JudikaturOGH

2Ob66/22b – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. Mai 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende, den Senatspräsidenten Dr. Musger sowie die Hofräte Dr. Nowotny, MMag. Sloboda und Dr. Kikinger als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1. B*, und 2. U*, beide vertreten durch MMag. Johannes Pfeifer, Rechtsanwalt in Liezen, gegen die beklagte Partei R*, vertreten durch Mag. Gerhard Posch, Rechtsanwalt in Micheldorf, wegen Auskunftserteilung (Streitwert 5.000 EUR je klagender Partei) und Zahlung von 20.000 EUR sA je klagender Partei, über die Revision der klagenden Parteien (Revisionsinteresse 17.806,46 EUR sA je klagender Partei) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 12. Jänner 2022, GZ 6 R 166/21f 39, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichts Steyr vom 30. August 2021, GZ 9 Cg 48/19g 29, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit 2.417,33 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten 402,89 EUR USt) binnen 14 Tagen zu gleichen Teilen zu ersetzen.

Text

Begründung:

[1] Die Klägerinnen sind pflichtteilsberechtigte Enkelinnen des 2018 verstorbenen Erblassers; die Beklagte ist als dessen Tochter (und Tante der Klägerinnen) eingeantwortete (testamentarische) Alleinerbin. Sie war von 2011 bis zu dessen Tod Sachwalterin des Erblassers und verwaltete dessen Einkommen und Vermögen. Eine verlasszugehörige bebaute Liegenschaft weist zum Todestag des Erblassers einen Verkehrswert von 100.000 EUR auf.

[2] Die Klägerinnen erheben ein Auskunfts sowie ein Zahlungsbegehren über jeweils 20.000 EUR sA. Das Zahlungsbegehren stützen sie primär darauf, dass sich die von der Beklagten vorprozessual geleistete Zahlung nicht am wahren Wert der Liegenschaft von zumindest 202.451,68 EUR orientiert habe. In eventu berufen sie sich auf ihnen zustehende Schadenersatzansprüche, weil die Beklagte als Sachwalterin des Erblassers „Malversationen“ zu verantworten habe, weshalb sie auch erbunwürdig sei.

[3] Die Vorinstanzen gaben dem Zahlungsbegehren im Umfang von 7.193,54 EUR sA unbekämpft statt und wiesen das darüber hinaus gehende Klagebegehren ab.

[4] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision nachträglich mit der Begründung zu, dass den Klägerinnen im Sinn einer Drittschadensliquidation nach den Grundsätzen der Entscheidung 2 Ob 124/17z dem Grunde nach doch ein Schadenersatzanspruch zustehen könnte. Außerdem könne es sich bei der Einschätzung des Berufungsgerichts, dass die Klägerinnen in erster Instanz den Umfang des Verlassenschaftsvermögens gar nicht bestritten hätten, um ein „Missverständnis“ handeln.

[5] Die Revision der Klägerinnen strebt eine Abänderung des Urteils im Sinn einer gänzlichen Stattgebung der Klage an; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[6] Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision nicht zulässig , weil keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO zu beantworten ist.

Rechtliche Beurteilung

[7] 1. Die behaupteten Verfahrensmängel des Berufungsverfahrens wurden vom Obersten Gerichtshof geprüft; sie liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

[8] 2. Soweit die Klägerinnen ihr Zahlungsbegehren „als Eventualbegründung“ auf Schadenersatz stützen, zeigen sie schon deswegen keine aufzugreifende Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen auf, weil ein solcher Anspruch schon daran scheitern muss, dass sie kein schlüssiges Vorbringen zur Schadenshöhe erstattet haben und auch in der Revision nicht darlegen, aufgrund welcher konkret rechtswidrigen Handlungen der Beklagten ihnen in welcher Höhe ein Schaden entstanden sein sollte. Auf diese Unschlüssigkeit hat bereits das Berufungsgericht ausdrücklich hingewiesen; eine gesetzmäßig ausgeführte Mängelrüge (zu den Anforderungen: RS0120056 [T2, T8, T12]), in der das Vorliegen einer unzulässigen Überraschungsentscheidung releviert würde, enthält die Revision nicht.

[9] 3. Den Ausführungen zur Erbunwürdigkeit fehlt es an Entscheidungsrelevanz, hat doch bereits das Erstgericht – in der Revision unbeanstandet – darauf hingewiesen, dass die Klägerinnen trotz ihres Vorbringens zur Erbunwürdigkeit der Beklagten kein damit korrespondierendes – etwa auf Herausgabe (von Teilen) der Verlassenschaft im Sinn einer Erbschaftsklage (vgl RS0008387) gerichtetes – Klagebegehren erhoben haben.

[10] 4. Mit ihrem Auskunftsbegehren fordern die Klägerinnen einerseits Rechnungslegung über sämtliche Verfügungen, die die Beklagte als Sachwalterin des Erblassers zwischen 2011 und dessen Tod vorgenommen habe. Mit der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen, dass ihnen weder nach dem Gesetz noch nach der Rechtsprechung ein solcher Auskunftsanspruch zukomme, setzen sich die Klägerinnen in der Revision bloß unter nicht konkretisiertem Hinweis auf die Unrichtigkeit dieser Rechtsansicht (vgl RS0041719) auseinander, sodass es ihnen nicht gelingt, in diesem Zusammenhang eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen.

[11] Andererseits begehren sie erkennbar Auskunft über den Stand des Verlassenschaftsvermögens im Zeitpunkt des Todes des Erblassers „einschließlich der bei Berechnung des Pflichtteils […] diesem Vermögen zuzuzählenden Schenkungen“. Vom Vorliegen von Schenkungen des Erblassers an Dritte gehen die Klägerinnen in der Revision ausdrücklich nicht mehr aus, Schenkungen des Erblassers an die Beklagte behaupten sie ebenfalls nicht mehr. Aber auch einen Auskunftsanspruch auf Angabe des Verlassenschaftsvermögens gemäß Art XLII Abs 1 erster Fall EGZPO (vgl dazu 2 Ob 142/19z) relevieren sie in der Revision nicht (mehr).

[12] Ihre Ausführungen zum Auskunftsanspruch erschöpfen sich vielmehr in der Behauptung, ihnen stehe ein Auskunftsanspruch nach Art XLII Abs 1 zweiter Fall EGZPO zu. Damit gelingt es ihnen schon deswegen nicht, eine erhebliche Rechtsfrage zur Darstellung zu bringen, weil sie ihren in erster Instanz noch auf Art XLII Abs 1 zweiter Fall EGZPO gestützten Auskunftsanspruch in ihrer Berufung nicht weiter verfolgt haben (RS0043338 [T13]).

[13] 5. Die Revision war damit zurückzuweisen.

[14] 6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Der in erster Instanz ausgesprochene Kostenvorbehalt steht einer Kostenentscheidung im Zwischenstreit über die Zulässigkeit der Revision nicht entgegen (RS0129365 [T3]; 5 Ob 196/19p). Da die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung. Die Klägerinnen als formelle Streitgenossinnen haften für die Kosten im Verhältnis ihrer Beteiligung am Verfahren (RS0125635).

Rückverweise