JudikaturOGH

11Os32/23z – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. Mai 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Mai 2023 durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz als Vorsitzende sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Dr. Michel Kwapinski und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gigl als Schriftführerin in der Strafsache gegen * W* und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten * K* gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 23. September 2022, GZ 46 Hv 7/22d 37, weiters über dessen Beschwerde gegen einen Beschluss gemäß § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten * K* fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant wurde * K* mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 31. Oktober 2021 in L* im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit * H* und * Ho* als Mittäter (§ 12 StGB) * R* eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich einen operativ zu behandelnden Nasenbeinbruch, eine Prellung, Hämatome sowie zumindest zwei Monate lang anhaltende Schmerzen (verbunden mit einer zweimonatigen Beeinträchtigung der Nasenfunktion und einer zumindest einmonatigen Berufsunfähigkeit) vorsätzlich zugefügt, indem sie ihn zu Boden brachten, mehrfach auf dessen Körper eintraten bzw einschlugen sowie indem Ho* dem R* – nachdem sich dieser wieder aufrichten konnte – mit der Faust ins Gesicht schlug, während H* und K* den Genannten festhielten.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 11 StPO gestützte (als „volles Rechtsmittel“ – daher einen umfassenden Anfechtungswillen zum Ausdruck bringend – angemeldete [ON 36 S 13]; § 284 Abs 1 StPO; vgl RIS-Justiz RS0100007 [T7], RS0099951 [T3]) Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten K*.

[4] Die Undeutlichkeit behauptende Mängelrüge (Z 5 erster Fall) spricht mit ihrer Kritik, die Urteilsfeststellungen ließen nicht erkennen, welcher Angeklagte welche konkrete Tätlichkeit (Faustschlag oder Fußtritt) gegen das Opfer gesetzt habe, keinen entscheidenden Aspekt an; im hier aktuellen Fall des bewussten und gewollten Zusammenwirkens als Mittäter (§ 12 erster Fall StGB) haften alle Täter für ihre Mitwirkung an der Tatausführung wechselseitig, sodass jedem die Tatbeiträge der anderen zugerechnet werden (RIS-Justiz RS0090006; Fabrizy in WK 2 StGB § 12 Rz 26).

[5] Dem Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider wurden sowohl die Divergenzen in den Aussagen von – in der Beschwerde namentlich genannten – Zeugen als auch die abweichenden Einlassungen der Angeklagten berücksichtigt (US 6 ff), jedoch insgesamt nicht als geeignet angesehen, die Glaubwürdigkeit der Schilderungen des Tatopfers zu erschüttern (US 7). Dieser den Verfahrensergebnissen vom Schöffengericht zuerkannte Beweiswert ist einer Anfechtung mittels Nichtigkeitsbeschwerde ent zogen (RIS-Justiz RS0106588), weshalb die se Beschwerdeeinwände nur die Beweiswürdigung des Erstgerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld in Zweifel ziehen.

[6] Mangels Bezugs zu einer entscheidenden Tatsache (RIS-Justiz RS0117499, RS0106268) war das Gericht auch nicht dazu verhalten, Aussagen zur Frage zu erörtern, inwiefern es einem der Zeugen möglich gewesen wäre, dem Opfer zu Hilfe zu kommen.

[7] Ob der Nichtigkeitswerber am Tatgeschehen „nur untergeordnet beteiligt“ war bzw dem Opfer selbst „keine schweren Verletzungen zugefügt“ hat oder nicht, bleibt – wie bereits dargelegt – für die Lösung der Schuld- oder Subsumtionsfrage ohne Relevanz, weshalb auch das unter dem Aspekt der Z 5 zweiter Fall erstattete Beschwerdevorbringen insofern ins Leere geht.

[8] Entgegen der Beschwerdekritik (Z 5 vierter Fall) offenbar unzureichender Begründung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite begegnet deren Ableitung aus dem objektiven Geschehen (US 9) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit keinen Bedenken (RIS-Justiz RS0098671, RS0116882). Indem die Beschwerde andere (gegenteilige) Schlüsse reklamiert, verlässt sie den Anfechtungsbereich einer Mängelrüge.

[9] Die Sanktionsrüge (Z 11) richtet sich gegen die Nichtgewährung (teil )bedingter Strafnachsicht, die das Erstgericht aus spezialpräventiven – im bereits einmal verspürten Haftübel sowie in der Tatbegehung während offener Probezeit gelegenen – Gründen ablehnte (US 11). Dagegen gerichtete Einwände sprechen keinen unvertretbaren Verstoß gegen die Bestimmungen über die Strafbemessung (Z 11 dritter Fall; vgl RIS-Justiz RS0099865) an, sondern stellen ein Berufungsvorbringen dar. Auch mit dem Vergleich der über den Nichtigkeitswerber verhängten Strafe mit jenen der Mitangeklagten sowie der Forderung einer anderen Gewichtung von Strafzumessungsaspekten werden lediglich Berufungsgründe geltend gemacht (RIS-Justiz RS0106659, RS0099920).

[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde w ar daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

[11] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise