12Os53/23w – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Juni 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie die HHHofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, Dr. Brenner, Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Mair in der Strafsache gegen * P* wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung, AZ 18 U 31/17m des Bezirksgerichts Feldkirch, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil dieses Gerichts vom 27. Juni 2017, GZ 18 U 31/17m 16, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Mag. Gföller, zu Recht erkannt:
Spruch
Das Urteil des Bezirksgerichts Feldkirch vom 27. Juni 2017, GZ 18 U 31/17m 16, verletzt in seinem Strafausspruch § 28 Abs 1 erster Satz StGB.
Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Bezirksgericht Feldkirch verwiesen.
Text
Gründe:
[1] Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichts Feldkirch vom 27. Juni 2017, GZ 18 U 31/17m 16, wurde * P* der Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB sowie des Diebstahls nach § 127 StGB schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 28 StGB „gemäß § 44 Abs 1 StGB“ zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten und einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt.
[2] Danach hat er
1./ in K* und an anderen Orten seine im Familienrecht begründete Unterhaltspflicht gegenüber seinen beiden Kindern gröblich verletzt, indem er vom 16. Dezember 2015 bis zum 27. Juni 2017 – mit Ausnahme des Monats März 2016 – keine Unterhaltszahlungen leistete, und dadurch bewirkt, dass der Unterhalt oder die Erziehung der Unterhaltsberechtigten gefährdet war bzw ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet gewesen wäre, und
2./ in D* im Dezember 2016 Gewahrsamsträgern der M* GmbH, fremde bewegliche Sachen, nämlich 2.600 Dosen Red Bull im Wert von ca 2.600 Euro mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dieses Urteil steht – wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt – mit dem Gesetz nicht im Einklang.
[4] § 28 Abs 1 StGB statuiert ein Absorptionsprinzip, wonach im Falle einer gemeinsamen Aburteilung mehrerer zusammentreffender strafbarer Handlungen eine einheitliche Strafe innerhalb des strengsten Strafsatzes zu verhängen ist ( Ratz in WK² StGB § 28 Rz 1 f). Sind die konkurrierenden strafbaren Handlungen allesamt mit gleichartigen Strafen, also nur mit Freiheitsstrafe oder nur mit Geldstrafe bedroht – wobei eine alternative Strafdrohung ein Unterfall der Androhung „nur“ einer Strafart ist ( Ratz in WK² StGB § 28 Rz 6) –, ist demnach eine einzige Freiheits oder Geldstrafe zu verhängen (§ 28 Abs 1 erster Satz StGB).
[5] Indem das Bezirksgericht Feldkirch über den Angeklagten * P* wegen der abgeurteilten Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB sowie des Diebstahls nach § 127 StGB, welche jeweils Freiheitsstrafen bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen androhen , eine Freiheitsstrafe neben einer Geldstrafe – jeweils unbedingt (US 2; vgl auch ON 41) – verhängte, verstieß es gegen § 28 Abs 1 erster Satz StGB.
[6] Da sich die Gesetzesverletzung zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, deren Feststellung mit konkreter, im Spruch ersichtlicher Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).