1Ob81/22a – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. HR Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Parzmayr und MMag. Sloboda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*, vertreten durch Dr. Charlotte Böhm, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Stadt *, vertreten durch die Rudeck-Schlager Rechtsanwalts KG, Wien, wegen 83.393,72 EUR sowie Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 9. März 2022, GZ 13 R 203/21z 56, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 29. Oktober 2021, GZ 26 Cg 12/19d 52, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Der Revisionswerber stellt die angezogenen Rechtsmittelgründe inhaltlich nicht getrennt dar, sodass Unklarheiten zu seinen Lasten gehen (RIS Justiz RS0041761). Er vermengt außerdem Ausführungen zum ersten medizinischen Eingriff (der Radiofrequenzablation) mit jenen zum zweiten Eingriff (der Fundoplicatio), was – da aus beiden Eingriffen eine Haftung der Beklagten abgeleitet wird – die Beurteilung des (teilweise auch sprachlich schwer verständlichen) Rechtsmittels ebenfalls erschwert.
[2] 2. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens sowie die behauptete Aktenwidrigkeit wurden geprüft; sie liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Fragen der Beweiswürdigung können weder unter dem Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit (vgl RS0117019) noch als behaupteter Mangel des Berufungsverfahrens (vgl RS0043150 [T8]) an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden.
[3] 3. Soweit der Revisionswerber auf Ergebnisse des Beweisverfahrens (etwa Zeugenaussagen oder das Sachverständigengutachten) Bezug nimmt, kommt dem keine Bedeutung zu, weil der Oberste Gerichtshof keine Tatsacheninstanz ist (etwa RS0042903 [T5]). Generell ist die Revision (dies betrifft vor allem die Ausführungen zur Verfahrensrüge) davon geprägt, dass erstinstanzliche Feststellungen negiert werden und dem Berufungsgericht andererseits unterstellt wird, es habe solche „nicht übernommen“. Tatsächlich beruht die Berufungsentscheidung auf dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt, ohne dass das Berufungsgericht davon abweichende oder ergänzende Feststellungen getroffen hätte.
[4] 4.1. In seiner Rechtsrüge stützt sich der Kläger – hinsichtlich beider medizinischer Eingriffe – nur mehr auf eine behauptete Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht, hingegen nicht mehr darauf, dass die Eingriffe – sowie die medizinische Nachversorgung und kontrolle – nicht lege artis erfolgt wären.
[5] 4.2. Zur behaupteten Aufklärungspflichtverletzung beschränkt sich die Revision im Wesentlichen auf eine allgemeine Darlegung der dazu in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze sowie auf die unsubstanziierte Behauptung, die Vorinstanzen seien von diesen abgewichen, womit keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt wird. Soweit die Rechtsrüge vom festgestellten Sachverhalt abweicht (etwa wenn behauptet wird, dass bestimmte Feststellungen „bei richtiger rechtlicher Beurteilung nicht getroffen werden hätten können“), ist sie nicht gesetzmäßig ausgeführt (RS0043603 [T2, T8]).
[6] 4.3. Zum ersten Eingriff (der Radiofrequenzablation) übergeht der Revisionswerber, dass die Vorinstanzen die Haftung der Beklagten deshalb verneinten, weil der Kläger sich dieser Behandlung auch bei entsprechender Risikoaufklärung unterzogen hätte, sodass es der (von den Vorinstanzen ohnehin angenommenen) Aufklärungspflichtverletzung an der erforderlichen Kausalität für die Zustimmung zum medizinischen Eingriff fehle (vgl RS0038485 [T2, T5]). Eine „überschießende“ Feststellung wurde insoweit nicht getroffen, wandte die Beklagte die fehlende Kausalität einer allfälligen Aufklärungspflichtverletzung doch ausdrücklich ein. Die rechtlichen Ausführungen des Revisionswerbers (in der Verfahrensrüge) zur Beweislast für die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung gehen ins Leere, weil dazu keine Negativfeststellung getroffen wurde (vgl RS0039872).
[7] 4.4. Zum zweiten Eingriff (der Fundoplicatio) ging das Erstgericht davon aus, dass der Kläger in dem von ihm unterschriebenen „Aufklärungsbogen“ auf die mit diesem Eingriff verbundenen Risiken hingewiesen und daher insoweit ausreichend aufgeklärt wurde. Lediglich auf Behandlungsalternativen sei er nicht (nachweislich) hingewiesen worden. Diese seien ihm aber ohnehin bekannt gewesen.
[8] Mit dieser Begründung setzte sich der Kläger in seiner Berufung nicht auseinander, was in dritter Instanz nicht nachgeholt werden kann (RS0043573 [insb T2, T29, T31, T33, T43]). Die Revision enthält dazu aber ohnehin keine substanziierten Ausführungen. Warum die Risikoaufklärung in Form des „Aufklärungsbogens“ – wobei der Kläger vom Arzt auch mündlich auf „die wesentlichen“ Komplikationen und Risiken hingewiesen wurde – unzureichend gewesen sein soll, wird nicht näher dargelegt; dass dieses „Formular“ nicht mit dem Kläger durchbesprochen worden wäre, behauptet er in der Revision nicht. Es kann den Revisionsausführungen auch nicht entnommen werden, warum es für die Erfüllung der Aufklärungspflicht eine Rolle spielen sollte, durch welchen der Beklagten zuzurechnenden Arzt die Aufklärung über die mit dem medizinischen Eingriff verbundenen Risiken erfolgte.
[9] 5. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).