JudikaturOGH

3Ob73/22i – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. September 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei S*, vertreten durch Ing. Mag. Dr. Felix Jurak, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die verpflichtete Partei St*, vertreten durch Mag. Stephan Zinterhof, Rechtsanwalt in Wien, wegen 56.742,27 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 11. März 2022, GZ 1 R 36/22x 27, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 22. Juli 2009, GZ 7 E 110/09v 2, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs gegen die Entscheidung des Rekursgerichts betreffend die Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Landgerichts Aachen zu 1 O 645/04 vom 5. Jänner 2006 über 5.065,95 EUR sA und vom 21. August 2007 über 20.502,27 EUR sA wird Folge gegeben und die Exekutionsbewilligung des Erstgerichts einschließlich der Kostenentscheidung mit der Maßgabe wiederhergestellt, dass die Zinsenstaffel in Punkt 1.) b) lautet: „samt 6,17 % Zinsen von 2. Dezember bis 31. Dezember 2005, 6,37 % von 1. Jänner 2006 bis 30. Juni 2006, 6,95 % von 1. Juli 2006 bis 31. Dezember 2006, 7,70 % von 1. Jänner 2007 bis 30. Juni 2007, 8,19 % von 1. Juli 2007 bis 31. Dezember 2007, 8,32 % von 1. Jänner 2008 bis 30. Juni 2008, 8,19 % von 1. Juli 2008 bis 31. Dezember 2008 und 6,62 % seit 1. Jänner 2009“, und dass die Zinsenstaffel in Punkt 1.) c) lautet: „samt 7,70 % von 9. März 2007 bis 30. Juni 2007, 8,19 % von 1. Juli 2007 bis 31. Dezember 2007, 8,32 % von 1. Jänner 2008 bis 30. Juni 2008, 8,19 % von 1. Juli 2008 bis 31. Dezember 2008 und 6,62 % seit 1. Jänner 2009“.

Die Kosten der betreibenden Partei für den Revisionsrekurs werden mit 819,06 EUR (darin 36,51 EUR USt und 600 EUR Barauslagen) als weitere Exekutionskosten bestimmt.

Der Revisionsrekurs vom 29. August 2022 wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Am 30. Juni 2009 beantragte der Betreibende die Vollstreckbarerklärung der Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Landgerichts Aachen vom 30. März 2005 ( 31.174,05 EUR sA ), vom 5. Jänner 2006 ( 5.065,95 EUR sA ) und vom 21. August 2007 ( 20.502,27 EUR sA ), je zu 1 O 645/04, sowie zur Hereinbringung der zugrundeliegenden Forderungen die Bewilligung der Exekution durch bücherliche Einverleibung des vollstreckbaren Pfandrechts auf den der Verpflichteten gehörenden 3/8 tel Anteilen an der Liegenschaft EZ *. Er sei aufgrund der beigelegten Abtretungserklärungen Rechtsnachfolger der Titelgläubigerin, der * Bank *, und lege eine notariell beglaubigte Abtretungsvereinbarung vor.

[2] Das Erstgericht erklärte die deutschen Titel für in Österreich vollstreckbar und bewilligte dem Betreibenden zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderungen die Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung.

[3] Das Rekursgericht gab dem – nur gegen die Bewilligung der Exekution gerichteten – Rekurs der Verpflichteten Folge und wies den Exekutionsantrag ab.

[4] Gemäß § 9 EO müsse der die Exekution beantragende Zessionar die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des Forderungsübergangs durch Vorlage des entsprechend beglaubigten Zessionsvertrags nachweisen, aus dem sich der Rechtsgrund der Zession ergebe. Eine titellose Abtretung sei unwirksam und der auf eine solche Zession gestützte Exekutionsantrag sei ohne Verbesserungsverfahren abzuweisen.

[5] Gegen diese Entscheidung richtete sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Betreibenden wegen Nichtigkeit, Aktenwidrigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluss wegen Nichtigkeit aufzuheben, im stattgebenden Sinn abzuändern oder (hilfsweise) aufzuheben.

[6] Mit Beschluss vom 22. Juni 2022 entschied der Senat, dass der Revisionsrekurs hinsichtlich der Abweisung des Exekutionsantrags betreffend die Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Landgerichts Aachen zu 1 O 645/04 vom 5. Jänner 2006 über 5.065,95 EUR sA und vom 21. August 2007 über 20.502,27 EUR sA verfrüht vorgelegt worden sei.

[7] Das Rekursgericht erklärte daraufhin mit Beschluss vom 4. August 2022 den Revisionsrekurs hinsichtlich der Abweisung des Exekutionsantrags betreffend diese beiden Exekutionstitel nachträglich für zulässig.

Rechtliche Beurteilung

[8] Der Revisionsrekurs des Betreibenden ist – auch im Bezug auf die beiden nun gegenständlichen Exekutionstitel – berechtigt.

[9] 1. Der Beschluss des Erstgerichts über die Bewilligung der Exekution vom 22. Juli 2009 wurde dem Vertreter der Verpflichteten am 10. Dezember 2021 erstmals wirksam zugestellt; Rekurs dagegen wurde bereits am 2. Dezember 2021 erhoben und dieser ist damit jedenfalls rechtzeitig.

