5Ob13/22f – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. M*, 2. D*, 3. M*, 4. C*, 5. M*, 6. C*, 7. N*, 8. W*, 9. S*, 10. G*, 11. I*, 12. B*, 13. R*, alle vertreten durch Dr. Michael Göbel Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die Antragsgegnerin R* GmbH, *, vertreten durch Dr. Alexander Rimser, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 25 Abs 1 Z 8a iVm §§ 17 ff HeizKG, infolge des außerordentlichen Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 15. Dezember 2021, GZ 38 R 269/21x 15, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Favoriten vom 27. August 2021, GZ 9 MSch 23/20p 12, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden an das Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
[1] Die Antragsteller sind bzw waren bei Antragstellung Miteigentümer einer Liegenschaft, auf der die Antragsgegnerin als Bauträgerin eine Wohnanlage errichtet hat. Auch die Antragsgegnerin ist Miteigentümerin. Für die Antragsteller ist die Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum an näher bezeichneten Wohnungen gemäß § 40 Abs 2 WEG 2002 angemerkt. Wohnungseigentum ist noch nicht begründet.
[2] Gegenstand des Verfahrens ist der zunächst von der Erstantragstellerin allein vor der Schlichtungsstelle gestellte Antrag auf inhaltliche Überprüfung der Heizkostenabrechnung des Jahres 2019, dem die weiteren Antragsteller beigetreten sind. Im Verfahren ist unter anderem die Frage strittig, ob die Antragsgegnerin Wärmeabgeberin iSd § 2 Z 3 HeizKG ist.
[3] Während die Schlichtungsstelle dies bejahte und in ihrer Entscheidung vom 12. 10. 2020 näher bezeichnete Unrichtigkeiten in der Wärmekostenabrechnung 2019 feststellte, wies das Erstgericht nach Anrufung des Gerichts durch die Antragsgegnerin den Antrag mangels deren Passivlegitimation ab.
[4] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 10.000 EUR übersteigend und ließ den Revisionsrekurs nicht zu.
[5] In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs streben die Antragsteller eine Abänderung dahin an, dass die Unrichtigkeit der Heizkostenabrechnung 2019 für die Liegenschaft festgestellt und die Antragsgegnerin zur Rückzahlung der sich daraus ergebenden Beträge verpflichtet werde. Hilfsweise stellen sie einen Aufhebungsantrag.
Rechtliche Beurteilung
[6] Der Oberste Gerichtshof kann derzeit noch nicht über den Revisionsrekurs entscheiden.
[7] 1. Vorauszuschicken ist, dass die Änderungen des HeizKG durch BGBl I 2021/101 aufgrund der Übergangsbestimmungen des § 29 Abs 1e HeizKG idF BGBl I 2021/101 hier noch nicht anzuwenden sind. Abzustellen ist vielmehr auf die Rechtslage des HeizKG idF vor Inkrafttreten der Novelle BGBl I 2021/101.
[8] 2.1. Gemäß § 25 Abs 2 HeizKG entscheidet (ua) in den Angelegenheiten des § 25 Abs 1 Z 8a HeizKG (Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der Abrechnung) das Gericht im Verfahren außer Streitsachen, wobei § 37 Abs 3 und 4 sowie §§ 39, 40 und 41 MRG sinngemäß anzuwenden sind. Dies betrifft somit auch § 37 Abs 3 Z 2 MRG, wonach in einem Verfahren, das von einem oder mehreren Hauptmietern des Hauses gegen den oder die Vermieter eingeleitet wird, der verfahrenseinleitende Antrag auch jenen anderen Hauptmietern des Hauses zuzustellen ist, deren Interessen durch eine stattgebende Entscheidung darüber unmittelbar berührt werden könnten, und die in § 37 Abs 3 Z 4 MRG vorgesehene Möglichkeit, die Zustellung an derartige andere Hauptmieter des Hauses durch Anschlag an einer für alle Hausbewohner deutlich sichtbaren Stelle des Hauses vorzunehmen.
