JudikaturOGH

14Os128/22p – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Januar 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Jänner 2023 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz Hummel LL.M., den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Sadoghi in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Seidenschwann in der Strafsache gegen * A* und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten * S* sowie die Berufungen des Angeklagten A* und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 28. September 2022, GZ 50 Hv 1/22m 217, sowie weiters über die Beschwerde des Angeklagten A* gegen den gleichzeitig gefassten Beschluss auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten * S* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier von Bedeutung – * S* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 3 SMG (Ⅰ/A) sowie des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 [richtig:] zweiter Fall SMG (Ⅰ/B) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in L* und andernorts

I/ im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit A* als Mittäter (§ 12 erster Fall StGB) vorschriftswidrig Suchtgift

A/ von 19. März 2021 bis 3. September 2021 in einer das 15 fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er in wiederholten Angriffen „Kokain in einer die Grenzmenge von 15 Gramm reines Cocain jedenfalls um das mehr als 15 fache übersteigenden Menge“ (zumindest 520 Gramm Kokain mit einer Reinsubstanz von 243,36 Gramm abzüglich einer von A* selbst konsumierten Menge von weniger als 18,36 Gramm reines Kokain; US 2 und 7 iVm US 16 f und 20) im Urteil teils namentlich genannten, teils unbekannten Abnehmern gewinnbringend verkaufte;

B/ von 31. August 2021 bis 3. September 2021 in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich 275 Gramm Kokain (Reinsubstanz 74,9 Gramm Cocain) mit dem Vorsatz, dass es durch anschließenden Verkauf in Verkehr gesetzt werde, besessen.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4 und Z 5 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht.

[4] Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurde durch die Abweisung des in der Hauptverhandlung gestellten Antrags auf Beischaffung der Akten AZ 16 C 202/22p des Bezirksgerichts Dornbirn, AZ 10 E 2313/22h des Bezirksgerichts Mödling sowie auf Vernehmung der Zeugen * I* und * M* jeweils zum Beweis dafür, dass „die Vertrauensperson“ 2021 in massiven finanziellen Schwierigkeiten gewesen sei, eigenen finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen habe können, Kaufverträge und Darlehensverträge abgeschlossen habe, die sie nicht erfüllt habe, „sohin auf das Entgelt der Polizei für Tipps angewiesen“ gewesen sei, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren, zudem ein Ermittlungsverfahren gegen sie wegen schweren Betrugs behänge, weshalb ihre Aussage falsch sei, Verteidigungsrechte nicht verletzt. Eben dies trifft auf den Antrag auf Vernehmung des Zeugen * A* zum Beweis dafür, dass dieser von „der Vertrauensperson“ Cannabiskraut erworben, für sie verkauft und den Verkaufserlös an sie weitergeleitet habe, zu.

[5] Soweit die Verfahrensrüge die finanziellen Verhältnisse sowie gegebenenfalls strafrechtlich relevantes Verhalten der Vertrauensperson anspricht, betrafen diese Beweisthemen keine erhebliche, also nicht eine solche Tatsache, die unmittelbar oder mittelbar (ohne dabei auf eine unzulässige Erkundungsbeweisführung abzuzielen) der Feststellung entscheidender Tatsachen (vgl dazu RIS Justiz RS0099497) dient (RIS Justiz RS0116503).

[6] Unter dem Aspekt einer – nicht von vornherein unzulässigen (RIS Justiz RS0028345) – Beweisführung zur Überprüfung der Glaubwürdigkeit des angesprochenen Zeugen scheitert die Kritik an der Abweisung der Beweisanträge gleichfalls, weil eine erhebliche (und damit beweisbedürftige) Tatsache nur dann vorgelegen wäre, wenn sich aus dem Antragsvorbringen konkrete Anhaltspunkte für eine Falschaussage des Zeugen zu entscheidenden Tatsachen ergeben hätten, was aber nicht der Fall war (RIS Justiz RS0120109 [T3]).

[7] Im Übrigen setzte sich das Erstgericht ohnedies mit der Aussagegenese der Vertrauensperson auseinander (US 13) und stützte die Urteilskonstatierungen in Ansehung entscheidender Tatsachen nicht ausschließlich auf deren Angaben, sondern in ausführlicher Auseinandersetzung (US 10 bis 17) auf eine Vielzahl von (auch objektiven) Verfahrensergebnissen (zu Kontrollbeweisen RIS Justiz RS0098429).

[8] Das den Antrag ergänzende Beschwerdevorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen (RIS Justiz RS0099618).

[9] Indem die Mängelrüge (nominell Z 5 vierter Fall) unter Hinweis auf einzeln hervorgehobene – vom Erstgericht erörterte (US 10, 13, 19) – Beweisergebnisse davon ausgeht, dass die Taten nicht erwiesen seien, zumal niemand den Verkauf einer großen Suchtgiftmenge durch S* behauptet habe und auch nicht feststehe, dass er Kokain besessen habe, erschöpft sie sich in einer in dieser Form unzulässigen Beweiswürdigungskritik.

[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

[11] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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