JudikaturOGH

9ObA133/22g – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. April 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer und Dr. Hargassner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei * R*, vertreten durch Dr. Herbert Holzinger, Rechtsanwalt in Wien, gegen den (bisherigen) Beklagten *, als Insolvenzverwalter im Sanierungsverfahren über das Vermögen der W* KG, vertreten durch Mag. Jakob Weinrich, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. August 2022, GZ 9 Ra 51/22v 18, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 16. Februar 2022, GZ 17 Cga 65/21h 12, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Die Bezeichnung der beklagten Partei wird auf „W* KG, *“ berichtigt.

2. Die klagende Partei wird aufgefordert, binnen 14 Tagen bekannt zu geben, ob sie von der Verfahrensfortsetzung absteht, widrigenfalls ihr Fortsetzungswille unterstellt wird.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] Zu 1. Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 1. 3. 2023, GZ 5 S 119/22t 37, wurde das am 8. 8. 2022 über das Vermögen der W* KG eröffnete Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung nach Verteilung an die Massegläubiger gemäß § 123a IO in Verbindung mit § 124a IO wieder aufgehoben, alle die freie Verfügung des Schuldners beschränkenden Maßnahmen aufgehoben, der Insolvenzverwalter (Masseverwalter) seines Amtes enthoben und verfügt, dass die Aufhebung des Insolvenzverfahrens vom Handelsgericht Wien im Firmenbuch einzutragen ist.

[2] Mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 17. 3. 2023 wurde festgestellt, dass die Aufhebung des Konkurses rechtskräftig ist.

[3] Auf die Tatsache der Aufhebung des Insolvenzverfahrens ist in jeder Lage des Verfahrens – auch im Revisionsstadium – Bedacht zu nehmen (RS0065564 [T3, T4]). Durch die Aufhebung des Insolvenzverfahrens lebt das ursprünglich gestellte Leistungsbegehren der Klägerin wieder auf. An die Stelle des Masseverwalters tritt wieder die ursprünglich als Beklagte in Anspruch genommene Gemeinschuldnerin (§ 59 IO; 9 ObA 39/11t; RS0065564 [T1]).

[4] Die Bezeichnung der Beklagten ist daher gemäß § 235 Abs 5 ZPO von Amts wegen wieder auf die ursprüngliche Bezeichnung zu berichtigen.

[5] Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten wurde die von ihr erteilte Prozessvollmacht nicht berührt (RS0107344).

[6] Zu 2. Am 24. 3. 2022 wurde die Firma der Beklagten über Antrag der Gesellschafter gelöscht (Firmenbuch, Handelsgericht Wien FN *).

[7] Wird eine beklagte Kapitalgesellschaft während eines anhängigen Prozesses gelöscht, ist das Verfahren auf Begehren des Klägers fortzusetzen. Strebt der Kläger hingegen nicht die Fortsetzung des Verfahrens gegen die gelöschte Gesellschaft an, ist die Klage zurückzuweisen und das bisherige Verfahren für nichtig zu erklären (RS0110979). Dies gilt auch für eine im Firmenbuch gelöschte Kommanditgesellschaft (RS0110979 [T9]), die grundsätzlich solange fortbesteht, als noch Aktivvermögen vorhanden ist (RS0050186). Der Kläger hat somit ein Wahlrecht (9 ObA 39/11t ua). Wird dem Kläger (hier) die Tatsache der Löschung der beklagten Kommanditgesellschaft bekannt, hat er binnen angemessener Frist dem Gericht bekannt zu geben, dass er von der Verfahrensfortsetzung abstehe, widrigenfalls sein Fortsetzungswille unterstellt wird (vgl RS0035195 [T13]; RS0035204 [T8]).

[8] Im vorliegenden Fall fehlen ausreichende Hinweise, dass der Klägerin die nach der Erhebung der Revision des Insolvenzverwalters erfolgte Löschung der Beklagten bereits bekannt ist. Der Fortsetzungswille der Klägerin kann daher noch nicht eindeutig unterstellt werden. Der Klägerin ist daher Gelegenheit zu geben, binnen 14 Tagen von der Verfahrensfortsetzung Abstand zu nehmen, widrigenfalls ihr Fortsetzungswille unterstellt wird.

[9] Die Klägerin wird darauf hingewiesen, dass sie von der einmal getroffenen Wahl nachträglich nicht mehr abgehen kann. Wurde das Wahlrecht nämlich ausgeübt, ist es konsumiert (RS0110979 [T12]).

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