3Ob18/23b – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D* GmbH Co KG, *, vertreten durch Paar Zwanzger Rechtsanwälte-Partnerschaft (GbR) in Wien, gegen die beklagte Partei F*, vertreten durch Dr. Anke Reisch, Rechtsanwältin in Baden, wegen 9.240 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 13. Oktober 2022, GZ 58 R 100/22m 18, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Wiener Neustadt vom 16. Juni 2022, GZ 18 C 650/21s 11, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 833,88 EUR (darin 138,98 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
[1] Ein Mitarbeiter der klagenden Immobilienmaklerin führte während des vom beklagten Eigentümer einer Liegenschaft erteilten, befristeten Alleinvermittlungsauftrags mit einer Kaufinteressentin eine Besichtigung durch und übermittelte ihr Unterlagen über das Objekt. Rund ein halbes Jahr später, nach Beendigung des Maklervertrags, schloss der Beklagte mit dieser Interessentin und zwei weiteren Personen einen Kaufvertrag über diese Liegenschaft.
[2] Die klagende Immobilienmaklerin forderte vom Beklagten Vermittlungsprovision. Der Beklagte wendete – soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung – zusammengefasst ein, der Kaufvertragsabschluss sei ohne Zutun der Klägerin zustande gekommen.
[3] Das Erstgericht gab der Klage statt. Die Klägerin sei für die Mitkäuferin und den Vertragsabschluss verdienstlich geworden; dass der Beklagte zusätzlich auch selbst Anstrengungen zur Veräußerung unternommen und schließlich zu einem etwas geringeren Preis verkauft habe, ändere daran nichts.
[4] Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung. Die Kausalität der Vermittlungstätigkeit für den Vertragsabschluss gehe nicht schon deshalb verloren, weil zwischenzeitig auch andere Ursachen dafür gesetzt worden seien.
[5] Über Antrag des Beklagten nach § 508 ZPO sprach das Berufungsgericht nachträglich aus, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob ein gemeinsamer Erwerb der vermittelten Liegenschaft mit (zwei weiteren) Personen, die ohne Beitrag des Maklers von der Kaufgelegenheit Kenntnis erlangt hätten, die Verdienstlichkeit gegenüber dem Verkäufer beeinflusse.
[6] Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision nicht zulässig. Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).
Rechtliche Beurteilung
[7] 1.1 Nach § 6 Abs 1 MaklerG ist der Auftraggeber zur Zahlung einer Provision für den Fall verpflichtet, dass das zu vermittelnde Geschäft durch die vertragsgemäße verdienstliche Tätigkeit des Maklers mit einem Dritten zustande kommt. Verdienstlich ist eine Tätigkeit, wenn sie den Anforderungen des Vermittlungsvertrags entspricht und ihrer Art nach geeignet ist, für den Geschäftsherrn Vertragspartner aufzufinden bzw diese zum Vertragsabschluss zu bewegen (RS0062747 [T1]).
[8] 1.2 Im Geschäftszweig der gewerblichen Immobilienmakler reicht dabei die Namhaftmachung des potentiellen Geschäftspartners (Nachweisung einer Vertragsabschlussgelegenheit) gemäß § 6 Abs 2 MaklerG aus (RS0062747 [T2]; RS0062723 [T16]; vgl auch RS0121626). Für das Entstehen des Provisionsanspruchs genügt nach ständiger Rechtsprechung schon die Mitveranlassung des Geschäftsabschlusses (RS0062800). Die Beurteilung der Frage der Verdienstlichkeit der Tätigkeit des Maklers hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab (RS0062747 [T5]; RS0062723 [T20]).
[9] 1.3 Steht die Verdienstlichkeit fest, ist in einem weiteren Schritt das Kausalitätserfordernis zu prüfen (7 Ob 68/18b mwN). Entscheidend ist, ob die an sich verdienstliche und (zumindest mit-)kausale Tätigkeit des Immobilienmaklers für das letztlich zustande gekommene Geschäft bei wertender Betrachtung der Gesamtumstände im konkreten Einzelfall als adäquat oder als inadäquat anzusehen ist (RS0062878 [T5]; RS0029415 [T1]); solche Adäquitätsfragen sind grundsätzlich einzelfallbezogen (RS0062878 [T10]).
