18OCg1/23f – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat in der Rechtssache der klagenden Partei M* GmbH, *, gegen die beklagte Partei N* GmbH, *, wegen Aufhebung eines Schiedsspruchs (Streitwert 200.055,90 EUR)
I. durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden den Beschluss gefasst (§ 139 ZPO):
Spruch
Der klagenden Partei wird aufgetragen, ihren Verfahrenshilfeantrag vom 8. 1. 2023 binnen 14 Tagen zu verbessern, indem sie
1. für die klagende Partei selbst und für alle an ihr direkt oder indirekt wirtschaftlich Beteiligten (Gesellschafter, Gesellschafter von Mutter- und Großmuttergesellschaften) ein aktuelles Vermögensverzeichnis vorlegt.
Dazu ist jeweils eines der beiliegenden Formulare ZPForm1 für jede juristische und natürliche Person getrennt und vollständig auszufüllen. Nichtzutreffende Punkte sind jeweils zu streichen, sodass keine Felder leer bleiben. Jedes Formular ist von der jeweiligen natürlichen Person bzw bei juristischen Personen von ihren vertretungsbefugten Organen zu unterschreiben. Die Namen der Unterschreibenden sind in Maschinschrift oder Blockbuchstaben anzuführen.
2. Kopien aktueller und aussagekräftiger Belege für alle in den Vermögensverzeichnissen erwähnten Vermögenswerte und Verbindlichkeiten vorlegt (zB Bilanzen, aktuelle Kontoauszüge, aktuelle Miet- und Kreditverträge etc).
3. einen Beleg für jenes Datum vorlegt, an dem der klagenden Partei der Schiedsspruch zukam.
II. durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte Hon. Prof. PD Dr. Rassi und Mag. Painsi und die Hofrätinnen Dr. Kodek und Mag. Istjan, LL.M., als weitere Richterinnen und Richter den Beschluss gefasst:
Die per Fax übermittelten Eingaben der Antragstellerin vom 8., 9. und 10. 1. 2023 werden zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Zu I. Verbesserungsauftrag:
[1] Die hier klagende Partei (in der Folge: Aufhebungsklägerin) war Beklagte in einem Schiedsverfahren, das die Ausübung eines Wiederkaufsrechts für zwei Liegenschaften zum Gegenstand hatte.
[2] Die Aufhebungsklägerin beantragte mit Schreiben vom 8. 1. 2023 (Postaufgabe am 9. 1. 2023, Einlangen beim Obersten Gerichtshof am 11. 1. 2023) die Bewilligung der Verfahrenshilfe in vollem Umfang für eine Aufhebungsklage gegen den dem Antrag beigelegten Schiedsspruch vom 31. 8. 2022.
[3] Mit separater Post brachte sie einen mit 9. 1. 2023 datierten Schriftsatz ein (Postaufgabe am 9. 1. 2023, Einlagen beim Obersten Gerichtshof am 11. 1. 2023), der folgende Prozesshandlungen umfasst: I. Verfahrenshilfeantrag, II. Klage auf Aufhebung des Schiedsspruchs gemäß § 611 ZPO und III. Urkundenvorlage.
[4] Laut eigenem Vorbringen kam der Aufhebungsklägerin der Schiedsspruch am 8. 10. 2022 zu.
Rechtliche Beurteilung
[5] Der Verfahrenshilfeantrag ist der Aufhebungsklägerin zur Verbesserung zurückzustellen .
[6] 1. Einer juristischen Person wie der Aufhebungsklägerin ist die Verfahrenshilfe zu bewilligen, wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von ihr noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint (§ 63 Abs 2 ZPO). Bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung wie der Aufhebungsklägerin sind jedenfalls die Gesellschafter die wirtschaftlich Beteiligten im Sinn des § 63 Abs 2 ZPO ( M. Bydlinski in Fasching/Konecny 3 II/1 [2014] § 63 ZPO Rz 13 ).
[7] 2. Gemäß § 66 Abs 1 ZPO sind zugleich mit einem Verfahrenshilfeantrag ein nicht mehr als vier Wochen altes Bekenntnis der Partei (ihres gesetzlichen Vertreters) über die Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse der Partei (Vermögensbekenntnis) und, soweit zumutbar, entsprechende Belege beizubringen.
