JudikaturOGH

3Ob101/22g – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Juni 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) A* B*, und 2) B* B*, ebendort, beide vertreten durch Vavrovsky Heine Marth Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei Univ. Prof. MMMag. DDDDr. D* K*, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung und Einwilligung in die Einverleibung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 7. April 2022, GZ 3 R 35/22w 40, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts, mit dem festgestellt wurde, dass der Beklagte als Grundstückseigentümer und seine Rechtsnachfolger nicht berechtigt sind, die Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens in der Breite von 5 m über bestimmte Grundstücke (Gst 1168/1 und 1170/2 GB * und Gst 386/1 GB *) auszuüben, jedoch berechtigt sind, diese Dienstbarkeit über die (neu gebildeten) Gst 1168/6 GB * und 386/9 GB * sowie über eine Teilfläche des Grundstücks 386/5 GB * auszuüben. Zudem wurde der Beklagte schuldig erkannt, in die Einverleibung der Löschung der eingetragenen Dienstbarkeiten bezogen auf die Gst 1168/1, 1170/2 und 386/1 einzuwilligen.

Rechtliche Beurteilung

[2] Mit der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision zeigt der Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage auf.

[3] 1.1 Nach ständiger Rechtsprechung folgt aus § 484 ABGB, dass sich der Dienstbarkeitsberechtigte auch bei gemessenen Servituten jene Einschränkungen des Belasteten gefallen lassen muss, die die Ausübung der Dienstbarkeit nicht ernstlich erschweren oder gefährden (RS0011740; 5 Ob 194/20w). Dieser Grundsatz gilt auch für die von der konkreten Lage und lokalen Besonderheit der betroffenen Örtlichkeit abhängige Frage, inwieweit der Servitutsbelastete berechtigt ist, den über sein Grundstück führenden Servitutsweg auch ohne – zumindest schlüssige – Zustimmung des Berechtigten (vgl 4 Ob 217/08b; 7 Ob 108/19m) an eine andere Stelle zu verlegen. Dies wird von der Rechtsprechung zugelassen, wenn der neue Weg dem Zweck der Dienstbarkeit vollkommen entspricht (2 Ob 7/17v). Unter bestimmten Voraussetzungen kommt ausnahmsweise auch die Verlegung eines Servitutswegs auf ein anderes Grundstück des Belasteten oder auf das Grundstück eines Dritten in Betracht (vgl 7 Ob 337/97b).

[4] 1.2 Mit Zustimmung des Servitutsberechtigten bestehen die dargelegten Beschränkungen für eine Änderung des Servitutsrechts grundsätzlich nicht. In einem solchen Fall ist die Verlegung eines Servitutswegs etwa auch unter Einbeziehung des öffentlichen Straßennetzes zulässig (vgl 10 Ob 14/17g).

[5] 1.3 Ist die Verlegung rechtswirksam erfolgt, so kann der Berechtigte sein Recht nicht mehr in der ursprünglichen Form, wie er dieses erworben hat, ausüben (vgl 10 Ob 38/15h).

[6] 2.1 Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht auf der wesentlichen Begründung, dass die Rechtsvorgänger des Beklagten der Verlegung des Servitutswegs in der konkreten Ausgestaltung in der Natur (zunächst nach dem Verlauf im Jahr 1981 und ab 1996 auf dem Güterweg) zumindest konkludent zugestimmt haben, weshalb im Einklang mit der Beurteilung des Erstgerichts von einer (einvernehmlichen) Änderung der gemessenen Servitut auszugehen sei. Dagegen führe der Beklagte in der Berufung auch nichts Wesentliches aus.

[7] Auch die außerordentliche Revision enthält dazu keine nachvollziehbaren Argumente, aus denen eine erhebliche Rechtsfrage abzuleiten wäre. Das Berufungsgericht hat sich – entgegen den Andeutungen in der außerordentlichen Revision – nicht auf „eine Verwirkung des Servitutsrechts durch Nichtausübung“ gestützt und die Zustimmung der Rechtsvorgänger des Beklagten zur Verlegung der Servitut auch nicht daraus abgeleitet, dass „die geringere Breite (als 5 m) nie beanstandet worden sei“. Dass die Rechtsvorgänger des Beklagten mit der Verlegung einverstanden waren, zeigt sich insbesondere auch darin, dass sie den für die Errichtung des Güterwegs erforderlichen Grundstücksabschreibungen ausdrücklich zustimmten.

[8] 2.2 Die inhaltlichen Erwägungen des Beklagten, insbesondere jene zur Bestandstärke der Servitut im Gegensatz zur Mitgliedschaft an der Bringungsgemeinschaft sowie zur Breite und Erhaltung des Servitutswegs, beziehen sich auf eine eigenmächtige Verlegung, wovon hier nach der Beurteilung des Berufungsgerichts nicht auszugehen ist. Im Übrigen ignoriert der Beklagte die Feststellungen, wonach das Gelände des Gst 1168/1 ein Befahren mit Fahrzeugen nicht mehr zulässt und der Güterweg rechtsbeständig auch zu privaten Zwecken und auch von Gästen und Besuchern befahren werden darf.

[9] 3. Dem Argument des Beklagten, dass der Grundbuchsstand – hinsichtlich der ihm von den Klägern zur Sicherstellung einer durchgehenden Wegbreite von 5 m eingeräumten Ersatzservitut an den neu abgeschriebenen Gst 1168/6 und 386/9 sowie an einer Teilfläche des Gst 386/5 – aufgrund seiner unerledigten Rekurse noch nicht rechtskräftig sei, hielt das Berufungsgericht entgegen, dass seine Rechtsposition dadurch nicht nachteilig berührt werde. Auch auf diese Beurteilung geht der Beklagte in der außerordentlichen Revision nicht näher ein, sondern wiederholt nur seinen Standpunkt, dass die Einverleibungsbeschlüsse nicht rechtskräftig seien und daher kein Rechtsschutzinteresse der Kläger bestehe.

[10] Mit den weiteren allgemein gehaltenen und seinen Prozessstandpunkt wiederholenden Ausführungen zeigt der Beklagte ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage auf. Auf die Begründung des Berufungsgerichts, warum ihm am parallel zum Güterweg verlaufenden Privatweg keine Dienstbarkeitsrechte zustehen, geht er nicht näher ein. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass aus dem Sachverhalt kein Verzicht auf die Löschungsberechtigung der Kläger ableitbar sei, sondern nur ein Versäumnis vorliege, ist keine vom Obersten Gerichtshof im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung.

[11] 4. Insgesamt gelingt es dem Beklagten mit seinen Ausführungen nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Die geltend gemachten Verfahrensmängel und sekundären Feststellungsmängel liegen nicht vor.

[12] Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.

Rückverweise