11Os68/22t – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Juli 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Ristic, BA, als Schriftführerin in der Strafsache gegen * A* wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Geschworenengericht vom 6. Mai 2022, GZ 10 Hv 90/21w 61, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenenden Urteil wurde * A* des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt.
[2] Danach hat er am 17. Juli 2021 in G* * C* durch einen Stich mit einem 17,5 cm langen Messer von hinten in Richtung des Halses vorsätzlich zu töten versucht.
[3] Die Geschworenen haben die hiezu in Richtung des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB gestellte Hauptfrage bejaht.
[4] Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 6 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Rechtliche Beurteilung
[5] Gesetzeskonforme Ausführung einer Fragenrüge verlangt vom Beschwerdeführer die deutliche und bestimmte Bezeichnung einerseits der vermissten Frage, andererseits jenes Sachverhalts, auf den die Rechtsbegriffe der §§ 312 ff StPO abstellen, vorliegend somit eines die begehrte Eventual frage indizierenden Tatsachensubstrats (RIS-Justiz RS0117447; Ratz , WK-StPO § 345 Rz 23). Beruft sich die Rüge dabei auf in der Hauptverhandlung vorgekommene Beweisergebnisse, darf der Nachweis der Nichtigkeit nicht auf Grundlage isoliert herausgegriffener Teile derselben geführt werden, sondern ist das jeweilige Verfahrensergebnis in seiner Gesamtheit zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0120766).
[6] Unter Berufung auf Details aus der – seine polizeilichen Angaben (ON 2 S 71 ff) aufrecht haltenden (ON 38 S 12), zur Richtung des Stiches , abschwächenden (ON 2 S 77 „von oben gegen Rücken“) – ON 38 S 12 „Messer in Hüfthöhe“ – Schilderung eines der Zeugen ( der auch eine starke Alkoholisierung im zeitlichen Nahebereich der Tatbegehung sowie mehrfach fehlende Erinnerung deponierte – ON 38 S 12 ff ) und der Aussage des Angeklagten (ON 60 S 16 über Vorhalt der Aussage eines weiteren Zeugen [ON 60 S 14]), wonach er „nicht vorgehabt“ hätte, „jemanden zu ermorden“, reklamiert die Fragenrüge mit spekulativ beweiswürdigenden Überlegungen die Stellung einer Eventualfrage in Richtung des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung (§§ 15, 87 Abs 1 StGB).
[7] Weil der Angeklagte aber jeglichen Angriff auf das Opfer in Abrede gestellt hat (ON 38 S 4 „… fühle mich nicht schuldig …, … ich hatte kein Messer“ ON 60 S 3 „… hatte das Messer nicht in der Hand …“, „… habe diese Person gar nicht angegriffen ...“; ähnlich ON 60 S 17), scheidet seine Verantwortung ebenso wie die Aussage des ersterwähnten Zeugen (vgl etwa: ON 38 S 14) als beachtliches Indiz für einen den Gegenstand der Eventualfrage bildenden Sachverhalt aus (RIS-Justiz RS0132012, RS0132634, RS0100582; Lässig , WK-StPO § 314 Rz 2 f mwN; Ratz , WK StPO § 345 Rz 23 und 43).
[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung gemäß §§ 285d Abs 1, 344 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§ 285i, 344 StPO).
[9] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.