[10] 2.1 Das Berufungsgericht kam bei seiner wertenden Betrachtung der Gesamtumstände zu dem Ergebnis, dass das verdienstliche Tätigwerden der Klägerin während des aufrechten (Allein )Vermittlungsauftrags letztlich adäquat ursächlich für den Kaufvertragsabschluss war. Fest steht, dass ein Mitarbeiter der Klägerin ein Exposé über die Liegenschaft erstellte und sie in unterschiedlichen Medien einem potentiellen Käuferkreis zur Kenntnis brachte, wodurch (auch) das Interesse der Person geweckt wurde, die schließlich – gemeinsam mit ihrem Ehemann und ihrer Cousine – das Objekt kaufte. Die spätere Käuferin erhielt das Exposé und nach einer Besichtigung mit dem Mitarbeiter der Klägerin während des aufrechten Alleinvermittlungsauftrags auch ein Formular für ein Kaufanbot. Dass der Beklagte schließlich mehr als fünf Monate danach einen rund 10 % niedrigeren Kaufpreis vereinbarte und dass eine Mitkäuferin (Cousine der Interessentin) inzwischen ohne Tätigwerden der Klägerin ebenfalls auf die Liegenschaft aufmerksam geworden war, steht nach Auffassung des Berufungsgerichts der Annahme einer adäquaten Kausalität nicht entgegen.
[11] 2.2 Entgegen der Rechtsansicht des Beklagten hat das Berufungsgericht damit den ihm zukommenden Beurteilungsspielraum zur Verdienstlichkeit und zum Kausalzusammenhang zwischen Tätigkeit und Vertragsabschluss nicht überschritten. Für seine Behauptung, der Verkauf sei „ohne jedes Zutun der Klägerin“ erfolgt, findet sich im Sachverhalt kein Anhaltspunkt, sondern es steht nur fest, dass die Klägerin für die Cousine der vermittelten Interessentin, die schließlich ebenfalls Miteigentümerin wurde, nicht verdienstlich wurde, sondern dass diese selbst auf das Objekt aufmerksam wurde. Damit steht aber umgekehrt gerade nicht fest, dass der konkrete Kaufvertragsabschluss auch ohne die Vermittlungstätigkeit der Klägerin zustande gekommen wäre.
[12] 2.3 Wenn der Beklagte meint, ein Provisionsanspruch sei allenfalls nur betreffend den von der ersten Käuferin erworbenen Miteigentumsanteil berechtigt, so übersieht er, dass sich der Vermittlungsauftrag auf die gesamte Liegenschaft bezogen und die Klägerin nach dem Sachverhalt diesem Auftrag des Eigentümers durch die Vermittlung des Verkaufs letztlich entsprochen hat. Auch in diesem Punkt ist die Beurteilung des Berufungsgerichts daher nicht korrekturbedürftig.
[13] 3. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor: Der Beklagte beanstandet eine fehlende (erstinstanzliche) Erörterung, weil seiner Ansicht nach überraschend sei, dass der Provisionsanspruch durch den Kauf einer Person mit einer anderen, die schon zuvor Kenntnis über den Makler erhalten habe, „zurückwirke“. Ein Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens kann aber in der Revision nicht geltend gemacht werden (vgl RS0043111) und soweit der Beklagte damit die Sachverhaltsgrundlage zu bekämpfen versucht, ist ihm zu erwidern, dass diese der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen ist (vgl RS0043371).
[14] 4. Insgesamt gelingt es dem Beklagten somit nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Die Revision war daher ungeachtet des Zulässigkeitsausspruchs des Berufungsgerichts zurückzuweisen.
[15] 5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO; die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.