8ObA79/22h – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann Prentner und Mag. Korn als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Andreas Grad (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Alexander Hanika (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. H* F*, vertreten durch Mag. Michael Lang, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S* AG *, vertreten durch Engelbrecht Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 127.736,54 EUR sA und Feststellung (Revisionsinteresse 28.901,32 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 19. Juli 2022, GZ 9 Ra 12/22h 116, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Aktenwidrigkeit gemäß § 503 Z 3 ZPO haftet einer Entscheidung dann an, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden, das heißt, wenn der Inhalt einer Urkunde, eines Protokolls oder eines sonstigen Aktenstücks unrichtig wiedergegeben und infolgedessen ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen wurde, nicht aber schon dann, wenn das aufgrund der Beweisaufnahme gewonnene Sachverhaltsbild vom Parteienvorbringen abweicht. Erwägungen der Tatsacheninstanzen, weshalb ein Sachverhalt letztlich als erwiesen angenommen wird, fallen in das Gebiet der im Revisionsverfahren nicht mehr überprüfbaren Beweiswürdigung und bilden keine Aktenwidrigkeit (RIS Justiz RS0043347; vgl auch RS0043397).
[2] Soweit sich die Revision gegen die aufgrund einer Beweiswiederholung getroffene Feststellung des Berufungsgerichts wendet, welche Erhöhungsprozentsätze in der Vergangenheit für Betriebspensionen der Beklagten zur Anwendung kamen, ist sie daher nicht gesetzmäßig ausgeführt.
[3] 2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts, die dem Erstgericht im ersten Rechtsgang aufgetragenen ergänzenden Feststellungen wegen unzureichender Erledigung im zweiten Rechtsgang nach unmittelbarer Beweisaufnahme in der mündlichen Berufungsverhandlung selbst zu treffen, entspricht § 488 ZPO.
[4] 3. Ob ein Vertrag richtig ausgelegt wurde, stellt nur dann eine revisible Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde. Die Frage der Vertretbarkeit einer anderen Auslegung hat keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung und ist keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (RS0042936 [T3]).
[5] Die in der Revision angestellten Überlegungen sind nicht geeignet, eine Überprüfung der Beurteilung des Berufungsgerichts zu begründen, zumal sie nicht vom letztendlich festgestellten, sondern vom Wunschsachverhalt des Klägers (Erhöhungen über der Inflationsrate) ausgehen.
[6] 4. Auch die Frage, ob die Voraussetzungen für die Anwendung des § 273 ZPO vorliegen, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab (RS0040494). Konkrete Argumente gegen die Bejahung dieser Frage durch das Berufungsgericht oder gegen das Ergebnis der darauf gegründeten Ermessensentscheidung sind der Revision nicht zu entnehmen.