JudikaturOGH

2Nc38/23w – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Mai 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Nowotny, Hon.-Prof. PD Dr. Rassi, MMag. Sloboda und Dr. Kikinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*, vertreten durch Mag. Maximilian Gutschreiter, Rechtsanwalt in Leoben, gegen die beklagten Parteien 1. B*stift *, 2. Pater K* und 3. Pater G*, sämtliche vertreten durch Dr. Helmut Weber, Rechtsanwalt in Liezen, wegen 385.000 EUR sA und Feststellung, aufgrund der Befangenheitsanzeige des * vom 4. Mai 2023 im Revisionsverfahren zu AZ *, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die vom * in der Rechtssache AZ * angezeigten Gründe sind nicht geeignet, die Besorgnis seiner Befangenheit zu begründen.

Text

Begründung:

[1] Der Kläger macht gegen die Beklagten Schadenersatzansprüche aufgrund behaupteter Misshandlungen während seiner Zeit als Internatsschüler im Stiftsgymnasium der Erstbeklagten geltend.

[2] Die außerordentliche Revision des Klägers ist beim * Senat des Obersten Gerichtshofs anhängig.

[3] * ist Vorsitzender dieses Senats. Er gibt bekannt, das Stift sei eine in vermögensrechtlichen Angelegenheiten grundsätzlich eigenständige juristische Person des Kirchenrechts, die auch im staatlichen Bereich Rechtspersönlichkeit genieße. In einigen vermögensrechtlichen Belangen, insbesondere der Veräußerung von Kirchenvermögen, bedürfe sie der Zustimmung des Bischofs der Diözese *, der seinerseits unter gewissen Voraussetzungen die Zustimmung des Vermögensverwaltungsrats einholen müsse. Er gehöre diesem Vermögensverwaltungsrat an. Zwar sei nicht absehbar, dass dieser in irgendeiner Weise mit der Sache befasst werden könnte, allerdings könne allein aufgrund seiner Funktion im Vermögensverwaltungsrat der Eindruck seiner Befangenheit bestehen. Subjektiv befangen sei er nicht.

Rechtliche Beurteilung

[4] Die Befangenheitsanzeige ist nicht begründet:

[5] 1. Ein zureichender Grund, die Unbefangenheit eines Richters iSv § 19 Z 2 JN in Zweifel zu ziehen, liegt nach ständiger Rechtsprechung zwar schon dann vor, wenn bei objektiver Betrachtungsweise der äußere Anschein der Voreingenommenheit – also der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche Motive (RS0045975) – entstehen könnte (RS0046052 [T2, T10]; RS0045949 [T2, T6]), dies auch dann, wenn der Richter tatsächlich (subjektiv) unbefangen sein sollte (RS0045949 [T5]). Dabei ist zur Wahrung des Vertrauens in die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Rechtsprechung ein strenger Maßstab anzuwenden (RS0045949). Zu beachten ist jedoch, dass die Vermutung für die Unparteilichkeit des Richters spricht, solange nicht Sachverhalte dargetan werden, die das Gegenteil annehmen lassen (RS0046129 [T1, T2]).

[6] 2. Allein die Funktion des * im Vermögensverwaltungsrat ist im Hinblick darauf, dass dessen (zukünftige) Befassung mit der vorliegenden Angelegenheit geradezu ausgeschlossen erscheint und auch kein Naheverhältnis zu den Beklagten besteht, nicht geeignet, auch nur den Anschein der Voreingenommenheit zu begründen. Es war daher auszusprechen, dass die angezeigten Gründe nicht geeignet sind, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen (§ 22 Abs 3 GOG iVm § 19 Abs 2 JN).

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