[9] 2.2. Auch im Verfahren nach § 25 HeizKG richtet sich die Parteistellung nach den allgemeinen Regeln des außerstreitigen Verfahrens, sodass gemäß § 2 AußStrG Parteien aufgrund ihrer Bezeichnung als Antragsteller oder Antragsgegner (im formellen Sinn), aufgrund ihrer vom Verfahren geschützten Rechtsstellung (im materiellen Sinn) oder aber aufgrund gesetzlicher Anordnung zu berücksichtigen sind ( Kulhanek in GeKo Wohnrecht II § 25 HeizKG Rz 55). Damit kommt in die Abrechnung betreffenden Verfahren (wie nach § 25 Abs 1 Z 8a HeizKG) die Passivlegitimation jedenfalls dem abrechnungspflichtigen Wärmeabgeber zu (vgl RIS Justiz RS0111294; Kulhanek aaO Rz 61). Die übrigen Wärmeabnehmer, die nicht Antragsteller sind, sind als Parteien im materiellen Sinn beizuziehen ( Kulhanek aaO). Dabei ist auch auf § 14 Abs 2 HeizKG Bedacht zu nehme n, wonach im Fall eines Wechsels des Wärmeabnehmers oder des Wärmeabgebers nach Aufnahme des Betriebs der gemeinsamen Wärmeversorgungsanlage d ie neuen Wärmeabnehmer und Wärmeabgeber in die Rechte und Pflichten der bisher Berechtigten eintreten.
[10] 2.3. Die nach § 25 Abs 3 Satz 2 HeizKG einem Verfahren nach § 25 Abs 1 HeizKG von Amts wegen beizuziehenden Personen, nämlich der Verwalter des Gebäudes und der mit der Wärmeabrechnung beauftragte Unternehmer, haben an sich nur beratende Funktion und keine Parteistellung (RS0113451). Anderes gilt allerdings, wenn an der wärmeversorgten Liegenschaft bzw wirtschaftlichen Einheit Wohnungseigentum begründet ist; diesfalls kommt dem Verwalter in Verfahren nach § 25 Abs 1 Z 8 HeizKG nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 25 Abs 3 HeizKG Parteistellung zu. Der Fachsenat hat dazu bereits klargestellt, dass diese Parteistellung des Verwalters auch in einem Verfahren nach § 25 Abs 1 Z 8a HeizKG besteht, weil es für eine verfahrensrechtliche Differenzierung im Verhältnis zu einem Verfahren nach § 25 Abs 1 Z 8 leg cit keine sachliche Rechtfertigung gibt, sodass das Fehlen eines ausdrücklichen Verweises auf Z 8a in § 25 Abs 3 HeizKG letzter Satz auf ein redaktionelles Versehen zurückgeführt werden muss (5 Ob 6/17y).
[11] 2.4. Gemäß § 37 Abs 5 WEG 2002 gelten überdies – sobald eine Zusage der Einräumung des Wohnungseigentums im Grundbuch angemerkt ist und zumindest ein Wohnungseigentumsbewerber Miteigentum erworben hat – für die Verwaltung der Liegenschaft und die Rechte der Miteigentümer die §§ 16 bis 34, 36 und 52 WEG 2002. Nach der Rechtsprechung des Fachsenats (RS0118026) stellt dies klar, dass die Eigentümergemeinschaft bereits als rechtlich existent zu fingieren ist, sobald eine Zusage der Einräumung des Wohnungseigentums im Grundbuch angemerkt ist und zumindest ein Wohnungseigentumsbewerber Miteigentum erworben hat. Da her kommt der Eigentümergemeinschaft etwa die Berechtigung zu, die Beiträge zur Rücklage (§ 31 WEG) und zu Aufwendungen (§ 32 Abs 1 WEG) einzuheben (5 Ob 137/17h). Da somit die Organstellung des Verwalters im Gründungsstadium von Wohnungseigentum nach § 37 Abs 5 WEG 2002 nur von den dort genannten Voraussetzungen abhängt, wäre es aber systemwidrig, dem (engen) Wortlaut des § 25 Abs 3 HeizKG folgend nur auf die Wohnungseigentums begründung an einem Nutzungsobjekt abzustellen; nach dem Telos des § 37 Abs 5 WEG 2002 ist § 25 Abs 3 HeizKG vielmehr dahin auszulegen, dass dem Verwalter Parteistellung schon dann zukomm t , wenn die Voraussetzungen des § 37 Abs 5 WEG 2002 erfüllt sind.
