3Ob93/22f – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers I*, vertreten durch Dr. Franz Benda, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Antragsgegner Bund (Republik Österreich), vertreten durch die Finanzprokuratur, *, wegen Feststellung gemäß § 85 GOG, über den Rekurs gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 7. April 2022, GZ 4 Nc 5/20a 54, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
[1] Der Antragsteller beantragte am 3. Jänner 2022 die Zustellung der Beschlüsse des Oberlandesgerichts Graz zu 4 Nc 5/20a 9 und zu 4 Nc 5/20a 11.
[2] Mit Beschluss vom 7. April 2022 wies das Oberlandesgericht den Antrag ab. Der Beschluss zu 4 Nc 5/20a 9 sei dem Antragsteller am 9. Juni 2020 und der Beschluss zu 4 Nc 5/20a 11 sei ihm am 25. Juni 2020 zugestellt worden. Für die neuerliche Zustellung dieser Beschlüsse (an den nun als Vertreter des Antragstellers bestellten Rechtsanwalt) finde sich keine rechtliche Grundlage.
[3] Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Antragstellers wegen „Verletzung grundsätzlicher Verfahrensvorschriften, Unwahrheit, Nichtigkeit, wesentlicher Verfahrensfehler, Aktenwidrigkeit, Rechtswidrigkeit seines Inhalts und unrichtiger rechtlicher Beurteilung bzw Mangelhaftigkeit des Verfahrens“ mit dem Antrag, (1) festzustellen, dass die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Graz zu 4 Nc 5/20a 9 und 4 Nc 5/20a 11 dem Antragsteller nicht wirksam zugestellt wurden, (2) den angefochtenen Beschluss aufzuheben und (3) die wirksame Zustellung der Entscheidung 4 Nc 5/20a 9 und 4 Nc 5/20a 11 „an den Antragsteller zu eigenen Handen“ zu verfügen.
Rechtliche Beurteilung
[4] Der Rekurs ist zulässig, er ist aber nicht berechtigt.
[5] 1.1 Das Oberlandesgericht Graz hat als Erstgericht entschieden; der Beschluss ist daher mit Rekurs an den Obersten Gerichtshof anfechtbar.
[6] 1.2 Die im Rechtsmittel allenfalls enthaltene Ablehnung und auch die als „Ablehnungsantrag“ überschriebene Eingabe des Antragstellers vom 31. Juli 2022 stehen der Entscheidung über den Rekurs nicht entgegen, denn der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach klargestellt, dass eine sofortige Entscheidung über ein Rechtsmittel auch dann zulässig ist, wenn ein Ablehnungsantrag gestellt wird, der keine konkreten Befangenheitsgründe anführt oder offenkundig rechtsmissbräuchlich ist (vgl RS0042028 [T18, T24]; zuletzt 1 Ob 78/21h). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Das Vorbringen des Antragstellers in dieser Eingabe beschränkt sich darauf, die „involvierten Richter/Richterinnen des Oberlandesgerichts Graz und involvierte Richter des Obersten Gerichtshofs“ mit der Begründung abzulehnen, dass ihm der Exekutionstitel, aufgrund dessen der Antragsgegnerin die Fahrnis und Gehaltsexekution gegen ihn bewilligt worden sei, nicht wirksam zugestellt worden sei. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 2 Nc 41/20g vom 12. Jänner 2021, mit der sein Ablehnungsantrag vom 6. Dezember 2020 zurückgewiesen wurde, sei „erneut zu bewerten“. Es sei eine „auffallende einseitige Verhandlungsführung“ durch „involvierte Richterinnen/Richter des Oberlandesgerichts Graz und des Obersten Gerichtshofs gegeben, die „beharrlich das gesetzliche Erfordernis auf Überprüfung des Zustellnachweises nach § 22 Abs 1 ZustG“ missachteten. Damit führt der Antragsteller keine konkreten Befangenheitsgründe gegen bestimmte Entscheidungsorgane ins Treffen. Einen früheren Ablehnungsantrag des Antragstellers gegen sämtliche Richter des Oberlandesgerichts Graz hat der Oberste Gerichtshof bereits am 29. Jänner 2021 zu 6 Nc 2/21b zurückgewiesen (ON 30). Überdies lässt der Antragsteller außer Acht, dass das Verfahren über seinen Antrag auf Feststellung gemäß § 85 GOG seit der wirksamen, eigenhändigen Zustellung der Entscheidung zu 6 Ob 172/20t vom 16. September 2020 am 23. November 2020 (ON 22), gegen die kein Rechtsmittel mehr zulässig ist, rechtskräftig beendet ist. Daher könnte eine auf Befangenheitsgründe gestützte Ablehnung auch aus diesem Grund nicht mehr wahrgenommen werden (vgl RS0046032; RS0045978; so auch bereits 2 Nc 41/20g). Der (neuerliche) Ablehnungsantrag ist damit offenkundig rechtsmissbräuchlich und steht der Entscheidung über das Rechtsmittel nicht im Weg. Eine Äußerungsmöglichkeit dazu war dem Antragsgegner nicht einzuräumen (vgl RS0126587).
[7] 2. Nach der Aktenlage erhielt der Antragsteller den Beschluss des Erstgerichts vom 3. Juni 2020, 4 Nc 5/20a 9 , mit dem er (ua) zum Kostenersatz an den Antragsgegner verpflichtet wurde, am 9. Juni 2020 eigenhändig zugestellt. Auf dem Zustellnachweis ist als „GZ 4 Nc 5/20a 3“ angeführt, und damit die richtige Geschäftszahl, nur nicht die richtige Ordnungsnummer (9). Den gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs des Antragstellers, in dessen Beilagen der Antragsteller (nochmals) die Beschlusszustellung („Eingang 9. 6. 20“, AS 221) handschriftlich dokumentierte, wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 16. September 2020 zu 6 Ob 172/20t zurück; dieser Beschluss wurde dem Antragsteller am 23. November 2020 eigenhändig zugestellt.
[8] Den Beschluss des Oberlandegerichts Graz vom 19. Juni 2020, 4 Nc 5/20a 11 , mit dem der Rekurs des Antragstellers zur Verbesserung durch Beibringung der Unterschrift eines Rechtsanwalts zurückgestellt wurde, übernahm der Antragsteller eigenhändig am 25. Juni 2020. Eine „GZ“ ist im Zustellnachweis dazu zwar nicht angeführt, in der Kopfzeile des Ausdrucks findet sich aber wieder die Geschäftszahl 4 Nc 5/20a 3, also eine frühere Ordnungsnummer, richtig wäre 11 statt 3 gewesen. Der Antragsteller kam dem Verbesserungsauftrag nicht nach; er erhob mehrere Ablehnungs und Fristsetzungsanträge.
[9] 3. Für die vom Antragsteller begehrte, neuerliche Zustellung der beiden Beschlüsse vom 3. Juni 2020, 4 Nc 5/20a 9, und vom 19. Juni 2020, 4 Nc 5/20a 11, die dem Antragsteller jeweils eigenhändig zugestellt wurden und inzwischen rechtskräftig sind, besteht kein Anlass und keine Rechtsgrundlage. Weder ist – wie im Rechtsmittel behauptet – eine Verletzung des rechtlichen Gehörs erkennbar, noch gibt es „Zweifel“ an der wirksamen Zustellung, die der Antragsteller bestreitet, um eine in Wahrheit neuerliche Zustellung zu erwirken.
[10] 4. Dem Rekurs, der im Übrigen zu den anderen eingangs genannten Rechtsmittelgründen keine Ausführungen enthält, ist daher nicht Folge zu geben.