JudikaturOGH

1Ob57/22x – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. April 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J*, vertreten durch Dr. Uwe Foidl, Rechtsanwalt in Fügen, gegen die beklagte Partei G*, vertreten durch Dr. Rainer Wechselberger, Rechtsanwalt in Mayrhofen, wegen Feststellung (Streitwert 33.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 23. Februar 2022, GZ 10 R 15/21p 78, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 28. Dezember 2020, GZ 41 Cg 96/19i 65, in der Hauptsache bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Mit der Behauptung, die wahre Grenze zwischen einem ihm und einem dem Beklagten gehörigen Almgrundstück werde durch einen in der Natur bestehenden Zaun markiert, der in einem vorgelegten Vermessungsplan durch die Verbindung einzeln angeführter Vermessungspunkte dargestellt wurde, begehrte der Kläger als Hauptbegehren die Feststellung, dass er Eigentümer einer bestimmten Grundstücksteilfläche sei.

[2] Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren statt, weil der Zaun nach den Feststellungen als Naturgrenze anzusehen sei. Im Übrigen wäre das Klagebegehren auch aus dem Rechtsgrund der Ersitzung berechtigt.

[3] Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten in der Hauptsache nicht Folge und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

[4] Die dagegen erhobene – mit einem Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO verbundene – ordentliche Revision des Beklagten ist angesichts des Bewertungsausspruchs des Berufungsgerichts in eine außerordentliche Revision umzudeuten (RIS Justiz RS0110049 [T20]).

[5] 1. Nach der Rechtsprechung bestimmt sich der eigentumsrechtliche Grenzverlauf eines – wie hier – nicht in den Grenzkataster eingetragenen Grundstücks nach der sogenannten Naturgrenze (RS0130738 [T1]; RS0011001 [T3]; 1 Ob 12/19z), wogegen die Mappendarstellung („Papiergrenze“) lediglich dazu dient, die Lage des Grundstücks zu veranschaulichen (RS0049554 [T1, T2]).

[6] 2.1 Mit der auf diese Rechtsprechung gestützten und vom Berufungsgericht gebilligten Beurteilung des Erstgerichts, dass der Zaun entlang der Naturgrenze zwischen den Grundstücken der Parteien verläuft, setzt sich der Beklagte im gesamten Rechtsmittelverfahren nicht weiter auseinander. Er meint bloß, die Vorinstanzen seien von einem Grenzverlauf im Sinn der Katastergrenzen ausgegangen, der vom Kläger selbst explizit bestritten worden sei.

[7] Tatsächlich hat sich der Kläger aber in drei Himmelsrichtungen sehr wohl auf die Katastergrenzen bezogen, um die Lage des von ihm beanspruchten Grundstücksteils zu verdeutlichen. Insoweit waren in diesem Verfahren – wie bereits das Berufungsgericht bemerkt hat – die Mappengrenzen als Verlauf der wahren Grenzen nicht strittig (zumal es sich um Grenzen zu Grundstücken Dritter handelt). Strittig war alleine die nach den Feststellungen von der Mappendarstellung abweichende (Natur-)Grenze zum Grundstück des Beklagten. Die Ausführungen des Beklagten sind vor diesem Hintergrund unverständlich.

[8] 2.2 Alle übrigen Argumente des Beklagten zielen darauf ab, dass die Vorinstanzen zu Unrecht die für eine Ersitzung erforderliche Gutgläubigkeit des Klägers bzw der Rechtsvorgänger des Klägers bejaht hätten. Damit zeigt der Revisionswerber aber schon deshalb keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung gemäß § 502 Abs 1 ZPO auf, weil er die – selbständig tragfähige – Hauptbegründung der Vorinstanzen unbekämpft lässt (vgl RS0118709 [T4]).

[9] 3. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 ZPO).

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