[12] 2.5. Die Parteistellung im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren nach § 52 Abs 1 WEG 2002 ist überdies nach ständiger Rechtsprechung des Fachsenats (RS0083100; RS0083106) grundsätzlich an das aufrechte bücherliche Eigentum geknüpft. § 234 ZPO ist im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren nicht anzuwenden, sodass ein Wechsel in der Parteistellung vor der Entscheidung erster Instanz beachtlich ist (RS0005764; 5 Ob 39/18y). Der Richter hat von Amts wegen alle Personen, deren Rechte durch die Entscheidung betroffen werden, noch im Lauf des Verfahrens in dieses einzubeziehen (RS0005786 [T2]; RS0005764 [T2]), dies gilt jedenfalls bei in die Zukunft weisenden Begehren. Besitzt ein Antrag Wirkung für die Zeit sowohl vor als auch nach einer Übertragung der Rechtsposition, kommen dem Rechtsvorgänger und dem Rechtsnachfolger Parteistellung zu (vgl 5 Ob 183/11i [ Hauptmietzinsabrechnung ]).
[13] 3.1. Hier haben mehrere Miteigentümer, zu deren Gunsten die Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum grundbücherlich angemerkt ist, die inhaltliche Überprüfung der Heizkostenabrechnung nach § 25 Abs 1 Z 8a HeizKG beantragt. Auch die Antragsgegnerin ist Miteigentümerin (ihre Wärmeabgebereigenschaft ist umstritten). Ob es neben den Antragstellern weitere Wärmeabnehmer bereits bei Übermittlung der Heizkostenabrechnung für das Jahr 2019 – die offenbar (./B) am 3 . 6. 2020 erstellt wurde – gab, lässt sich aus dem Akteninhalt nicht abschließend beantworten. Fest steht aber , dass der aktuelle Grundbuchstand vier weitere Miteigentümer ausweist , zu deren Gunsten ebenfalls die Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum angemerkt wurde, von deren Wärmeabnehmereigenschaft daher jedenfalls mit dem Zeitpunkt der Verbücherung ihres Eigentumsrechts auszugehen ist . Unter Berücksichtigung der aus dem Grundbuch ersichtlichen Kaufverträge vom 6 . 5. 2020 bzw 19 . 5. 2020 und der darin genannten Übergabsstichtage kam nach § 2 Z 4 lit b HeizKG iVm § 14 Abs 2 HeizKG drei Miteigentümern die Wärmeabnehmerstellung bereits mit dem Übergabezeitpunkt zu, der jedenfalls vor Errichtung (und Zustellung) der Heizkostenabrechnung 2019 lag.
[14] 3.2. Die Beiziehung dieser weiteren Wärmeabnehmer wäre daher erforderlich gewesen, unterblieb allerdings sowohl vor der Schlichtungsstelle als auch im Verfahren erster Instanz. Auch der Sachbeschluss des Rekursgerichts wurde ihnen nicht zugestellt. Das wird nachzuholen und der Sachbeschluss zweiter Instanz durch Hausanschlag zuzustellen sein, um weiteren Wärmeabnehmern die Gelegenheit zu geben, sich am Verfahren zu beteiligen und ihre Parteirechte geltend zu machen (oder auch nicht).
[15] 3.3. Da hier auch von einer Parteistellung des Verwalters auszugehen ist, wird auch der Verwalterin der Sachbeschluss des Rekursgerichts (individuell) zuzustellen sein.
[16] 4. Die Akten werden erst nach Ablauf der Fristen für einen allfälligen Revisionsrekurs weiterer Wärmeabnehmer und/oder der Verwalterin dem Obersten Gerichtshof wieder vorzulegen sein.