[8] Diese Vorgangweise ist auch für die wirtschaftlich Beteiligten einer juristischen Person zu wählen (vgl M. Bydlinski in Fasching/Konecny 3 II/1 [2014] § 66 ZPO Rz 12 ).
[9] 3. Für die Prüfung, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung als offenbar mutwillig oder aussichtslos im Sinn des § 63 Abs 2 ZPO erscheint, sind entsprechende Angaben zum geltend zu machenden Anspruch erforderlich. Ist das Vorbringen für eine seriöse Beurteilung der Erfolgsmöglichkeit zu unklar oder unvollständig, so hat das Gericht auf eine Klarstellung und Vervollständigung hinzuwirken, wobei die betreffende Partei eine Mitwirkungspflicht trifft ( M. Bydlinski in Fasching/Konecny 3 II/1 [2014] § 63 ZPO Rz 22 ).
[10] Um die Rechtzeitigkeit der Aufhebungsklage zu prüfen, bedarf es Belegen für das Datum des Zukommens des Schiedsspruchs an die Aufhebungsklägerin.
[11] 4. Gemäß §§ 84, 85 ZPO hat das Gericht mangelhafte Eingaben zur Verbesserung zurückzustellen. Der Aufhebungsklägerin waren daher Verbesserungsaufträge zu den unter Punkt I. genannten Formmängeln zu erteilen.
[12] Werden die zum Verfahrenshilfeantrag ergangenen Verbesserungsaufträge nicht rechtzeitig und vollständig erfüllt, muss dieser abgewiesen werden ( RS0120073 ). Mehrere Verbesserungsversuche sind nicht durchzuführen ( RS0115048 ).
Zu II. Zurückweisung der Faxeingaben:
[13] Außerdem brachte die Aufhebungsklägerin am 8. 1. 2023 um 19:39 Uhr, um 19:41 Uhr und um 23:13 Uhr; am 9. 1. 2023 um 19:02 Uhr, um 19:06 Uhr, um 19:36 Uhr, um 20:18 Uhr, um 21:20 Uhr, um 21:32 Uhr sowie um 23:45 Uhr; am 10. 1. 2023 um 00:19 Uhr, um 01:17 Uhr (ON 5), um 13:02 Uhr, um 14:21 Uhr, um 14:59 Uhr, um 15:18 Uhr und um 15:58 Uhr zahlreiche umfangreiche Eingaben per Fax ein.
[14] Diese insgesamt 340 Seiten weisen keine erkennbare Ordnung auf und sind sowohl nach den Seitenangaben der (offenbar vom Sendegerät) am oberen Blattrand aufgedruckten Faxbestätigungen als auch nach den im Fließtext enthaltenen Seitennummerierungen offensichtlich unvollständig. Dafür wurden andere Seiten – möglicherweise aufgrund eines Fehlers des Sendegeräts – doppelt oder gar vielfach übermittelt. Inhaltlich handelt es sich bei den gefaxten Eingaben anscheinend um Bruchstücke der postalisch übermittelten Schriftstücke.
[15] 1. Gemäß § 75 Abs 3 ZPO haben alle Schriftsätze an ein Gericht die Unterschrift der Partei oder ihres gesetzlichen Vertreters oder Bevollmächtigten zu enthalten. Ein Fax erfüllt dieses Erfordernis nicht ( RS0035753 [T2]). Eingaben im Zivilprozess können daher nur per Post, durch Abgabe in der Einlaufstelle des Gerichts oder im elektronischen Rechtsverkehr erfolgen.
[16] Ein Verbesserungsauftrag für diesen Formmangel erübrigt sich jedoch aus folgendem Grund:
[17] 2. Besteht ein Schriftsatz aus unklaren Ausführungen und lässt er das Begehren nicht erkennen, oder erschöpft er sich in der Wiederholung schon vorgebrachter Behauptungen, so ist er nach § 86a Abs 2 ZPO ohne Verbesserungsversuch zurückzuweisen. Im vorliegenden Fall scheinen die Faxe zusätzlich zur Übermittlung im Postweg geschickt worden zu sein.
[18] Jeden weiteren Schriftsatz der Aufhebungsklägerin, der einen solchen Mangel aufweist, kann und wird der Oberste Gerichtshof ohne inhaltliche Behandlung zu den Akten nehmen; ein Verbesserungsversuch ist nicht mehr erforderlich (§ 86a Abs 2 iVm Abs 1 ZPO).