JudikaturOGH

11Os11/23m – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. März 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. März 2023 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in der Strafsache gegen * K* wegen Verbrechen der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 20. September 2022, GZ 36 Hv 63/22t-32, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019 den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte * K* – abweichend von der auf die Verbrechen der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB (1 und 2) gerichteten Anklage (ON 23) – des Vergehens der sexuellen Belästigung nach § 218 Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 28. Dezember 2021 in F* * E* durch eine geschlechtliche Handlung an ihr belästigt, indem er ihr – hinter ihr liegend – oberhalb der Bekleidung auf die Brüste und das Gesäß griff, versuchte, seine Hand in ihren Schritt zu legen, seinen erigierten Penis an ihrem Gesäß rieb, hinter ihr liegend Stoßbewegungen ausführte und versuchte, ihre Hand auf seinen erigierten Penis zu legen.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 7 und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft.

[4] Die – zusätzlich – einen Schuldspruch wegen eines (real konkurrierenden) Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB fordernde und diesbezüglich eine Nichterledigung der Anklage (Z 7) in Bezug auf das die Berührung der Brüste vorangehende – von der Anklage zu 1 mitumfasste – Verhalten behauptende Rüge nimmt nicht Maß am angefochtenen Urteil. Die Tatrichter haben nämlich in objektiver Hinsicht – wie die Beschwerdeführerin sogar hervorhebt – ein ([richtig sogar] zweimaliges) Hochheben der E* (wobei der Angeklagte die Genannte nach dem ersten Hochheben am Boden absetzte und nach dem zweiten Mal auf ein Bett „warf“ [US 3]) in objektiver Hinsicht festgestellt, des Weiteren aber einen entsprechenden – iSd § 105 Abs 1 StGB tatbildlichen – (Eventual-)Vorsatz auf Abnötigen bzw Erzwingung eines bestimmten (willensbeugenden) Verhaltens des Opfers (nämlich Dulden der Ortsveränderung; vgl RIS Justiz RS0093760, RS0093747) gerade nicht an genommen; insoweit wurde unmissverständlich ein Freispruch zum Ausdruck gebracht und solcherart die Anklage erledigt (RIS Justiz RS0116266 [T9, T10]; Ratz , WK StPO § 281 Rz 266 und 503).

[5] Die Subsumtionsrüge (Z 10) kritisiert – unter Hinweis darauf, dass das Erstgericht festgestelltermaßen (nur) die Absicht des Angeklagten, das Opfer durch näher beschriebene Handlungen (auf das Bett „Werfen“, Festhalten und „Sich Drauflegen“) mit Gewalt zur Duldung geschlechtlicher Handlungen zu nötigen, verneint habe (vgl US 3) – das Fehlen von Feststellungen zum (Nicht-)Vorliegen eines bedingten Tatvorsatzes und bringt dazu vor, dass ein solcher Vorsatz „schon in Anbetracht der basierend auf den Angaben des Opfers […] getroffenen Feststellungen […] indiziert“ sei.

[6] Mit Blick auf die in der Beschwerdeschrift zitierten (Negativ )Feststellungen (US 3), den dazu korrelierenden Ausspruch, wonach aufgrund der Angaben der Zeugin „die Anwendung von Gewalt durch den Angeklagten zur Abnötigung der Vornahme oder Duldung einer geschlechtlichen Handlung durchwegs nicht festzustellen war“ (US 5), und die weitere tatrichterliche Beweiswürdigung (US 6 f) wollten die Tatrichter aber – nach der von der Beschwerde vernachlässigten Gesamtheit der Urteilsannahmen – ersichtlich eine entsprechende negative Konstatierung zur Feststellbarkeit auch eines (auf gewaltsame Erzwingung der Duldung einer geschlechtlichen Handlung gerichteten) Eventualvorsatzes treffen (RIS-Justiz RS0117228; Ratz , WK StPO § 281 Rz 19), sodass die geltend gemachte Nichtigkeit schon aus diesem Grund nicht vorliegt ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 581, 593).

[7] Im Übrigen enthält die Subsumtionsrüge (Z 10) insoweit – ebenso prozessordnungswidrig – auch kein Vorbringen dazu, unter welche andere strafbare Handlung der Sachverhalt nach Ansicht der Beschwerdeführerin konkret zu subsumieren sei (vgl RIS-Justiz RS0099984, RS0117247 [T7] und RS0118415 [T3] sowie Ratz , WK-StPO § 281 Rz 644).

[8] In Ansehung der – wie in Erledigung der Rüge aus Z 7 bereits dargelegt – gar wohl getroffenen Feststellungen zur fehlenden subjektiven (auf Abnötigen eines bestimmten Verhaltens [hier insbesondere Dulden der Ortsveränderung] gerichteten) Tatseite geht die in der Beschwerde (nominell Z 7 und Z 10, dSn Z 9 lit a ) mit dem Ziel einer Verurteilung auch wegen § 105 Abs 1 StGB des Weiteren vorgetragene Behauptung eines das innere Tatgeschehen betreffenden Feststellungsmangels fehl (vgl Ratz , WK-StPO § 281 Rz 600; RIS-Justiz RS0118580 [insb T25]). Sie reduziert sich auf den bloßen Versuch, die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehenen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld zu kritisieren und unliebsame Feststellungen durch dem eigenen Standpunkt entsprechende Auffassungen zu ersetzen. Dazu bleibt schließlich noch anzumerken, dass die Staatsanwaltschaft für den von ihr georteten Feststellungsmangel lediglich im Urteil festgestellte Umstände anführt, die das Erstgericht offenbar aber gerade nicht als tragfähig für die Konstatierung eines iSd § 105 Abs 1 StGB tatbildlichen (Eventual-)Vorsatzes ansah. Eine mögliche Ergänzung der von den Tatrichtern geschaffenen Sachverhaltsbasis hätte das Aufzeigen von die subjektive Tatseite indizierenden Beweisergebnissen (§ 258 Abs 1 StPO) erfordert.

[9] In Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur war d ie Nichtigkeitsbeschwerde daher bereits nach nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

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