6Ob56/23p – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Nowotny, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer, Dr. Faber und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragstellerin A*, geboren * 1998, *, vertreten durch Mag. Manfred Soder, Rechtsanwalt in Rattenberg, als Verfahrenshelfer wider die Antragsgegnerin C*, vertreten durch Dr. Herbert Marschitz und andere Rechtsanwälte in Kufstein, wegen Unterhalts, über den „außerordentlichen Revisionsrekurs“ der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 7. Februar 2023, GZ 55 R 76/22p-58, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Kufstein vom 15. September 2022, GZ 1 Fam 20/22v-48, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
[1] Die Antragstellerin beantragte, ihre Mutter, die Antragsgegnerin , zur Zahlung von rückständigen und laufenden monatlichen Unterhaltsbeiträgen (zuletzt in Höhe von 635 EUR) zu verpflichten.
[2] Das Erstgericht erlegte der Antragsgegnerin die Zahlung bestimmter Beträge als rückständigen Unterhalt und auch die Leistung von laufenden Unterhaltsbeiträgen auf.
[3] Über Rekurs der Antragsgegnerin verringerte das Rekursgericht einerseits die Zahlungspflicht der Antragsgegnerin. Es sprach rückständigen Unterhalt erst ab April 2019 (und in geringerem Ausmaß) zu. Im Umfang der ab 1. 11. 2021 zu leistenden Unterhaltsbeiträge (und damit auch in Ansehung der laufend zu leistenden Unterhaltsbeiträge) hob es andererseits den Beschluss des Erstgerichts auf. Insoweit wies es die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, dass hinsichtlich des abändernden Teils der Rekursentscheidung der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
[4] Den gegen den Zuspruch erhobenen „ außerordentlichen Revisionsrekurs “ der Antragsgegnerin legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.
[5] Diese Aktenvorlage ist verfehlt.
[6] 1. Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs – außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG –jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert, über den das Rekursgericht entschieden hat, insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei gemäß § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen – binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts – beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen (Zulassungsvorstellung), den Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde. Die Zulassungsvorstellung ist mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden.
[7] 2. Damit kommt es für die Frage der Zulässigkeit des Revisionsrekurses darauf an, ob das Rekursgericht über einen den maßgeblichen Wert von 30.000 EUR übersteigenden Entscheidungsgegenstand zu entscheiden hatte. Der hier geltend gemachte Anspruch des Kindes auf Unterhalt ist rein vermögensrechtlicher Natur im Sinn des § 62 Abs 4 und 5 AußStrG (RS0007110 [T32]). Er bestimmt sich nach § 58 Abs 1 JN mit dem 36-fachen des monatlichen Unterhalts. Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung nur auf jenen monatlichen Unterhaltsbetrag abzustellen, der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Rekursgerichts noch strittig war (laufender Unterhalt), während jene Unterhaltsansprüche, die vor diesem Zeitpunkt strittig waren bzw fällig wurden (rückständiger Unterhalt), nicht zusätzlich zu berücksichtigen sind (RS0122735 [insb T5, T8]; RS0114353).
[8] 3. Unter Berücksichtigung der eingangs dargelegten Grundsätze des Unterhaltsverfahrens ergibt sich damit ein unter 30.000 EUR liegender Wert des rekursgerichtlichen Entscheidungsgegenstands, zumal Entscheidungsgegenstand des Rekursverfahrens (auch) der laufende Unterhalt war.
[9] 4. Der Beschluss des Rekursgerichts ist folglich lediglich im Wege einer Zulassungsvorstellung gemäß § 63 AußStrG anfechtbar. Wird dennoch ein (ordentlicher oder außerordentlicher) Revisionsrekurs erhoben, so hat – auch wenn der Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist – das Erstgericht dieses Rechtsmittel dem Rekursgericht vorzulegen, weil derartige Rechtsmittel in der Regel als Anträge im Sinn des § 63 AußStrG zu werten sind; allenfalls ist vorher ein Verbesserungsverfahren einzuleiten.