[10] 2.1 Wie bereits in der Entscheidung vom 22. Juni 2022 zu 3 Ob 73/22i ausgeführt, muss nach § 9 EO der Übergang des Anspruchs von der nach dem Exekutionstitel berechtigten Person auf den betreibenden Gläubiger im Exekutionsantrag durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden dargetan werden. Der betreibende Gläubiger muss die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des Forderungsübergangs auf die im § 9 EO geforderte Art nachweisen. Beantragt ein Zessionar des aus dem Exekutionstitel Berechtigten Bewilligung der Exekution, so ist zu prüfen, ob die Urkunde den Vorschriften des § 9 EO entspricht und nach ihrem Inhalt geeignet ist, die Übertragung der Forderung darzutun, nicht aber, ob dem Verpflichteten nach dem Verhältnis zum betreibenden Gläubiger Einwendungen zustehen könnten. Ob der konkret angegebene Rechtsgrund für die Zession zutrifft, ist nicht vom Exekutionsbewilligungsgericht zu prüfen (vgl RS0000299 [T1]). Das Bewilligungsgericht hat zu prüfen, ob der in der vorgelegten Urkunde bezeugte Vorgang nach materiellem Recht geeignet ist, den behaupteten Rechtsübergang zu bewirken (RS0000290 [T6]; Jakusch in Angst / Oberhammer , EO 3 § 9 Rz 2 mwN).

[11] 2.2 Die vom Betreibenden im Original vorgelegte, notariell beglaubigte „Abtretungsvereinbarung“ vom 21. November 2007/15. Februar 2008 bezieht sich auch auf die beiden Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Landgerichts Aachen zu 1 O 645/04 vom 5. Jänner 2006 über 5.065,95 EUR sA und vom 21. August 2007 über 20.502,27 EUR sA. Sie hält fest, dass die Zedentin, eine deutsche Bank, „sämtliche Ansprüche aus den vorgenannten Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Landgerichts Aachen unter Übergabe der jeweiligen vollstreckbaren Ausfertigung“ an den in Deutschland wohnhaften Betreibenden abtritt und dass dieser die „vorstehend erklärte Abtretung“ annimmt (Beilage ./A). Die Verpflichtete zog in ihrem – nur gegen die Exekutionsbewilligung erhobenen – Rekurs (ON 9) die Wirksamkeit dieser Abtretung nicht in Zweifel. Ihre Argumente richteten sich allein gegen die Bewilligung der Exekution im Umfang der Zinsen, die ihrer Ansicht nach nicht von den Exekutionstiteln gedeckt seien und „auch dem Bestimmtheitsgebot des Grundbuchsrechtes“ widersprächen.

[12] 2.3 Nach dem auf die Abtretungsvereinbarung anzuwendenden materiellen deutschen Recht ist die Abtretung als Verfügungsgeschäft ein abstrakter Vertrag, der keinen rechtsgeschäftlichen Bezug auf das ihm zugrundeliegende kausale Rechtsverhältnis hat; anderes gilt nur, wenn das Bestehen eines kausalen Abtretungsgrundes zur Bedingung der Wirksamkeit der Abtretung selbst gemacht wird ( Staudinger / Busche [2022] Einl zu §§ 398 ff BGB Rz 15 und Rz 20 je mwN und § 398 BGB Rz 2).

[13] 2.4 Die beantragte Exekution im Bezug auf die bereits rechtskräftig für vollstreckbar erklärten deutschen Exekutionstitel kann daher nicht mit der Begründung versagt werden, dass ein – nach österreichischem Recht für die Wirksamkeit einer Abtretung erforderlicher (vgl RS0032510) – Rechtsgrund aus der vorgelegten Vereinbarung nicht hervorgehe. Eine Unbestimmtheit steht der beantragten Bewilligung ebenfalls nicht entgegen, weil die vollstreckbaren Exekutionstitel jeweils auf Zinsen in Höhe von „5 % Punkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB“ lauten. Der Zinsenausspruch in der wiederhergestellten erstgerichtlichen Exekutionsbewilligung war nur insofern zu berichtigen, als dieser nur die dem Exekutionsantrag entsprechenden Zinsenstaffeln umfasst (und nicht jeweils für den ersten begehrten Zeitraum – erkennbar irrtümlich – die Zinsen doppelt zuerkennt).

[14] 3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 74, 78 Abs 1 EO iVm §§ 41, 50 ZPO. Die Höhe errechnete sich durch die Differenz zwischen dem Kostenbegehren im Revisionsrekurs und dem bereits in der Entscheidung vom 22. Juni 2022 zu 3 Ob 73/22i als weitere Exekutionskosten festgesetzten Betrag.

[15] 4. Der (neuerliche) Revisionsrekurs der Betreibenden ist zurückzuweisen, weil jeder Partei nur eine einzige Rechtsmittelschrift zusteht (RS0041666).

Rückverweise