JudikaturOGH

1Ob72/22b – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Mai 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*, vertreten durch Dr. Sven Rudolf Thorstensen, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei T* Limited, * Malta, *, vertreten durch die BRANDL TALOS Rechtsanwälte GmbH, Wien, wegen 15.428,40 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 10. Februar 2022, GZ 14 R 183/21s 35, mit dem das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 27. September 2021, GZ 6 Cg 2/21k 28, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.017,90 EUR (darin 169,65 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

[1] Der Kläger erlitt bei von der Beklagten – einem maltesischen Unternehmen ohne Konzession nach dem österreichischen GSpG – über deren Website veranstalteten Online Pokerspielen zwischen 20. 7. 2009 und 2. 6. 2019 Verluste in Höhe des eingeklagten Betrags.

[2] Die Vorinstanzen gaben dem (auch) auf Bereicherungsrecht gestützten Klagebegehren statt. Das österreichische Glücksspielmonopol sei nicht unionsrechtswidrig. Die Durchführung einer Ausspielung ohne Konzession sei damit verbotenes Glücksspiel, was die Möglichkeit zur bereicherungsrechtlichen Rückforderung erlittener Spielverluste eröffne. Die Passivlegitimation der Beklagten als Bereicherungsschuldnerin sei zu bejahen, weil sie die Ausspielung organisiert habe. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage der Passivlegitimation der Beklagten als Betreiberin von verbotenen Online-Pokerspielen noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung bestehe.

[3] Die dagegen erhobene Revision der Beklagten ist mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

[4] 1. Die Revisionswerberin argumentiert, dass der Oberste Gerichtshof noch nicht zur – vom Berufungsgericht unrichtig beantworteten – Frage Stellung genommen habe, wer beim Online Pokerspiel als Vertragspartner des Spielers und daher als Bereicherungsschuldner anzusehen sei.

[5] 2. Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Obersten Gerichtshof zu beurteilen (vgl RIS Justiz RS0112769 [T9]; RS0112921). Eine im Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels aufgeworfene erhebliche Rechtsfrage fällt weg, wenn sie durch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs bereits geklärt wurde (RS0112769 [T12]; RS0112921 [T5]).

[6] 3. Der Oberste Gerichtshof hat in der ebenfalls die beklagte Partei betreffenden Entscheidung vom 2. 2. 2022 zu 6 Ob 229/21a zu der von der Revisionswerberin aufgeworfenen Frage ausführlich Stellung genommen und diese zusammengefasst dahin beantwortet, dass sich die Passivlegitimation der Beklagten (und damit ihre Eigenschaft als Bereicherungsschuldnerin) schon daraus ergebe, dass sie als Spielorganisatorin Empfängerin der Leistung des Klägers gewesen sei. Die wiederkehrenden Geldüberweisungen des Klägers auf ein Konto der Beklagten hätten zu ihrer unmittelbaren Bereicherung geführt. Von einer (Vorab )Zahlung zur Abwicklung eines allfälligen, im Zeitpunkt der Einzahlung noch gar nicht abgeschlossenen Glücksvertrags mit einem künftigen Mitspieler könne keine Rede sein. Die Rolle der Beklagten gehe insofern über jene einer bloßen „Abwicklungstreuhänderin“ hinaus, als der Nutzer vorweg eine Einzahlung auf ein Konto der Beklagten tätigen müsse, um „Spielguthaben“ zu erwerben und in dessen Umfang an den von der Beklagten (rechtswidrig) angebotenen Online Glücksspielen teilnehmen zu können.

[7] 4. Der erkennende Senat schloss sich diesen Ausführungen bereits mehrfach an, zuletzt etwa in der Entscheidung 1 Ob 52/22m; ebenso der vierte Senat zu 4 Ob 229/21m sowie der zweite Senat zu 2 Ob 17/22x. Die Revision der Beklagten lässt keinen Grund erkennen, davon abzugehen.

[8] 5. Der Oberste Gerichtshof legte in seiner zu 6 Ob 229/21a ergangenen Entscheidung auch dar, dass dem auf Rückforderung erlittener Spielverluste gerichteten Klagebegehren aufgrund des rechtswidrigen (ohne Konzession nach dem GSpG erfolgten) Angebots der Glücksspiele auch insoweit Berechtigung zukomme, als dieses auf Schadenersatz gestützt wurde. Das Verhalten der Beklagten sei für den eingetretenen Schaden kausal gewesen, hätte doch der Kläger bei Unterbleiben des verbotenen Glücksspiels den Schaden nicht erlitten. Auch dieser Beurteilung hat sich der erkennende Senat bereits wiederholt angeschlossen (jüngst 1 Ob 52/22m mwN).

[9] 6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 und § 50 ZPO. Der Kläger hat auf die fehlende Zulässigkeit der Revision hingewiesen. Die Rechtsmittelbeantwortung ist allerdings richtigerweise nur auf einer Bemessungsgrundlage von 15.428,40 EUR (statt 15.947,10 EUR) zu honorieren.

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