1Ob163/22k – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragsteller 1. A*, und 2. M*, gegen die Antragsgegnerin D*, vertreten durch Dr. Andrea Müller, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterhalt, über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 5. Juli 2022, GZ 42 R 91/22a-30, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Meidling vom 28. Jänner 2022, GZ 27 Fam 31/21y 19, teilweise abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
[1] Das Erstgericht verpflichtete die Antragsgegnerin, ihren beiden bereits volljährigen Kindern ab 1. 6. 2022 einen laufenden monatlichen Unterhalt von jeweils 383 EUR, der Erstantragstellerin für die Zeit vom 1. 9. 2021 bis 31. 5. 2022 einen laufenden monatlichen Unterhalt von 422 EUR und für die Zeit vom 1. 11. 2018 bis 31. 8. 2022 einen Unterhaltsrückstand von insgesamt 2.044 EUR sowie dem Zweitantragsteller für die Zeit vom 1. 11. 2018 bis 31. 8. 2021 einen Unterhaltsrückstand von insgesamt 2.044 EUR zu zahlen. Das Mehrbegehren der Antragsteller wies es ab.
[2] In ihrem dagegen erhobenen Rekurs begehrte die Erstantragstellerin, ihr einen Unterhaltsrückstand von insgesamt 3.626 EUR für die Zeit vom 1. 11. 2018 bis 31. 5. 2022, und der Zweitantragsteller, ihm einen Unterhaltsrückstand von insgesamt 2.438 EUR für die Zeit vom 1. 11. 2018 bis 31. 8. 2021 zuzusprechen.
[3] Die Antragsgegnerin beantragte in ihrem Rekurs, den Beschluss des Erstgerichts, soweit nicht das Unterhaltsbegehren der Antragsteller abgewiesen wurde, aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen, hilfsweise das Unterhaltserhöhungsbegehren der Antragsteller wegen Eintritts der Selbsterhaltungsfähigkeit abzuweisen sowie der Antragsgegnerin die Möglichkeit einzuräumen, den Rückstand in monatlichen Raten zu zahlen .
[4] Das Rekursgericht gab d en Rekursen teilweise Folge. Es sprach der Erstantragstellerin ab 1. 9. 2021 einen laufenden Unterhalt von 410 EUR und für die Zeit vom 1. 11. 2018 bis 31. 1 . 2022 einen Unterhaltsrückstand von 2.980 EUR sowie dem Zweitantragsteller für die Zeit vom 1. 11. 2018 bis 31. 8 . 202 1 einen Unterhaltsrückstand von 2.380 EUR zu, wobei es der Antragsgegnerin die Möglichkeit einer Ratenzahlung des Unterhaltsrückstands gewährte. Das Unterhaltsmehrbegehren der Kinder wies es ab. Der ordentliche Revisionsrekurs sei mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 62 Abs 2 AußStrG nicht zulässig.
[5] Dagegen richtet sich das als „außerordentlicher“ Revisionsrekurs bezeichnete Rechtsmittel der Antragsgegnerin, welches das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof vorlegte.
Rechtliche Beurteilung
[6] Dies entspricht nicht dem Gesetz.
[7] 1. Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs – außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs – wie hier – für nicht zulässig erklärt hat. In einem solchen Fall kann eine Partei nur nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde. Diese Zulassungsvorstellung ist mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden.
[8] 2. Die Ermittlung des Werts des vom Rekursgericht behandelten Entscheidungsgegenstands richtet sich nach den allgemeinen Bewertungsvorschriften der JN. Er bestimmt sich beim Unterhalt nach § 58 Abs 1 JN mit dem 36 fachen des monatlichen Unterhalts. Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung nur auf jenen monatlichen Unterhaltsbetrag abzustellen, der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Rekursgerichts noch strittig war (laufender Unterhalt), während jene Unterhaltsansprüche, die vor diesem Zeitpunkt strittig waren bzw fällig wurden (rückständiger Unterhalt), nicht zusätzlich zu berücksichtigen sind (RS0122735 [insb T5, T8]; RS0114353). Der Wert des Entscheidungsgegenstands ist im Unterhaltsverfahren für jedes Kind einzeln zu beurteilen, eine Zusammenrechnung findet nicht statt (RS0112656; RS0017257).
[9] 3. D ie Antragsgegnerin bekämpfte in ihrem Rekurs auch die den Antragstellern zugesprochene Erhöhung des laufenden Unterhalts. Dabei handelte es sich (gegenüber dem mit Beschluss aus dem Jahr 2016 festgesetzten Unterhalt) in Ansehung der Erstantragstellerin um einen Betrag von 132 EUR (422 EUR statt 290 EUR) monatlich vom 1. 2. 2022 bis 31. 5. 2022 bzw 93 EUR (383 EUR statt 290 EUR) monatlich ab 1. 6. 2022 und in Ansehung des Zweitantragstellers um einen Betrag von 271 EUR (383 EUR statt 112 EUR) monatlich ab 1. 6. 2022. Davon ausgehend überschritt der Wert des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts nach der dargelegten Judikatur hinsichtlich keinem der beiden Antragsteller die Wertgrenze von 30.000 EUR . Daran würde sich auch nichts ändern, wenn die (im Rekursverfahren auch noch strittigen) Unterhaltsrückstände hinzuzurechnen wären. Ein „außerordentlicher“ Revisionsrekurs kommt damit nicht in Betracht. Das Erstgericht wird zu beurteilen haben, ob es die Eingabe de r Antragsgegnerin als mit einem ordentlichen Revisionsrekurs verbundene Zulassungsvorstellung gemäß § 63 AußStrG oder aber als verbesserungsbedürftig ansieht (RS0109505).