11Os35/22i – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Mai 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Fischer als Schriftführerin in der Strafsache gegen * S* wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 24. September 2021, GZ 12 Hv 32/21f 158, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * S* des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB (I./), des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 „Abs 2 und“ (richtig nur Fabrizy , StGB 13 § 147 Rz 15) Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB (II./) sowie jeweils des Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1, Abs 4 erster Fall StGB idF BGBl I 2013/116 (III./1./ und 2./) und nach § 165 Abs 1, Abs 4 erster Fall StGB (idF BGBl I 2017/117 [siehe US 35]; III./3./ bis 6./) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er (soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz zusammengefasst wiedergegeben) in G* und andernorts
I./ sich von 2016 bis März 2018 gemeinsam mit mehr als 50 teils im Urteilsspruch namentlich genannten Mittätern als Mitglied an einer kriminellen Vereinigung, deren Mitglieder seit Ende 2016 gewerbsmäßig schwere Betrugshandlungen im Zusammenhang mit der Finanzierung und Übergabe von Leasingfahrzeugen mit jeweils demselben modus operandi verübten, beteiligt, indem er im Rahmen ihrer kriminellen Ausrichtung die zu II./ geschilderten Straftaten beging;
II./ Mittäter gewerbsmäßig und mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz dadurch, dass er als Auftraggeber und Vermittler fungierte, zum Teil die notwendigen Anzahlungen für die Fahrzeuge bereit stellte und sie zum Teil zu den Autohäusern begleitete sowie den Weitertransport und verkauf der Beute nach und in Spanien zusagte und organisierte, dazu bestimmt (§ 12 zweiter Fall StGB) oder sonst dazu beigetragen (§ 12 dritter Fall StGB), dass diese in einer Vielzahl im Urteilsspruch detailliert beschriebener Angriffe (II./1./ bis 12./) Verfügungsberechtigte einzeln angeführter Unternehmen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleiteten, die verschiedene kreditfinanzierende Bankinstitute in einem 300.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, indem sie unter Vortäuschung ihrer Rückzahlungsfähigkeit und willigkeit den Abschluss von Leasingverträgen und die Übergabe konkret bezeichneter Fahrzeuge mit einem 5.000 Euro jeweils übersteigenden Wert erwirkten, ohne die dafür anfallenden Kreditraten zu zahlen;
III./ Vermögensbestandteile, die aus einer mit mehr als einjährigen Freiheitsstrafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen, nämlich den unter II./ angeführten, jeweils für sich schweren Betrugshandlungen, herrührten, verborgen und ihre Herkunft verschleiert, indem er in Ansehung mehrerer dort ( II./2./, 4./, 5./, 6./, 9./ und 11./a./) beschriebener Fahrzeuge mit einem insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Wert im Rechtsverkehr über den Ursprung, das Eigentum und sonstige Rechte falsche Angaben machte, seine Verfügungsbefugnis vortäuschte, Scheinverträge abschloss sowie den Transport nach Spanien, die Vorführung bei der Zulassungsstelle, die Neuanmeldung und zum Teil den Weiterverkauf an Dritte organisierte oder selbst durchführte.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
[4] Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurde der Antrag auf Vernehmung des Zeugen * D* zum Beweis dafür, „weil diesem Zeugen Vorwürfe wie im gegenständlichen Verfahren vorgeworfen werden und er hier als Entlastungszeuge des Angeklagten geführt wird“, ohne Verletzung von Verteidigungsrechten abgewiesen (ON 157 S 14 f), weil nicht einmal das Beweisthema hinreichend konkretisiert wurde und das Begehren überdies nicht erkennen ließ, inwieweit die Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis („Entlastung“ des Angeklagten) überhaupt erwarten lasse (vgl aber RIS-Justiz RS0116503, RS0118319).
[5] Im Rechtsmittel nachgetragene Ausführungen zur Antragsfundierung sind prozessual verspätet und demnach unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099117, RS0099618; Ratz , WK StPO § 281 Rz 325).
[6] Die Geltendmachung materiell rechtlicher Nichtigkeit erfordert unbedingtes Festhalten am konstatierten Sachverhalt (RIS Justiz RS0099810; Ratz , WK StPO § 281 Rz 581). Daran scheitert die Rechtsrüge (Z 9 lit a), indem sie bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld Beweiswürdigungskritik übt und zu sämtlichen von den Schuldsprüchen I./ bis III./ (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) umfassten strafbaren Handlungen – die vom Erstgericht getroffenen Sachverhaltsannahmen (US 6 ff zu I./, US 8 ff zu II./ sowie US 15 ff zu III./) übergehend – die „Tatbestandsmäßigkeit des dem Angeklagten zum Vorwurf gemachten Vergehen[s]“ sowie die jeweils „vom Gesetz geforderten … Vorsätze“ als nicht festgestellt reklamiert oder bestreitet.
[7] Lediglich der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass mit Blick auf die zu III./ konstatierte Verschleierung der Herkunft von – aus im Inland begangenen (jeweils) schweren Betrugshandlungen (§ 165 Abs 5 Z 1 StGB) herrührenden – Fahrzeugen mit einem insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Wert (US 15 ff) dem Angeklagten insoweit (allein) das Verbrechen der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1 Z 2, Abs 4 erster Fall StGB idgF (BGBl I 2021/159) anzulasten wäre (§ 61 zweiter Satz StGB). D er Subsumtionsfehler gereicht dem Angeklagten weder per se noch in Ansehung der ohnehin zutreffenden Wertung des Zusammentreffens „von Verbrechen mit einem Vergehen“ als erschwerend (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB; US 37) zum Nachteil iSd § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO (vgl Ratz , WK StPO § 290 Rz 23; Höpfel in WK 2 StGB § 61 Rz 20; RIS Justiz RS0118870).
[8] In Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der dazu eingebrachten Äußerung der Verteidigung war die Nichtigkeitsbeschwerde daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
[9] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.