2Nc38/22v – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Nowotny, Hon. Prof. PD Dr. Rassi, MMag. Sloboda und Dr. Kikinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L*, vertreten durch Mag. Wolfgang Steiner und Mag. Anton Hofstetter, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. A*, vertreten durch Dr. Borns Rechtsanwalts GmbH Co KG in Gänserndorf, und die Beitrittswerberin auf Seiten der beklagten Partei P*, vertreten durch Bischof Zorn + Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 172.800 EUR sA, über die Befangenheitsanzeige der * im Verfahren zu AZ *, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Es besteht ein zureichender Grund, die Unbefangenheit der * in der zu AZ * anhängigen Rechtssache in Zweifel zu ziehen.
Text
Begründung:
[1] Das im Spruch genannte Verfahren ist im * Senat des Obersten Gerichtshofs angefallen, dessen Mitglied * ist. Sie gibt bekannt, dass ihr Ehemann an der im Revisionsrekursverfahren angefochtenen Entscheidung des Rekursgerichts mitgewirkt habe. Es könnte daher ein Grund vorliegen, der bei objektiver Betrachtungsweise ihre Unbefangenheit bezweifeln lasse, auch wenn sie sich subjektiv nicht befangen fühle.
[2] Die Befangenheitsanzeige ist begründet :
Rechtliche Beurteilung
[3] 1. Nach § 19 Z 2 JN kann ein Richter abgelehnt werden, wenn ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Nach § 22 Abs 2 GOG haben Richter Gründe anzuzeigen, die ihre Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen geeignet sind; darüber ist nach § 22 Abs 3 GOG auch ohne Ablehnung durch eine Partei im Verfahren nach den §§ 23 bis 25 JN zu entscheiden.
[4] 2. Ein zureichender Grund, die Unbefangenheit eines Richters iSv § 19 Z 2 JN in Zweifel zu ziehen, liegt nach ständiger Rechtsprechung schon dann vor, wenn bei objektiver Betrachtungsweise der äußere Anschein der Voreingenommenheit – also der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche Motive (RS0045975) – entstehen könnte (RS0046052 [T2, T10]; RS0045949 [T2, T6]), dies auch dann, wenn der Richter tatsächlich (subjektiv) unbefangen sein sollte (RS0045949 [T5]). Dabei ist zur Wahrung des Vertrauens in die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Rechtsprechung ein strenger Maßstab anzuwenden (vgl RS0045949).
[5] 3. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der objektive Anschein der Befangenheit gegeben, weil ein Verfahrensbeteiligter den Eindruck gewinnen könnte, die Willensbildung der * könnte durch die Verfahrensbeteiligung ihres Ehemanns als Mitglied des Berufungssenats beeinflusst werden (2 Nc 35/20v mwN, 2 Nc 29/21v, 2 Ob 13/22t; vgl RS0046024 [T11, T12, T25, T27]).
[6] 4. Aus diesem Grund ist iSd § 19 Z 2 JN auszusprechen, dass ein zureichender Grund vorliegt, die Unbefangenheit der * in Zweifel zu ziehen. Das schließt ihre Mitwirkung an der Entscheidung in der im Spruch genannten Rechtssache aus.