JudikaturOGH

11Os1/23s – OGH Entscheidung

Entscheidung
31. Januar 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Jänner 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kastner als Schriftführer in der Strafsache gegen * A* wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Privatbeteiligten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 20. September 2022, GZ 36 Hv 59/22d-35, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten und der Privatbeteiligten werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant wurde * A* mit dem angefochtenen Urteil je eines Vergehens der sexuellen Belästigung nach § 218 Abs 1a StGB (I 1) und nach §§ 15 Abs 1, 218 Abs 1 Z 1 StGB (I 2) sowie des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (II) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in H* und andernorts * M*

I) zwischen Frühjahr 2020 und Februar 2022 in jeweils zumindest einem Angriff

1) durch eine intensive Berührung einer der Geschlechtssphäre zuzuordnenden Körperstelle in ihrer Würde verletzt, indem er sie am Gesäß angriff;

2) durch eine geschlechtliche Handlung an ihr belästigt, indem er ihr auf die Brüste griff, wobei sie sich wegdrehte und die Tat beim Versuch blieb;

II) am 19. Februar 2022 mit Gewalt zur Vornahme oder Duldung des Beischlafs genötigt, indem er sie, trotzdem sie ihm sagte, er solle gehen, sie wolle das nicht, sie würde nichts tun, er solle sie in Ruhe lassen, er solle von ihr runter gehen und Ruhe geben, sohin gegen ihren Willen in ihrer Wohnung von der Wohnungstüre bis ins Wohnzimmer schob, mit dem Rücken gegen ein Regal drückte und ihr unter ihrer Hose auf das Gesäß griff, ihren Kopf nach unten in Richtung seines entblößten Penis drückte und sie aufforderte, den Oralverkehr an ihm vorzunehmen, sie auf die Couch schubste, ihre Hose und Unterhose bis zu den Knien hinunterzog, sie in die Ober und Unterlippe biss, sich auf sie legte, sodass sie aufgrund seines Körpergewichts weder aufstehen noch ihn wegschieben konnte, ihre Beine mit seinem Körper auseinander drückte und mit seinem Penis in ihre Vagina eindrang und in ihr ejakulierte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Der Kritik von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) ist vorauszuschicken, dass die tatrichterliche Beurteilung der Überzeugungskraft von Personalbeweisen (also die Glaubhaftigkeit von Zeugen und Angeklagten) – so sie wie hier nicht undeutlich (Z 5 erster Fall) oder in sich widersprüchlich (Z 5 dritter Fall) ist – der unternommenen Anfechtung entzogen ist (RIS Justiz RS0099419; Ratz , WK StPO § 281 Rz 431). Sie kann zwar unter dem Aspekt der Unvollständigkeit (zum Umfang der Kontrolle durch das Rechtsmittelgericht vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 421; RIS Justiz RS0118316) mangelhaft erscheinen, wenn sich das Gericht mit gegen die Glaubhaftigkeit sprechenden Beweisergebnissen nicht auseinandergesetzt hat. Der Bezugspunkt besteht jedoch ausschließlich in den Feststellungen über entscheidende Tatsachen (RIS Justiz RS0119422 [T2, T4, T6]; Ratz , WK StPO § 281 Rz 398 ff [432]).

[5] Indem die Rüge bloß die Erwägungen der Tatrichter zu den von ihnen für glaubhaft befundenen (mit dem Gutachten der Gerichtsmedizin Salzburg-Linz [ON 25] übereinstimmenden – US 7 f) belastenden Angaben der M* (US 5 ff – vgl RIS Justiz RS0106588 [T8, T9, T14]) und zu ebenso gewürdigten (US 11) Aussagen dreier am Tatgeschehen nicht beteiligter Zeugen zu für die Schuldfrage unerheblichen Umständen wiedergibt, zeigt sie keinen Begründungsmangel auf (vgl RIS Justiz RS0098400) .

[6] Sie bekämpft vielmehr die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld ( Ratz , WK StPO Vor §§ 280–296a Rz 11, 13).

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten und der Privatbeteiligten folgt (§ 285i StPO).

[8] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise