JudikaturOGH

1Ob70/22h – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. April 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Verfahrenshilfesache des Antragstellers D* P*, wegen Ablehnung, über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 16. März 2022, GZ 13 Nc 3/22x 3, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

[1] Der Antragsteller beantragte vor dem Landesgericht Salzburg die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Amtshaftungsklage gegen die Republik Österreich (Bund). Er wirft einem Bezirksgericht und dem Landesgericht Salzburg als Rechtsmittelgericht eine unvertretbare Rechtsansicht in einem Schadenersatzprozess vor. Gleichzeitig mit dem Verfahrenshilfeantrag erhob der Antragsteller einen „vorbeugenden Befangenheitsantrag“ gegen diverse Richter des Landesgerichts und lehnte auch drei namentlich genannte Richter des Senats 4 des Oberlandesgerichts Linz ab.

[2] Nachdem das Landesgericht Salzburg den Akt dem Oberlandesgericht Linz zur Entscheidung im Sinn des § 9 Abs 4 AHG vorgelegt hatte, weil der Antragsteller Ersatzansprüche auch aus einer Entscheidung dieses Landesgerichts ableite, erklärten die Mitglieder des Senats 4, der nach der Geschäftsverteilung des Oberlandesgerichts Linz zur Entscheidung darüber zuständig ist, nicht befangen zu sein.

[3] Mit dem angefochtenen Beschluss wies der Ablehnungssenat des Oberlandesgerichts Linz (als Erstgericht) den „Ablehnungsantrag“ zurück. Der Ablehnungswerber werfe den Mitgliedern des Senats 4 vor, seinem Rekurs in einer vorangegangenen Verfahrenshilfesache nicht Folge gegeben zu haben. Damit könne er keine ausreichenden Befangenheitsgründe darlegen, weil weder die (angebliche) Unrichtigkeit einer Gerichtsentscheidung noch die Vertretung einer bestimmten Rechtsmeinung als Ablehnungsgrund geltend gemacht werden könne. Soweit er den drei Richtern des Oberlandesgerichts Linz vorwerfe, Vorurteile gegen Personen mit psychischer Beeinträchtigung – wie ihn – zu hegen, vermögen seine pauschalen Behauptungen keine konkreten Umstände aufzuzeigen, die die Unbefangenheit der Richter in Zweifel zögen.

Rechtliche Beurteilung

[4] Der dagegen erhobene Rekurs des Antragstellers ist zulässig (§ 24 Abs 2 JN), aber nicht berechtigt.

[5] 1. In Ablehnungssachen richten sich das Rekursverfahren (soweit die §§ 19 bis 25 JN keine Sonderregeln enthalten) und die Frage, ob für die Erhebung eines Rechtsmittels Vertretungszwang besteht, nach den Vorschriften, die für das Hauptverfahren maßgeblich sind (RIS Justiz RS0006000; RS0035708 [T2]). Dem Ablehnungsverfahren liegt ein Verfahren über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zugrunde, weshalb der Rekurswerber im Ablehnungsverfahren im Sinn des § 72 Abs 3 ZPO keiner anwaltlichen Vertretung bedarf (vgl RS0035708 [T5]; RS0036113 [T2]).

[6] 2. Zur Frage der behaupteten Befangenheit ist dem Rekurswerber entgegenzuhalten, dass er die Ablehnung der drei Mitglieder des (insbesondere für die Entscheidung über die Delegierung im Sinn des § 9 Abs 4 AHG zuständigen) Senats 4 des Oberlandesgerichts Linz mit der behaupteten Unrichtigkeit einer früheren Rechtsmittelentscheidung begründete und sich auch seine Rechtsrüge im Wesentlichen auf diese Behauptung beschränkt. Weder die Unrichtigkeit einer Gerichtsentscheidung noch die Vertretung einer bestimmten Rechtsmeinung durch einen Richter könnte jedoch einen Ablehnungsgrund bilden. Meinungsverschiedenheiten in Rechtsfragen sind nicht im Ablehnungsverfahren auszutragen, das den Parteien nicht die Möglichkeit bieten soll, sich eines ihnen nicht genehmen Richters zu entledigen (RS0111290). Vermeintliche Entscheidungsfehler – noch dazu in einem anderen Verfahren – sind in der Regel kein Ablehnungsgrund. Es ist auch nicht Aufgabe des zur Beurteilung einer aus der Entscheidung eines Richters abgeleiteten Ablehnung berufenen gerichtlichen Organs, diese Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen (RS0046047; RS0111290 [T7]).

[7] Es mag zutreffen, dass der Rekurswerber die Abweisung seines Antrags im früheren Verfahrenshilfeverfahren als belastend und verstörend empfunden hat. Weder mit der seinerzeitigen Entscheidung noch aus behaupteten „historisch gewachsenen und institutionalisierten Vorurteilen“ „der Justiz im Allgemeinen“ gegenüber Personen mit psychischer Erkrankung vermag er aber konkrete Umstände aufzeigen, die geeignet wären, die Unbefangenheit der abgelehnten Richter in Zweifel zu ziehen.

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