JudikaturOGH

11Os20/22h – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. April 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. April 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter im Verfahren zur Unterbringung des * L* in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 5. Jänner 2022, GZ 12 Hv 118/21y 47, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019 den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * L* gemäß § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, weil er in W* und andernorts unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich einer paranoiden schizophrenen Erkrankung (US 6 und 10 f), beruht, andere gefährlich mit dem Tod bedroht hat, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar

1./ am 17. September 2021 * K* und * Kn* durch Abfeuern eines Schusses mit einer Langwaffe und

2./ am 26. September 2021 den Justizwachebeamten * J*, indem er ihm ankündigte, er werde ihn abstechen und ihm den Kopf herunterreißen, wobei er mit einem abgebrochenen Besenstiel aus Metall (US 8) um sich schlug,

somit Taten begangen, die (je) als Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1, Abs 2 StGB mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind.

Rechtliche Beurteilung

[2] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen.

[3] Entgegen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) haben sich die Tatrichter zu 1./ mit den als übergangen erachteten Angaben der Zeugen K* und Kn*, wonach es „keine Interaktion und … keinen Blickkontakt mit dem Betroffenen“ gegeben hätte, auseinandergesetzt und auch dargelegt, aus welchen Gründen sie diese als nicht zu dessen Entlastung geeignet angesehen haben (US 7 f). Dem Gebot zu bestimmter, aber gedrängter Darstellung in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend, war das Erstgericht im Übrigen nicht dazu verhalten, diese Aussagen in all ihren Details zu erörtern (RIS Justiz RS0098778, RS0106642; Ratz , WK StPO § 281 Rz 428).

[4] Weshalb die von den Tatrichtern aus dem objektiven Geschehensablauf (US 7 ff) – insbesondere auch aus dem der Schussabgabe vorangehenden aggressiven Verhalten des Betroffenen (etwa Durchstoßen eines Metalltores mit einem Hoflader–US 4 f und 10) – sowie aus seinen früheren einschlägigen Verurteilungen (US 3 und 10) gezogenen Schlussfolgerungen (US 10) den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen (RIS Justiz RS0099413, RS0116732; Ratz , WK StPO § 281 Rz 444) widersprächen, wird nicht begründet dargelegt.

[5] Gleiches gilt für das gegen 2./ gerichtete Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 vierter [nominell auch erster] Fall), welches sich darauf beschränkt, unter Hinweis auf die im Tatzeitpunkt bestehende Abschließung des Betroffenen (im Haftraum) für diesen günstigere Schlussfolgerungen im Tatsächlichen zu reklamieren desungeachtete Möglichkeiten für Aggressionshandlungen aber völlig ausblendet (vgl im Übrigen die aus §§ 102 Abs 1 und 103 Abs 1, Abs 2 Z 4 StVG resultierende Verpflichtung zur Prüfung der Erforderlichkeit der allfälligen Vornahme von Sicherungsmaßnahmen durch den Justizwachebeamten [US 5 f, 8, 9 f]). Die Frage, ob der Beschwerdeführer neben den inkriminierten Äußerungen auch „wirres Zeug“ von sich gegeben hat, betrifft dabei keinen erheblichen (iSd Z 5 zweiter Fall erörterungspflichtigen) Umstand.

[6] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) orientiert sich nicht an den tatrichterlichen Annahmen zum (auch von seiner subjektiven Tatseite umfassten) Bedeutungsgehalt der jeweiligen (teils nonverbalen) Drohungen des Betroffenen (US 5 f) und legt weder begründet dar, weshalb diese bei der gebotenen objektiv-individuellen Betrachtung (vgl RIS Justiz RS0092753) nicht geeignet gewesen wären, den jeweiligen Opfern begründete Besorgnis eines Angriffs auf ihr Leben einzuflößen, noch, weshalb es für die Erfüllung des Tatbestands erforderlich sein sollte, dass der Täter das angedrohte Übel tatsächlich wahr machen will oder dazu im Stande ist (RIS Justiz RS0116565, RS0092132, RS0099810).

[7] In Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der dazu erstatteten Äußerung der Verteidigung, war d ie Nichtigkeitsbeschwerde daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

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