JudikaturOGH

9ObA133/22g – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Februar 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer und Dr. Hargassner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei * R*, vertreten durch Dr. Herbert Holzinger, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beklagten *, als Masseverwalter im Sanierungsverfahren über das Vermögen der W* KG wegen Feststellung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 29. August 2022, GZ 9 Ra 51/22v 18, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Arbeits und Sozialgerichts Wien vom 16. Februar 2022, GZ 17 Cga 65/21h 12, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der beklagten Partei wird aufgetragen, binnen 14 Tagen bekanntzugeben, ob sie die zwischen Eintritt der Unterbrechung des Verfahrens und dessen Fortsetzung vorgenommene Prozessführung genehmigt.

Text

Begründung:

[1] Mit Urteil vom 29. 8. 2022 hat das Berufungsgericht über die Berufung der damaligen Gemeinschuldnerin als Beklagte entschieden. Bereits zuvor war mit Wirkung vom 9. 8. 2022 das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung über die Gemeinschuldnerin eröffnet worden.

[2] Am 5. 10. 2022 beantragte die Klägerin die Berichtigung der Parteienbezeichnung der beklagten Partei, stellte das Klagebegehren auf Feststellung um und beantragte die Fortsetzung des Verfahrens.

[3] Am 6. 10. 2022 erhob die Gemeinschuldnerin eine Revision.

[4] Mit Beschluss vom 2. 11. 2022 fasste das Berufungsgericht folgenden Beschluss:

„1. Das Verfahren ist seit 9. 8. 2022 unterbrochen.

2. Die Bezeichnung der beklagten Partei wird wie aus dem Beschlusskopf ersichtlich berichtigt.

3. Das Verfahren wird auf Grund des Antrages der Klägerin vom 5. 10. 2022 mit dem Zeitpunkt der Zustellung der Entscheidung des Berufungsgerichtes vom 29. 8. 2022 an den Masseverwalter fortgesetzt.

4. Die am 6. 10. 2022 eingebrachte Revision der Schuldnerin wird zurückgewiesen.

5. Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.“

[5] Am 25. 11. 2022 stellte das Erstgericht dem nunmehrigen Beklagten die Berufungsentscheidung zu. Dieser erhob am 30. 11. 2022 eine Revision, die Klägerin erstattete eine Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

[6] Der Oberste Gerichtshof kann aus folgenden Erwägungen über die Revision noch nicht entscheiden:

[7] Durch die Eröffnung des Sanierungsverfahrens über das Vermögen der vormaligen Beklagten wurde das Verfahren – im Stadium des Berufungsverfahrens – ex lege am 9. 8. 2022 (§ 7 Abs 1 IO) unterbrochen. Das Berufungsurteil hätte daher nach diesem Zeitpunkt nicht gefällt werden dürfen. Ein nach Eintritt der Unterbrechung nach § 7 Abs 1 IO gefälltes Urteil leidet an der Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 5 ZPO (RS0037010). Der Mangel der Verfügungsfähigkeit des Gemeinschuldners ist ebenso wie der Mangel der Prozessfähigkeit gemäß § 6 Abs 1 ZPO in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigen (RS0035434 [T5]). Eine solche Nichtigkeit kann aber nachträglich dadurch saniert werden, dass der Masseverwalter in das Verfahren eintritt und die bisherige Prozessführung genehmigt (10 Ob 99/11y [Pkt 4.]; 9 ObA 61/17m [Pkt 4]). Stillschweigende Parteihandlungen kennt das Verfahrensrecht grundsätzlich nicht (RS0005998 [T5]).

[8] Aus den Schriftsätzen des Masseverwalters geht nicht ausdrücklich hervor, ob er die bisherige Prozessführung genehmigt, sodass die dem Berufungsurteil anhaftende Nichtigkeit geheilt wäre und vom Obersten Gerichtshof nicht mehr wahrgenommen werden könnte.

[9] Dem beklagten Masseverwalter war daher die entsprechende Bekanntgabe aufzutragen.

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