JudikaturOGH

9ObA53/22t – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. Juni 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als Vorsitzende, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Veronika Bogojevic (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. M* L*, vertreten durch Dr. Michael Nocker, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei J*, vertreten durch Mag. Daniel Kornfeind, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. Februar 2022, GZ 9 Ra 105/21h 23, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die ZPO kennt grundsätzlich keine stillschweigenden Prozesshandlungen und Entscheidungen (RS0036551). Ausnahmen sind nur anerkannt, wenn aus einem positiven Verhalten des Gerichts ganz unzweifelhaft sein Entscheidungswille hervorgeht (7 Ob 181/17v [Pkt 1.2. mwN).

[2] Ob die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zutreffend ist, dass im vorliegenden Fall keine Zweifel an dem Entscheidungswillen des Erstgerichts in Bezug auf die unterlassene Entscheidung über das Klagehauptbegehren (Pkt 1.) bestehen, sodass die Vorgangsweise des Berufungsgerichts, das Ersturteil in seinem Spruch um die Abweisung des Klagehauptbegehrens mittels „Maßgabeentscheidung“ zu ergänzen, mit dieser Rechtsprechung in Einklang steht, kann hier letztlich aber dahingestellt bleiben. Mit ihren weiteren Revisionsausführungen kann die Klägerin nämlich kein für sie günstigeres Ergebnis erzielen:

[3] 2. Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt schon deshalb nicht vor, weil das Berufungsgericht dem Erstgericht keinen – von der Beklagten in ihrer Berufung nicht gerügten – Verstoß gegen § 405 ZPO unterstellte, sondern die Entscheidung des Erstgerichts in einer Weise interpretierte (siehe oben), dass dieser kein Verfahrensmangel zugrunde lag.

[4] 3. Nach ständiger Rechtsprechung können die Parteien auch für ein auf bestimmte Zeit eingegangenes Arbeitsverhältnis die Möglichkeit einer Kündigung vereinbaren (RS0028428). Ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer in diesem Fall Anspruch auf Kündigungsentschädigung hat, hängt daher davon ab, inwieweit ihm bei ordnungsgemäßer Beendigung des Arbeitsverhältnisses vertragsmäßige Ansprüche auf das Entgelt zugestanden wären (9 ObA 135/18w [Pkt 3]).

[5] 4. Mit der Behauptung, das Berufungsgericht hätte bei Berechnung der Kündigungsentschädigung nicht von der im Arbeitsvertrag vereinbarten Kündigungsmöglichkeit ausgehen dürfen, zeigt die außerordentliche Revision der Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf. Dass diese Vereinbarung mangels übereinstimmender Willenserklärungen der Arbeitsvertragsparteien nicht rechtswirksam zustande gekommen wäre, hat die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren nicht behauptet.

[6] Mangels Geltendmachung einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Klägerin zurückzuweisen.

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