2Ob209/22g – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende, die Hofrätin Dr. Hofer Zeni Rennhofer sowie die Hofräte Hon. Prof. PD Dr. Rassi, MMag. Sloboda und Dr. Kikinger als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am * 2018 verstorbenen P*, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der (erbantrittserklärten) Tochter C*, vertreten durch Mag. Dr. Gerhard Podovsovnik, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 26. September 2022, GZ 45 R 274/22k 127, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Der Oberste Gerichtshof entscheidet auch im Außerstreitverfahren nur als Rechts und nicht als Tatsacheninstanz (RS0007236 [T3]; RS0108449 [T2]). Es besteht daher eine Bindung an die Beweiswürdigung der Vorinstanzen und an deren Feststellungen. Dazu gehört auch die Frage, ob die vorhandenen Beweisergebnisse die Feststellungen rechtfertigen. Im vorliegenden Fall hat das Rekursgericht die von ihm getroffene Feststellung zum Verkehrswert der Liegenschaft auf eine Einschätzung des Liegenschaftswerts durch das Amt für Immobilienbewertung gestützt. Da dieses Amt nach Art 2 des Gesetzes über die amtlichen Immobilienbewertungen für den Kanton Graubünden (IBG) die Fachstelle für die amtlichen Bewertungen ist und auf Ersuchen Bewertungsgutachten zu erstellen hat, erweist sich die Rechtsansicht des Rekursgerichts, dass diese Bewertung im Einzelfall eine ausreichende Entscheidungsgrundlage darstellt, als nicht korrekturbedürftig. Ob zur Beurteilung des Verkehrswerts zusätzlich ein Sachverständigengutachten (einer nichtamtlichen Stelle) einzuholen wäre, stellt eine vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbare Frage der Beweiswürdigung dar.
[2] 2. Die Missachtung zulässiger Neuerungen in zweiter Instanz begründet weder Nichtigkeit noch Aktenwidrigkeit, sondern einen Verfahrensmangel. Im Revisionsrekurs ist daher die Nichtberücksichtigung der im Rekurs enthaltenen Neuerungen als Mangel des Rekursverfahrens zu rügen und die Relevanz des Mangels darzutun (2 Ob 172/15f Punkt 1. mwN ).
[3] In ihrer Argumentation übergeht die Revisionsrekurswerberin, dass sie im Rekurs nicht dargelegt hat, aus welchen Gründen es ihr erst mit dem Rekurs möglich gewesen sein sollte, die zur Zeit des Beschlusses erster Instanz offenkundig bereits vorhanden gewesenen Beweismittel vorzulegen, zumal ihr die Verlassenschaftskuratorin eine Äußerungsmöglichkeit eingeräumt hatte. Es gelingt ihr schon aus diesem Grund nicht, die Relevanz des angeblichen Verfahrensmangels aufzuzeigen. Im Übrigen lässt sich den mit dem Rekurs vorgelegten, sehr allgemein gehaltenen Urkunden weder die von der Revisionsrekurswerberin behauptete erhebliche Wertsteigerung zwischen 2020 und 2022 noch ein für die konkrete Liegenschaft angemessener Preis pro Quadratmeter Bauland entnehmen, der wesentlich höher als der vom Amt für Immobilienbewertung angesetzte Wert wäre.
[4] 3. Ob ein vom Verlassenschaftskurator abgeschlossener Kaufvertrag der Verlassenschaft zum (offenbaren) Vorteil gereicht (2 Ob 45/15d), kann immer nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Eine Überschreitung des dem Rekursgericht in diesem Zusammenhang zukommenden Beurteilungsspielraums zeigt der Revisionsrekurs nicht auf, liegt doch der erzielte Verkaufspreis trotz eines wegen des Erfordernisses der Wohnsitznahme am Belegenheitsort der Liegenschaft im Fall von deren Bebauung eingeschränkten Interessentenkreises um rund 20 % über dem Verkehrswert.