihn keine Rückzahlungs- oder sonstige Verpflichtungen gegenüber dem Gläubiger treffen und er somit endgültig aus der Haftung entlassen ist. Der Übergeber hat sein Rücktrittsrecht nicht ausgeübt. Er verstarb am 16. 9. 2019. Dem Kläger wurde die Verlassenschaft zur Gänze eingeantwortet.
[2] Der Kläger begehrt die Feststellung der Unwirksamkeit des Übergabsvertrags. Die Rücktrittsklausel sei widersprüchlich und nicht handhabbar, weil die Bank die Bestätigung über die Haftungsentlassung des Übergebers nicht bis 15. 9. 2019 abgeben hätte können, zumal dem Beklagten im Rahmen des Kreditübernahmevertrags ebenfalls ein Rücktrittsrecht bis 15. 9. 2019 zugestanden wäre. Der Beklagte sei zudem finanziell nicht in der Lage gewesen, die Vertragspflichten zu erfüllen, worüber ein Irrtum des Übergebers bestanden habe, der vom Beklagten veranlasst worden sei. Außerdem habe keine tatsächliche Übergabe stattgefunden.
[3] Das Erstgericht wies die Klage ab. Die Rücktrittsklausel im Übergabsvertrag sei dahin zu verstehen, dass der Übergeber lediglich die Möglichkeit bzw Berechtigung zum Rücktritt gehabt habe. Hätte ihm die Bank bis zum 15. 9. 2019 keine Bestätigung über seine Haftungsentlassung übermittelt, wäre er berechtigt gewesen, den Rücktritt vom Vertrag zu erklären. Im Umkehrschluss sei keine Verpflichtung der Bank oder des Beklagten zur Ausstellung oder Vorlage einer solchen Bestätigung aus dem Übergabsvertrag abzuleiten. Es liege weder ein Rücktritt noch eine Widersprüchlichkeit oder eine Nichthandhabbarkeit der Vertragsbestimmung noch ein Irrtum vor.
[4] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig. Auf die in der Berufung vorgebrachten Neuerungen (wonach anlässlich des Abschlusses des Übergabsvertrags das Vorlesen des Notariatsakts unterblieben sei und wonach für den Übergabsvertrag die Testamentsform einzuhalten gewesen wäre) ging das Berufungsgericht nicht ein.
[5] In der Zulässigkeitsbegründung seiner außerordentlichen Revision stützt sich der Kläger neuerlich auf die – bereits vom Berufungsgericht (zutreffend) als unzulässige Neuerung erkannte – Behauptung der Formungültigkeit des in Notariatsaktsform abgeschlossenen Übergabsvertrags, weil die Unterfertigung in der Kanzlei des Beklagtenvertreters erfolgt sei und der Notar die von den Parteien unterfertigten Schriftstücke in loser Form in das Notariat mitgenommen habe, wo die Bindung erfolgt sei. Dies widerspreche der von der Rechtsprechung (2 Ob 4/21h) für Testamente verlangten äußeren Urkundeneinheit.
Rechtliche Beurteilung
[6] Damit zeigt der Revisionswerber jedoch keine für den konkreten Fall erheblichen Rechtsfragen auf, denn ebenso wie neues Tatsachenvorbringen können auch neue Einreden rechtlicher Natur in der Revisionsinstanz nicht mehr vorgebracht werden, wenn die sie begründenden Tatsachen – wie hier die Unterfertigung des Übergabsvertrags in der Anwaltskanzlei und dessen Mitnahme und Bindung durch den Notar – im Verfahren vor dem Erstgericht nicht erörtert wurden (vgl RS0042025). Entgegen der in der Revision erhobenen Behauptung war das Vorbringen zur Formungültigkeit des Notariatsakts nicht im vorbereitenden Schriftsatz vom 7. 6. 2022 enthalten. Dort leitete der Kläger vielmehr die Ungültigkeit des Notariatsakts aus dessen angeblicher Widersprüchlichkeit ab.
[7] Im Übrigen zeigt die Revision keine erheblichen Rechtsfragen auf.