JudikaturOGH

11Os28/22k – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. April 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. April 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in der Strafsache gegen * N* wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 11. Jänner 2022, GZ 631 Hv 10/21y 23, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019 den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * N* des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I./) und des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB (II./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er im Zeitraum vom 1. Dezember 2018 bis 20. Dezember 2018 in *

I./ mit der am * geborenen * M*, sohin einer unmündigen Person, eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung unternommen, indem er zwei Finger seiner linken Hand in ihre Vagina einführte und hin und her bewegte;

II./ durch die unter Punkt I./ angeführte Handlung mit einer minderjährigen Person, die seiner Aufsicht unterstand , unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber dieser Person geschlechtliche Handlungen vorgenommen.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] K eine oder eine offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) liegt dann vor, wenn für den Ausspruch über eine entscheidende Tatsache entweder überhaupt keine oder nur solche Gründe angegeben sind, aus denen sich nach den Kriterien logischen Denkens und allgemeiner Lebenserfahrung ein Schluss auf die zu begründende Tatsache entweder überhaupt nicht ziehen lässt oder der logische Zusammenhang kaum noch erkennbar ist (RIS-Justiz RS0099413).

[5] Unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) ist die Ableitung der Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen insbesondere aus den – unter Berücksichtigung einer gemeinsamen Silvesterfeier der Familien von Täter und Opfer zum auf die Tat folgenden Jahreswechsel (US 8 f) für glaubhaft, lebensnah und authentisch eingestuften – Angaben der Zeugin M* (US 6 ff) nicht zu beanstanden. Mit eigenständigen Beweiswerterwägungen bekämpft der Angeklagte bloß die Beweiswürdigung des Schöffengerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StGB) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.

[6] Entgegen der weiteren Rüge (Z 5 vierter Fall) wurde auch die subjektive Tatseite mängelfrei mit der allgemeinen Lebenserfahrung und dem Wissensstand des einschlägig vorbestraften Angeklagten sowie dessen objektivem Verhalten begründet.

[7] Die prozessordnungskonforme Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes erfordert das strikte Festhalten am gesamten Urteilssachverhalt und den ausschließlich auf dessen Basis geführten Nachweis eines Rechtsirrtums (RIS Justiz RS0099810). Eine angestrebte rechtliche Konsequenz ist überdies nicht bloß zu behaupten, sondern methodisch vertretbar aus dem Gesetz abzuleiten (RIS-Justiz RS0116569, RS0117321).

[8] Weshalb Feststellungen zum seinerzeitigen Grund für den Abbruch des Kontakts zwischen * M* und ihrer Freundin * G* (der Stiefenkelin des Angeklagten) oder dazu, dass der Angeklagte dem aus dem Schlaf erwachten Mädchen vor der Tathandlung die Unterhose ausgezogen hatte, für den Schuldspruch oder die Subsumtion entscheidend sein sollten, lässt die solche Feststellungslücken behauptende Beschwerde (Z 9 lit a; nominell zum Teil auch Z 5) nicht erkennen.

[9] Ebensowenig erklärt sie (dSn Z 10), weshalb das mit starken Schmerzen verbundene mehrmalige Einführen von zwei Fingern in die Scheide eines 9 jährigen Mädchens und das Hin und Herbewegen der Finger in der Scheide (US 4, 7) in der Intensität der sexuellen Inanspruchnahme und der Schwere des Eingriffs in die sexuelle Selbstbestimmung nicht mit einer Beischlafshandlung vergleichbar sein sollte (RIS Justiz RS0095004, RS0116530, RS0094905).

[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

[11] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise