7Ob24/23i – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, Dr. Stefula und Mag. Fitz als weitere Richter, in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. M* F*, vertreten durch Dr. Alexandra Eder, Rechtsanwältin in Innsbruck, gegen die beklagte Partei H* GmbH, *, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens AZ 69 Cg 94/19a des Landesgerichts Innsbruck, hier wegen Ablehnung, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 13. Jänner 2023, GZ 8 Nc 2/23y 3, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird ersatzlos behoben.
Text
Begründung:
[1] Im Vorprozess beim Landesgericht Innsbruck (AZ 69 Cg 94/19a) erging gegen den Kläger als dortigen Beklagten ein Versäumungsurteil über die Zahlung von 15.450 EUR sA. Das Oberlandesgericht Innsbruck gab seiner Berufung dagegen nicht Folge.
[2] Der Kläger brachte zu AZ 41 Cg 67/22d des Landesgerichts Innsbruck eine auf Wiederaufnahme – in eventu Nichtigerklärung – des Vorprozesses gerichtete Klage ein, die mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung der Frist zur Erhebung dieser Klage verbunden war.
[3] Mit Beschluss vom 18. 8. 2022 wies das Landesgericht Innsbruck die Wiederaufnahmsklage zurück.
[4] Mit Beschluss vom 16. 11. 2022 gab das Oberlandesgericht Innsbruck, AZ 1 R 139/22h, dem dagegen erhobenen Rekurs des Klägers nicht Folge und sprach aus, dass dagegen kein Rechtsmittel zulässig sei. Den Zulassungsantrag und den ordentlichen Revisionsrekurs des Klägers wies es mit Beschluss vom 16. 12. 2022 zurück.
[5] Am 2. 1. 2023 stellte der Kläger – unvertreten – den Antrag „auf ergänzend zur zugrundeliegend umfassend bewilligten Verfahrenshilfe zur Erhebung eines Rechtsmittels und/oder der Nichtigkeitsklage zur Bekämpfung des unter Nichtigkeit leidenden und damit gänzlich aufzuhebenden Beschlusses des OLG Innsbruck unter 1 R 139/22h“, verbunden mit dem Antrag, „die zugrundeliegend bereits umfassend zur Sache bestellte Verfahrenshelferin möge diese allenfalls ergänzend zur bewilligten Verfahrenshilfe auf meinen ausdrücklichen Wunsch übernehmen und auch als solche ergänzend bestellt werden“. Dazu führte er aus, dass seine Verfahrenshelferin ihm mitgeteilt habe, dass gegen die „Zulassungs und Rekurs Zurückweisung kein Rechtsmittel möglich ist und ein Rechtsmittel oder eine Rechtsmittelklage wegen der hinterrücks und vereinbarungswidrig (gegen die vorherige Klärung der Senatszusammensetzung mit der Senatsvorsitzenden Dr. V*) und gegen die § 25 JN Mitwirkung des gerade erst am 1. 12. 2022 vom Landesgerichts Innsbruck ans Oberlandesgericht Innsbruck aufgestiegenen und vom Kläger seit 2017 (und danach auch mehrfach) zu seiner Person und damit zu all seinen Verfahren an den Innsbrucker Gerichten wegen schwerer Befangenheit und wegen schwerer Pflicht und Rechtswidrigkeiten abgelehnten Richters Mag. S* nicht von ihrer umfassend bewilligten Verfahrenshilfe gedeckt ist. Er ist daher gezwungen, diesen ergänzenden Verfahrenshilfeantrag zu stellen“.
[6] Der zur Entscheidung über die Befangenheit von Richtern zuständige Senat des Oberlandesgerichts Innsbruck wertete dieses Schreiben als Ablehnungsantrag des Klägers hinsichtlich der Mitglieder des Rekurssenats Dr. B* V* und Mag. M* S* und wies diesen als unzulässig zurück. Nach Rechtskraft der Sachentscheidung sei eine Ablehnung ausgeschlossen.
[7] Gegen diesen Beschluss wendet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag den Beschluss – wegen Fehlen eines Ablehnungsantrags – ersatzlos zu beheben; hilfsweise – bei Wertung des Schreibens als Ablehnungsantrag – den Beschluss im stattgebenden Sinn abzuändern.
Rechtliche Beurteilung
[8] Der Rekurs ist zulässig (§ 24 Abs 2 JN), er ist auch berechtigt.
[9] 1. Das Ablehnungsverfahren unterliegt, soweit nicht die §§ 19–25 JN Sonderregeln enthalten, den Vorschriften jenes Verfahrens, in dem die Ablehnung erfolgte (vgl RS0006000, RS0035708). Da im Hauptverfahren – Wiederaufnahme eines streitigen Zivilverfahrens betreffend die Zahlung von 15.450 EUR sA – absolute Anwaltspflicht besteht (§ 27 Abs 1 ZPO), hätte das Oberlandesgericht Innsbruck vor Entscheidung über das von ihm als Ablehnungsantrag gewerteten Schreibens des Klägers ein Verbesserungsverfahren nach §§ 84, 85 ZPO zur anwaltlichen Unterfertigung einzuleiten gehabt.
[10] 2. Eine Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und eine Zurückverweisung der Rechtssache an das Oberlandesgericht Innsbruck zur Durchführung des Verbesserungsverfahrens kann hier jedoch unterbleiben, weil der Kläger in seinem Rekurs ausdrücklich die Wertung seines Schreibens als Ablehnungsantrag ablehnt.
[11] 3. Damit war mangels Ablehnungsantrag, der einen solchen zurückweisende Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck ersatzlos zu beheben.