JudikaturOGH

4Nc21/22h – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. Juli 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Schwarzenbacher und die Hofrätin Mag. Istjan, LL.M., als weitere Richter in der beim Landesgericht St. Pölten zu AZ 4 Cg 157/19t anhängigen Rechtssache der klagenden Partei Mag. D* B*, vertreten durch Dr. Karl Claus Mag. Dieter Berthold Rechtsanwaltspartnerschaft KG in Mistelbach, gegen die beklagten Parteien 1. E* H*, und 2. H* H*, beide vertreten durch Mag. Friedrich Lugert, Rechtsanwalt in St. Pölten als Verfahrenshelfer, wegen Anfechtung (Streitwert 36.194,21 EUR), über den Delegierungsantrag der beklagten Parteien den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Delegierungsantrag wird abgewiesen.

Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 820,26 EUR (darin 136,71 EUR an USt) bestimmten Kosten ihrer Äußerung zum Delegierungsantrag zu ersetzen.

Text

Begründung:

[1] Der Kläger erhob eine in erster Instanz erfolgreiche Anfechtungsklage gemäß § 2 Z 1 AnfO.

[2] Die Beklagten erhoben gegen das stattgebende Urteil Berufung. Das Berufungsverfahren ist unterbrochen, weil die Beklagten während des Rechtsmittelverfahrens den Erstrichter als befangen ablehnten.

[3] Die Beklagten regten an, das Berufungsgericht solle eine Anzeige nach § 30 JN erstatten. Hilfsweise beantragen sie die Delegierung des Berufungsverfahrens an ein anderes Oberlandesgericht nach § 31 JN. Da das Berufungsgericht den Ablehnungsanträgen der Beklagten nicht stattgegeben habe, werde es voraussichtlich auch der Berufung der Beklagten nicht Folge geben. Daher könnten Richter dieses Gerichts „allein aus sachlichen Gründen gar nicht“ über die Berufung entscheiden.

[4] Der Kläger beantragt, den Antrag zurück- oder abzuweisen, weil darin keine Delegierungsgründe behauptet würden.

[5] Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt .

Rechtliche Beurteilung

[6] 1. Das Berufungsgericht teilte mit, dass es keinen Anlass zu einer Anzeige nach § 30 JN gebe, weil die Beklagten keine tauglichen Ablehnungsgründe vorbrächten.

[7] Damit ist nun über den nur hilfsweise gestellten Delegierungsantrag zu entscheiden.

[8] 2.1. Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Die Delegierung ist nur dann zweckmäßig, wenn die Rechtssache von einem anderen als dem zuständigen Gericht aller Voraussicht nach rascher und mit geringerem Kostenaufwand zu Ende geführt werden kann (RS0053169).

[9] Solche Gründe sind aus dem Antrag der Beklagten nicht ersichtlich.

[10] 2.2. Ein Delegierungsantrag nach § 31 JN kann nach ständiger Rechtsprechung insbesondere weder auf Gründe gestützt werden, die für eine Ablehnung von Richtern und anderen Gerichtsorganen in Betracht kommen (RS0046074), noch auf das Vorliegen von ungünstigen oder auch unrichtigen Entscheidungen oder auf (behauptete) Verfahrensverstöße des bisher zuständigen Gerichts (RS0114309). Der Delegierungsantrag dient nämlich – anders als ein Rechtsmittel gegen eine die Partei beschwerende Entscheidung – gerade nicht dazu, einen dem Antragsteller unliebsamen Verfahrensausgang zu korrigieren (vgl 3 Nc 21/20y ; 2 Nc 19/17t).

[11] Entgegen dem Antragsvorbringen hat die Präsidentin des Oberlandesgerichts Wien auch nicht die Stellung von Ablehnungs- oder Delegierungsanträgen „nahegelegt“, sondern lediglich abstrakt über die bestehende Rechtslage informiert.

[12] Der Vollständigkeit halber sei ergänzt, dass sich aus dem Vorbringen der Beklagten nicht einmal ableiten lässt, warum einzelne oder gar alle Richter des Berufungsgerichts befangen oder Entscheidungen in den diversen Ablehnungsverfahren inhaltlich unrichtig wären.

[13] 3. Die Kostenentscheidung in diesem Zwischenstreit gründet sich auf § 52 Abs 1 letzter Satz iVm § 41 Abs 1 ZPO (vgl RS0126588). Die Äußerung des Klägers ist nach der Generalklausel der TP 2 I lit e RATG zu honorieren (RS0036025 [T1, T6]).

Rückverweise