5Ob230/22t – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun Mohr und den Hofrat Dr. Kikinger als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragstellerin E*, vertreten durch Dr. Klaus Plätzer, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die Antragsgegnerin B*, vertreten durch Dr. Peter Böck, Rechtsanwalt in Neusiedl am See, wegen Landpacht, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den (Sach )Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt als Rekursgericht vom 16. November 2022, GZ 13 R 157/22v 159, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG iVm § 12 Z 7 LPG zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Die Antragsgegnerin ist Eigentümerin einer Liegenschaft, die in der Natur einen landwirtschaftlichen Gutsbetrieb bildet und eine Fläche von 501 ha 79 a 87 m² aufweist. Die Antragstellerin ist Pächterin dieser Liegenschaft, wobei der vertraglich vereinbarte jährliche Pachtzins 780 EUR pro ha beträgt. Das Pachtverhältnis begann am 1. 10. 2018 und endete nach dem Vertragsinhalt mit 30. 9. 2021.
[2] Die Antragstellerin begehrte , den Pachtzins gemäß § 11 LPG ab dem auf die Antragstellung folgenden Zinstermin auf den angemessenen Betrag zu mindern und die vereinbarte Pachtdauer mit 10 Jahren beginnend mit 1. 10. 2018 festzusetzen; in eventu, die Pachtdauer des Vertrags um drei Jahre, bis zum 30. 9. 2024 zu verlängern.
[3] Nach Rechtskraft seines Teilsachbeschlusses vom 4. 2. 2021, mit dem es das Hauptbegehren, die im Pachtvertrag vereinbarte Pachtdauer mit zehn Jahren festzusetzen abgewiesen, und die Pachtdauer des Vertrags um drei Jahre bis 30. 9. 2024 verlängert hatte, minderte das Erstgericht den jährlichen Pachtzins auf 370 EUR pro ha.
[4] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.
[5] Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin, die darin keine Rechtsfragen von der Bedeutung des § 62 Abs 1 AußStrG aufzeigen kann:
Rechtliche Beurteilung
[6] 1. Ist der vom Pächter zu entrichtende Pachtzins so hoch, dass er den bei einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Pachtgegenstands erzielbaren Ertrag übersteigt, oder weicht er vom angemessenen Pachtzins nach § 4 L PG um mehr als die Hälfte ab, so hat das Gericht auf Antrag den vom Pächter zu entrichtenden Pachtzins ab dem auf die Antragstellung folgenden Zinstermin auf den angemessenen Betrag zu mindern oder zu erhöhen (§ 11 Abs 1 LPG). Nach § 4 LPG gilt der Pachtzins als angemessen, der von dem bei einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Pachtgegenstands erzielbaren Ertrag beiden Vertragsteilen den Anteil sichert, der dem Wert der zur Erzielung dieses Ertrags notwendigen beiderseitigen Leistungen entspricht; dabei sind insbesondere die Vertragsdauer, der Wert des Pachtgegenstands nach Art, Beschaffenheit und örtlicher Nachfrage, der Wert der beiderseits beigestellten Anlagen und Betriebsmittel sowie die sonst notwendigen beiderseitigen Leistungen, Aufwendungen und Kosten zu berücksichtigen.
[7] Die Grundlagen für die rechtliche Beurteilung im Sinn dieser gesetzlichen Vorgaben sind regelmäßig durch Sachverständige zu erheben (vgl Mildner in H . Böhm / Pletzer / Spruzina / Stabentheiner , GeKo Wohnrecht I § 4 LPG Rz 7).
[8] 2. Das Erstgericht hat einen Sachverständigen beigezogen und auf Basis von dessen Gutachten gemäß § 11 Abs 1 LPG den Pachtzins auf 370 EUR pro ha gemindert. Dabei hat es sich an dem vom Sachverständigen unter Hinweis auf diese Bestimmung ermittelten Grenzpachtpreis orientiert und damit den angemessenen Pachtzins nach § 4 LPG festgesetzt. Das Rekursgericht hat die Feststellungen des Erstgerichts übernommen und ebenfalls die vom Sachverständigen erhobenen Grundlagen einer rechtlichen Würdigung unterzogen.
[9] 3. § 4 LPG ist mit der Bestimmung des § 16 Abs 1 MRG vergleichbar ( Mildner aaO § 4 LPG Rz 3). Wie im Anwendungsbereich dieser Bestimmung dienen auch in einem Verfahren nach § 11 Abs 1 iVm § 4 LPG die vom Sachverständigen erhobenen Grundlagen zur Orientierung des Gerichts bei der Lösung von Rechtsfragen. Selbst gehören sie aber zur Tatfrage, zu deren Lösung der Richter auf die Hilfe eines Sachverständigen zurückgreifen kann (vgl RIS Justiz RS0111105). Als solche entziehen sie sich aber der Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof, der au ch im Außerstreitverfahren nicht Tatsacheninstanz ist (RS0006737; RS0108449 [T2]).
[10] 4. Die Kriterien für die Prüfung der Angemessenheit einer Pachtzinsvereinbarung sind in § 4 LPG demonstrativ aufgezählt ( Mildner aaO § 4 LPG Rz 1). Der Sachverständige hat dazu im Rahmen der mündlichen Gutachtenserörterung erläutert, welche Kriterien er seinem Ergebnis zugrundegelegt und bei seinen Überlegungen berücksichtigt hat. Daran haben sich die Vorinstanzen bei ihrer rechtlichen Würdigung orientiert. Dass diese nicht auch ausdrücklich zum Bestandteil der Feststellungen gemacht wurden, ändert daher nichts daran, dass die Antragsgegnerin ausschließlich Tatfragen anspricht, wenn sie die Grundlagen des Sachverständigengutachtens anzweifelt und ausgehend davon ihr günstigere Feststellungen vermisst. Eine Anfechtung der Ergebnisse von Sachverständigengutachten, die die Tatsacheninstanzen ihren Entscheidungen zu Grunde legten, wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung ist nach ständiger Rechtsprechung aber nur insoweit möglich, als dem Sachverständigen bei seinen Schlussfolgerungen ein Verstoß gegen zwingende Denkgesetze oder gegen objektiv überprüfbare Gesetze sprachlichen Ausdrucks unterlaufen wären oder erkennbar ist, dass der Sachverständige erheblichen Verhandlungsstoff außer Acht gelassen und dies die Unrichtigkeit des Gutachtens zur Folge hat (RS0043168 [T7, T8]; RS0043404). Dass das der Fall wäre, und damit eine allenfalls im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung durch das Rekursgericht vorläge, macht die Antragsgegnerin nicht geltend und ist auch nicht zu erkennen.
[11] 5. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG iVm § 12 Z 8 LPG).