Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 1. Juni 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden, die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als Richterin sowie die Rechtsanwälte Univ. Prof. Dr. Harrer und Dr. Pressl als Anwaltsrichter in der Disziplinarsache gegen *, Rechtsanwältin in *, wegen vorläufiger Untersagung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft über die Beschwerde der Beschuldigten gegen den Beschluss des Disziplinarrats der * Rechtsanwaltskammer vom 29. September 2021, GZ Disz/34 21 6, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019) den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Beschluss untersagte der Disziplinarrat der * Rechtsanwaltskammer der Beschuldigten bis zur rechtskräftigen Abweisung des zu AZ 44 Se 127/21g des Landesgerichts Salzburg anhängigen Antrags auf Eröffnung des Konkurses, längstens jedoch für die Dauer von sechs Monaten, vorläufig die Ausübung der Rechtsanwaltschaft.
[2] Vorweg ist festzuhalten, dass die – aufgrund der Rechtskraft des den Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Beschuldigten abweisenden Beschlusses des Landesgerichts Salzburg vom 18. November 2021, GZ 44 Se 127/21g 23 – zwischenzeitlich eingetretene Wirkungslosigkeit des angefochtenen Beschlusses (ON 14 und 17 bis 20) keine Auswirkung auf die Zulässigkeit der Beschwerde hat, weil diesbezüglich auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung durch den Disziplinarrat abzustellen ist (28 Ds 7/19x, RIS Justiz RS0131252 [T2]).
[3] In der Sache geht die Beschwerde jedoch fehl:
[4] Ausgehend von der Annahme einer bestehenden Gefahr im Verzug (BS 5) entspricht die Vorgangsweise, die in § 19 Abs 2 erster Satz DSt vorgesehene Gelegenheit zur Stellungnahme (erst) nach der Beschlussfassung einzuräumen und diese im Rahmen der Überprüfung der einstweiligen Maßnahme zu berücksichtigen (ON 7 bis 9 und 11), dem Gesetz (§ 19 Abs 2 zweiter Satz und Abs 4 erster Satz DSt).
[5] Gemäß § 19 Abs 1 Z 4 DSt kann der Disziplinarrat eine einstweilige Maßnahme beschließen, wenn gegen (hier) die Rechtsanwältin ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt wird und die einstweilige Maßnahme mit Rücksicht auf die Art und das Gewicht des der Rechtsanwältin zur Last gelegten Disziplinarvergehens wegen zu besorgender schwerer Nachteile, besonders für die Interessen der rechtsuchenden Bevölkerung oder das Ansehen des Standes, erforderlich ist.
[6] Der angefochtene Beschluss setzte sich mit diesen Voraussetzungen hinreichend auseinander, indem er neben dem gegen die Beschuldigte gerichteten Antrag auf Eröffnung des Konkurses sowohl die gegen diese anhängigen straf , disziplinar und exekutionsrechtlichen Verfahren als auch die hieraus im Zusammenhalt mit der aus den Verfahrensergebnissen resultierenden prekären finanziellen Situation der Beschuldigten zu besorgenden Nachteile für die rechtsuchende Bevölkerung erörterte und all dies gegen den vorgenommenen Eingriff in das Recht auf Berufsausübung abwog (vgl RIS Justiz RS0117087). Der Beschwerdevorwurf, der Disziplinarrat habe die Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Maßnahme (§ 19 Abs 3 Z 1 lit d DSt) nicht geprüft, ist somit unberechtigt.
[7] Da die Beschwerde auch keine Bedenken gegen die Würdigung der angesprochenen Verfahrensergebnisse aufzuzeigen vermag, war ihr insgesamt nicht Folge zu geben.
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