JudikaturOGH

9Ob97/22p – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. April 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Thunhart in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. * I*, 2. * I*, beide vertreten durch Mag. Michael Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei H* Kommanditgesellschaft, *, vertreten durch Hohenberg Strauss Buchbauer, Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen (ausgedehnt) 425.552,39 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 15. September 2022, GZ 5 R 79/22g 39, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Parteien wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die Kläger (Vermieter) sind in ihrer außerordentlichen Revision der Ansicht, dass die im ersten Rechtsgang überbundene Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofs zu 9 Ob 42/21y von den Vorinstanzen missachtet worden sei. Der Konkurrenzschutz Unterlassungsklage komme wegen fehlender Präjudizialität keine Bindungswirkung zu, es sei das Bestehen der Mietzinszahlungsverpflichtung zu überprüfen.

[2] Der Oberste Gerichtshof hielt zu 9 Ob 42/21y, Punkt 5., fest, dass es auf die Frage einer Bindungswirkung der Vorentscheidung nicht ankäme, wenn sich die Bedeutung der Entscheidung des (mit * B* geführten) Vorverfahrens schon aus dem Parteiwillen ergibt. Andernfalls wäre zu prüfen, ob das Entstehen der Mietzinszahlungspflicht der Beklagten davon abhängen sollte, dass keine Konkurrenzschutzklausel besteht. Das Erstgericht hat dazu festgestellt, dass die Zusicherung des Erstklägers betreffend die Freiheit des Bestandobjekts von einem Konkurrenzverbot für die Beklagte (ua) ausschlaggebend dafür war, an dem Bestandobjekt überhaupt Interesse zu haben. Die Anmietung hätte für sie bei Bestehen eines Konkurrenzverbots zugunsten * B* von vornherein keinerlei Sinn ergeben, was auch den Klägern bewusst war. Aus diesem Grund verstanden die Streitteile die Formulierung „vollständige vertragsgemäße, fahrnisfreie und bestandfreie Übergabe des Mietgegenstandes“ in Punkt 5.4 des Vertrags so, dass damit auch die Freiheit des Bestandobjekts von einem Konkurrenzverbot im Sinn des Punktes 1.10 des Vertrags zugunsten * B* gemeint war. Nach dem übereinstimmenden Parteiwillen sollte daher die Mietzinszahlungspflicht der Beklagten nicht beginnen, solange ein Konkurrenzverbot zugunsten * B* bestand bzw besteht. Anders als die Kläger meinen, wurde vom Erstgericht daher keine Bindungswirkung der Entscheidung des Vorverfahrens gegenüber der Beklagten angenommen. Vielmehr wurde ausgeführt, dass in einem Folgeverfahren zwischen B* und den Klägern das Gericht daran gebunden wäre, dass ein Konkurrenzverbot vereinbart wurde und bis dato aufrecht blieb; damit sei aber die von den Klägern im Vertrag mit der Beklagten gegebene Zusage und Garantie der Freiheit des Bestandobjekts von einem derartigen Konkurrenzverbot nicht erfüllt. Schon das Erstgericht hat sohin die Bedeutung der Entscheidung des Vorverfahrens nach Maßgabe des Willens der Streitteile geprüft.

[3] 2. Auch der Hinweis der Kläger auf die vertraglich vereinbarte Schriftlichkeitsklausel ist nicht zielführend: Die Beantwortung der Frage, ob und inwieweit die Parteien einen Vertragsabschluss von der Einhaltung einer bestimmten Form abhängig gemacht haben, stellt stets eine Einzelfallbeurteilung dar, die regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO bildet (RS0042936 [T19]). Dies gilt sinngemäß für die Frage des Zustandekommens eines mündlichen Vertrags neben einem schriftlichen Vertrag mit einer Schriftformklausel (RS0042936 [T9]). Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO könnte nur dann vorliegen, wenn dem Berufungsgericht eine erhebliche Fehlbeurteilung vorzuwerfen wäre, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit aufgegriffen werden müsste (RS0042936 [T28]). Das ist hier nicht der Fall, zumal die Kläger selbst vorbringen, dass die Zweitklägerin die Schriftlichkeitsklausel „zu Beweiszwecken“ verankert haben wollte. Der Umstand, dass die Mietvertragsbesprechungen vom 14. 1. 2019 zu keiner formalen Abänderung des Mietvertrags führten, ändert auch nichts am festgestellten Verständnis der Streitteile, dass die „vertragsgemäße ... Übergabe des Mietobjektes“ auch die dargelegte Freiheit des Bestandobjekts von einem Konkurrenzverbot umfasste. Davon ausgehend wurde aber – ungeachtet der Frage, ob ein vereinbarter Kündigungsgrund verwirklicht wurde – auch die Mietzinszahlungspflicht der Beklagten iSd Punktes 5.4 der Vertrags nicht ausgelöst. Fragen der „Nichteinhaltung der Gewährleistung“ stellen sich danach nicht.

[4] 3. Die Leistungskondiktion (§ 1435 ABGB) bezüglich des von den Klägern einem weiteren Unternehmen geleisteten Betrags von 240.000 EUR scheitert bereits an dem Umstand, dass die Beklagte nicht Leistungsempfängerin war (RS0033737) und die Zweckverfehlung der Leistung der Kläger in deren eigener Sphäre lag.

[5] 4. Die außerordentliche Revision der Kläger ist mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Rückverweise