14Os12/23f – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 28. März 2023 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz Hummel LL.M., den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Sadoghi in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Gigl in der Strafsache gegen * H* wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 13. September 2022, GZ 18 Hv 88/22m 24, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Mag. Gföller, und des Verteidigers Dr. Benda zu Recht erkannt:
Spruch
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch, demzufolge auch im Strafausspruch sowie im Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche aufgehoben und im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
* H* wird vom Vorwurf, er habe zu einem unbekannten Zeitpunkt im Jahr 2017 in F* * K* mit Gewalt zur Duldung des Eintauchens ihres Gesichts und ihrer Haare in Hundeurin genötigt, indem er sie mit einer Hand am Genick erfasste, sie zu Boden drückte, und ihr Gesicht und ihre Haare in den Hundeurin drückte, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Die Privatbeteiligte K* wird mit ihren Ansprüchen gemäß § 366 Abs 1 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Freisprüche enthält, wurde * H* des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
[2] Danach hat er zu einem unbekannten Zeitpunkt im Jahr 2017 in F* * K* mit Gewalt zur Duldung des Eintauchens ihres Gesichts und ihrer Haare in Hundeurin genötigt, indem er sie mit einer Hand am Genick erfasste, sie zu Boden drückte und ihr Gesicht und ihre Haare in den Hundeurin drückte.
Rechtliche Beurteilung
[3] Der dagegen aus § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt Berechtigung zu.
[4] Die Rechtsrüge zeigt zutreffend auf, dass die Strafbarkeit der dem Schuldspruch zugrunde liegenden Tat zufolge Ablaufs der dreijährigen Verjährungsfrist ( § 57 Abs 2 und 3 StGB) im Jahr 2020 erloschen ist.
[5] Gemäß § 57 Abs 3 vorletzter Fall StGB beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre, wenn die Handlung (wie hier ) mit mehr als sechsmonatiger, aber höchstens einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist. Weil hinsichtlich der den Angeklagten zu (I) und (II) der Anklage angelasteten Taten Freisprüche ergingen, standen diese Vorwürfe dem Eintritt der Verjährung nicht entgegen (§ 58 Abs 2 StGB).
[6] Verjährungshemmende Umstände wurden von den Tatrichtern nicht festgestellt. Dies macht die (implizite) rechtliche Beurteilung, die Strafbarkeit der in Rede stehenden Nötigung sei nicht verjährt, unschlüssig (RIS Justiz RS0122332 [insb T1, T11]).
[7] Da der Verjährung entgegenstehende Konstatierungen mit Blick auf die Aktenlage (vgl ON 2.3, 1, ON 4.5, 1 ff) in einem weiteren Rechtsgang nicht zu erwarten sind, war – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – das Urteil wie aus dem Spruch ersichtlich aufzuheben, gemäß § 288 Abs 2 Z 3 erster Satz StPO in der Sache selbst zu erkennen und sofort mit Freispruch vorzugehen (RIS Justiz RS0100239 [insb T11]; RS0118545 [T 12]).
[8] Die Verweisung der Privatbeteiligten mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg ist Folge des Freispruchs.