JudikaturOGH

2Ob148/22m – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. September 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Nowotny, Hon. Prof. PD Dr. Rassi, MMag. Sloboda und Dr. Kikinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*, vertreten durch Dr. Helmut Krenn, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. R*, und 2. U*, beide vertreten durch Dr. Markus Heis, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 210.857,10 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 8. Juni 2022, GZ 6 R 62/22p 69, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die Entscheidung des Berufungsgerichts über eine Beweisrüge ist mangelfrei, wenn es sich mit dieser befasst, die Beweiswürdigung des Erstgerichts überprüft, nachvollziehbare Überlegungen dazu anstellt und diese in seinem Urteil festhält (RS0043150). Die mangelfreie Erledigung einer Beweisrüge erfordert daher wenn auch knappe, so doch logisch nachvollziehbare Erwägungen, die sich mit den Kernargumenten des Rechtsmittelwerbers inhaltlich befassen (2 Ob 120/21t Rz 26). Diesen Anforderungen genügt die in der außerordentlichen Revision beanstandete Behandlung der Beweisrüge zur Frage der Arbeitsfähigkeit des Klägers durch das Berufungsgericht, enthält diese doch eine nachvollziehbare Auseinandersetzung mit der Aussage des Klägers, seines Arbeitgebers und der von den Beklagten in diesem Zusammenhang vorgelegten Urkunde. Der gerügte Verfahrensmangel des Berufungsverfahrens liegt damit nicht vor.

[2] 2. Tendenziell erscheint es geboten, das Schmerzengeld nicht zu knapp zu bemessen (RS0031075 [T4, T10]; RS0031040 [T5]), wobei allein aufgrund der inflationsbedingten Geldentwertung die Zuerkennung von im Vergleich zu früheren Schmerzengeldzusprüchen höheren Beträgen gerechtfertigt ist (vgl RS0031075 [T10]). Die Beurteilung der Höhe des angemessenen Schmerzengeldes ist eine Frage des Einzelfalls, die in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO begründet. Anderes gilt nur im Fall einer eklatanten Fehlbemessung, die völlig aus dem Rahmen der oberstgerichtlichen Rechtsprechung fällt (RS0042887 [T10], RS0031075 [T7]). Eine eklatante Fehlbemessung durch das Berufungsgericht vermögen die Beklagten nicht aufzuzeigen:

[3] 3. Der im Unfallzeitpunkt 37-jährige Kläger erlitt einen Rippenserienbruch III bis X mit Blutgasbrust links, einen traumatischen Milzriss, einen traumatischen Leberriss, einen Nierenriss links, eine Quetschung der Bauchspeicheldrüse mit Einblutung hinter das Bauchfell, mehrfache Darmeinrisse im Dick- und Dünndarmbereich, einen Beckenringbruch mit Schambeinfugenabsprengung und Sprengung des linken Kreuz-Darmbeingelenkes sowie einen Bruch der linken Seitenmasse des Kreuzbeins und eine Schulterprellung links. In weiterer Folge kam es zur Entfernung der Milz und Gallenblase und fast 10 Jahre nach dem Unfall zur Implantierung eines Netzes im Bauchraum. Unter Einbeziehung einer mehrjährigen unfallbedingten Anpassungsstörung musste der Kläger gerafft und komprimiert auf den 24-Stunden-Tag insgesamt 56 Tage starke, 124 Tage mittelstarke und 420 Tage leichte Schmerzen ertragen.

[4] Das Berufungsgericht hat nach Auseinandersetzung mit fünf als ungefähr vergleichbar erachteten Entscheidungen unter besonderer Berücksichtigung des zweifachen Organverlusts ein Schmerzengeld von 110.000 EUR als (noch) angemessen angesehen.

[5] Die Beklagten weisen in der außerordentlichen Revision auf vier andere Entscheidungen von Berufungsgerichten hin, die die Zuerkennung eines Schmerzengeldes von (nur) 70.000 EUR als angemessen erscheinen ließen. Damit gelingt es ihnen aber schon deswegen nicht, eine Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht aufzuzeigen, weil sie jede Auseinandersetzung mit den vom Berufungsgericht für vergleichbar gehaltenen Entscheidungen unterlassen (vgl 1 Ob 31/20w Punkt I.2.).

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