JudikaturOGH

3Ob133/22p – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. September 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei S*, vertreten durch Ing. Mag. Dr. Felix Jurak, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die verpflichtete Partei S*, vertreten durch Mag. Stephan Zinterhof, Rechtsanwalt in Wien, wegen 77.261 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 31. März 2022, GZ 1 R 10/22y 26, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß

§ 78 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1.1 Nach ständiger Rechtsprechung hat ein Rechtsmittel bis zur Widerlegung von Zweifeln die Vermutung der Rechtzeitigkeit für sich, ist also sachlich zu erledigen, solange nicht seine Verspätung eindeutig ausgewiesen ist. Die Ergebnislosigkeit von Erhebungen über die Rechtzeitigkeit im Sinn verbleibender Zweifel an der Verspätung wirkt somit zum Vorteil des Rechtsmittelwerbers (RS0006965 [insb T17]).

[2] 1.2 Der Revisionsrekurswerber behauptet selbst nicht, dass die Verpflichtete zum Zeitpunkt der Zustellung der erstinstanzlichen Bewilligung der Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung einen Wohnsitz im Inland gehabt hätte. Wenn er meint, die Verpflichtete habe – wie sich aus ihrer Berufung auf das offene Grundbuch in einer von ihr hinsichtlich dieser Liegenschaft eingebrachten Teilungsklage sowie dem Umstand ergebe, dass sie zu Gunsten ihres Ehegatten ein Belastungs und Veräußerungsverbot auf ihrem Liegenschaftsanteil eintragen habe lassen – bereits im Jahr 2020 Kenntnis von der Exekutionsbewilligung gehabt, übersieht er, dass selbst die (bloße) Akteneinsicht – und daher ebenso eine allfällige Kenntnis von einem Verfahren oder einer Entscheidung – die Zustellung nicht ersetzen kann (vgl RS0006064). Das Rekursgericht hat hier als bescheinigt angenommen, dass der Verpflichteten der Beschluss entgegen der Aktenlage, laut der die Empfängerin die Sendung persönlich behoben haben sollte, nicht tatsächlich zugekommen ist. An der Rechtzeitigkeit ihres Rekurses ist daher nicht zu zweifeln und die Entscheidung des Rekursgerichts insofern nicht zu beanstanden. Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zeigt der Revisionsrekurs in diesem Zusammenhang nicht auf.

[3] 2.1 Der den Exekutionstitel bildende Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Aachen stammt vom 11. November 2005, resultiert also aus einem vor dem 10. Jänner 2015 eingeleiteten Titelverfahren. Daher ist noch die EuGVVO 2000 anzuwenden (Art 66 Abs 1 EuGVVO 2012). Eine – wie der Revisionsrekurswerber meint – Aktenwidrigkeit oder Nichtigkeit der Entscheidung des Rekursgerichts ist in diesem Punkt nicht erkennbar. Ebenso wenig wird in diesem Zusammenhang eine erhebliche Rechtsfrage aufgeworfen. Entgegen der Ansicht des Betreibenden ist das Rekursgericht nicht von der Anwendbarkeit der EuVTVO ausgegangen.

[4] 2.2 Auf Basis eines Exekutionstitels, der noch im Anwendungsbereich der EuGVVO aF erging, kann in Österreich erst nach Vollstreckbarerklärung Exekution geführt werden. Aus § 2 Abs 2 EO aF ergibt sich nämlich im Umkehrschluss, dass Titel aus anderen Mitgliedstaaten, die einer Vollstreckbarerklärung bedürfen, inländischen Titeln nicht gleichgestellt sind (vgl 3 Ob 58/17a). Die Bescheinigungen nach den Art 54 und Art 58 EuGVVO können eine Vollstreckbarerklärung nicht ersetzen, weil diese Bestimmungen auf den Exekutionstitel nicht anwendbar sind. Auch in diesem Punkt ist die Entscheidung des Rekursgerichts damit nicht korrekturbedürftig.

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