1Ob250/22d – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*, vertreten durch Dr. Heinrich Fassl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 28.999,75 EUR sA und Feststellung, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 21. Oktober 2022, GZ 2 Nc 5/22i 2, mit dem die von der klagenden Partei erklärte Ablehnung aller Richterinnen und Richter des Landesgerichts Leoben zu AZ 2 Nc 25/22t des Landesgerichts Leoben zurückgewiesen wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.526,40 EUR bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
[1] Das Landesgericht Leoben wies mit Ersturteil im Anlassverfahren das Amtshaftungsbegehren der Klägerin ab. Mit der dagegen erhobenen Berufung lehnte die Klägerin den Erstrichter ab. Unter einem erklärte sie, sämtliche Richterinnen und Richter des Landesgerichts Leoben hinsichtlich der Entscheidung über diesen Ablehnungsantrag abzulehnen, weil am Landesgericht Leoben die gemäß § 183 Geo vorgeschriebene Vorgangsweise über Ablehnungsanträge nicht eingehalten werde. Im Übrigen habe der Vizepräsident des Landesgerichts Leoben ihrem Rechtsanwalt auf Ersuchen um Übermittlung einer Ausfertigung der aktuellen Geschäftsverteilung mitgeteilt, dass Ausfertigungen der Geschäftsverteilungsübersicht im Amtsgebäude angeschlagen seien und ein Auszug der jeweils aktuellen Geschäftsverteilung im Internet abrufbar sei. Letzteres sei aber nicht der Fall.
[2] Die zuständigen Mitglieder des Ablehnungssenats des Landesgerichts Leoben erklärten in ihrer Stellungnahme, sich nicht befangen zu fühlen.
[3] Mit der angefochtenen Entscheidung wies das Oberlandesgericht Graz den Ablehnungsantrag gegen alle Richterinnen und Richter des Landesgerichts Leoben ab.
Der dagegen erhobene Rekurs der Ablehnungswerberin ist zulässig (§ 24 Abs 2 JN), aber nicht berechtigt :
Rechtliche Beurteilung
[4] 1. Nach ständiger, dem Klagevertreter bekannter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist eine Entscheidung über eine mögliche Befangenheit nicht als Akt der Justizverwaltung, sondern als Akt der unabhängigen Rechtsprechung anzusehen. Ablehnungsanträge und Befangenheitsanzeigen in bürgerlichen Rechtssachen als Nc Sachen sind seit dem Inkrafttreten der Geo Novelle 1999, BGBl II 1999/69, nur mehr in das Nc Register einzutragen. Den Bestimmungen des § 183 Abs 1 und 3 Geo wurde derogiert (RS0132677).
[5] Der im Rekurs vertretenen Rechtsansicht, das Verfahren vor dem Oberlandesgericht sei nichtig, zumindest aber mangelhaft, weil die Vorgangsweise nach § 183 Geo nicht eingehalten worden sei, ist der Oberste Gerichtshof daher bereits wiederholt entgegen getreten (jüngst etwa 1 Ob 37/21d; 1 Ob 227/21w mwN).
[6] 2. Eine Ablehnung kann nur aus persönlichen Gründen gegen die bestimmte Person eines Richters erfolgen; die pauschale Ablehnung eines ganzen Gerichts ist daher unzulässig (RS0046005; RS0045983).
[7] Bei der Behauptung, eine Befangenheit des gesamten Landesgerichts Leoben ergebe sich daraus, dass dessen Vizepräsident dem Klagevertreter eine unrichtige Auskunft erteilt habe, weil nicht die Geschäftsverteilung (sondern nur eine Geschäftsverteilungsübersicht) im Internet abrufbar sei, handelt es sich um eine Pauschalablehnung ohne zureichenden Grund. Anhaltspunkte für eine persönliche Befangenheit der Richterinnen und Richter dieses Gerichtshofs, insbesondere der Mitglieder des Ablehnungssenats, gegenüber der Ablehnungswerberin werden damit nicht dargelegt.
[8] 3. Entgegen der Meinung der Klägerin lag der angefochtenen Entscheidung sehr wohl eine Stellungnahme der zur Entscheidung über die Ablehnung des Erstrichters im Anlassverfahren zuständigen Mitglieder des Ablehnungssenats des Landesgerichts Leoben zugrunde.
[9] 4. Zusammengefasst begegnet die Entscheidung über den Ablehnungsantrag gegen alle Richterinnen und Richter des Landesgerichts Leoben keinen Bedenken.
[10] 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1 ZPO iVm § 50 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat der Beklagten die Kosten ihrer Rekursbeantwortung als solche des Zwischenstreits über die Ablehnung zu ersetzen.