1Ob73/22z – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Verfahrenshilfesache des Antragstellers A* W*, über dessen Rekurs gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 4. März 2022, AZ 14 R 173/21w, mit dem aus Anlass der Behandlung des gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten vom 7. Oktober 2021, GZ 4 Nc 6/21f 11, erhobenen Rekurses des Antragstellers über diesen eine Ordnungsstrafe verhängt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
[1] Mit dem angefochtenen Beschluss verhängte das Rekursgericht in Spruchpunkt 1. über den Antragsteller wegen beleidigender Äußerungen in seinem – gegen die Abweisung seines Verfahrenshilfeantrags gerichteten – Rekurs eine Ordnungsstrafe in Höhe von 100 EUR.
[2] Der dagegen erhobene Rekurs des Antragstellers ist zulässig (RIS Justiz RS0036270), aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
[3] § 86 ZPO ordnet an, dass gegen eine Partei, welche die dem Gericht schuldige Achtung durch beleidigende Ausfälle verletzt oder den Gegner, einen Vertreter, Bevollmächtigten, Zeugen oder Sachverständigen beleidigt, eine Ordnungsstrafe zu verhängen ist. Der Regelungszweck dieser Bestimmung liegt in der Wahrung einer sachlichen und unpersönlichen Ausdrucksweise (RS0036327 [T1, T3]). Selbst eine sachlich berechtigte Kritik – die hier allerdings nicht zu sehen ist – kann wegen ihrer beleidigenden und/oder ausfälligen Form die dem Gericht schuldige Achtung verletzen und eine Beleidigung im Sinn der genannten Bestimmung darstellen (RS0036308), wobei nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen ist, ob eine solche vorliegt (RS0036256; RS0036303).
[4] Der Antragsteller unterstellte in seinem Rekurs namentlich genannten Organen der Justiz und auch der Finanzprokuratur (als Vertreterin des Bundes) völlig unsubstantiiert strafbare Handlungen (zB „… der Finanzprokuratur für vorsätzlich verübte schwerste Verbrechen am Rekurswerber und seiner ganzen Familie, die von [Name eines Prokuraturanwalts] vorsätzlich vereitelt werden; … durch vorsätzliche Sachverhaltsverfälschung, Manipulation und mit Lug und Betrug abgewiesen wurde … . Die Gerichte und die Finanzprokuratur haften für die vorsätzlich gezielt herbeigeführten grob fahrlässigen Falschentscheidungen, anstatt die vorsätzlich gezielt verübten schweren Verbrechen einzugestehen und bereinigen, tun sie gerade so mit ihrer Kaltschnäuzigkeit, als ob es den Rekurswerber und seine Familie gar nicht gebe. So wird der konkrete Sachverhalt vorsätzlich manipuliert, verleugnet und vereitelt. Mit vorsätzlich rechtswidrig illegalem Einantwortungsbeschluss (erstellt von [Name eines Richters]) … . Das Landesgericht St. Pölten … die Verantwortlichen in ihren vorsätzlich verübten schweren Straftatbeständen und Verbrechen zu decken … . Es geht vor allem um die hochgradig kriminellen Falschentscheidungen, wo mit Lug und Betrug, vorsätzlicher Sachverhaltsverfälschung und Manipulation, vorsätzlicher Vereitelung von Recht und Gesetz mit vorsätzlicher Beweis und Urkundenunterdrückung geurteilt wurde; korrupte Richter [Name] spielte bei diesen vorsätzlichen Gaunermethoden mit … . Für solche kriminellen Gaunermethoden und vorsätzlichen Betrügereien brauchen wir keine Gerichte und skrupellose Richter; obendrein besitzt er dann noch dazu die freche Kaltschnäuzigkeit … . Dieser vorsätzlich massive Rechtsbruch und Betrug wurde von den Instanzgerichten vorsätzlich gezielt gedeckt … sowie von der korrupten massiv voreingenommenen Finanzprokuratur“ ).
[5] Diese gänzlich unangebrachten Herabwürdigungen und beleidigenden Ausfälle gegen die in den Anlassverfahren entscheidenden Gerichte, Organwalter und Prozessvertreter des Bundes sind – entgegen der vermutlichen Ansicht des Rekurswerbers, der allerdings nicht darlegt, warum der angefochtene Beschluss inhaltlich unrichtig sein sollte, – nicht mehr als sachlich berechtigte Kritik an der angefochtenen Entscheidung, sondern als Beleidigungen im Sinn des § 86 ZPO zu qualifizieren, sodass das Rekursgericht zu Recht eine Ordnungsstrafe – ohnehin im untersten Bereich des Strafrahmens (§ 220 Abs 1 ZPO) – verhängt hat.