15Os132/21g – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 9. März 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in der Strafsache gegen * A* wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 21. Juli 2021, GZ 39 Hv 44/21a 33, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019) den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * A* des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB (I./) sowie des Vergehens der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs 2 StGB (II./) schuldig erkannt.
[2] Danach hat sie in V* und andernorts
I./ mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, sowie in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung auch schwerer Betrugshandlungen eine längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, * W* durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die wahrheitswidrige Vorgabe ihrer Rückzahlungsfähigkeit und willigkeit, zur Gewährung von Darlehen sowie Übergabe von Bargeldbeträgen verleitet, wodurch dieser ein Schaden von 177.800 Euro entstand, und zwar:
1./ am 21. Dezember 2018 zur Übergabe eines Darlehensbetrags von 6.000 Euro;
2./ am 6. März 2019 zur Übergabe eines Darlehensbetrags von 18.000 Euro;
3./ am 9. Mai 2018 zur Übergabe eines Darlehensbetrags von 1.200 Euro;
4./ am 7. Juli 2018 zur Übergabe eines Darlehensbetrags von 3.000 Euro;
5./ am 10. Juli 2019 zur Übergabe eines Darlehensbetrags von 17.000 Euro;
6./ zudem durch die Behauptung, sie benötige das Geld für die Fertigstellung und Sanierung eines Hauses ihrer Tochter in Slowenien, beabsichtige einen Verkauf des Hauses und werde das Darlehen aus dem Verkaufserlös zurückzahlen,
a) am 18. März 2019 zur Übergabe eines Darlehensbetrags von 24.000 Euro,
b) am 8. April 2019 zur Übergabe eines Darlehensbetrags von 14.300 Euro,
c) am 28. Juli 2018 zur Übergabe eines Darlehensbetrags von 5.000 Euro,
d) am 29. Mai 2019 zur Übergabe eines Darlehensbetrags von 2.500 Euro,
e) am 12. Juni 2019 zur Übergabe eines Darlehensbetrags von 19.000 Euro,
f) am 1. Juli 2019 zur Übergabe eines Darlehensbetrags von 10.000 Euro,
g) um den 3. Oktober 2019 zur Übergabe eines Darlehensbetrags von 15.800 Euro,
h) am 7. November 2019 zur Übergabe eines Darlehensbetrags von 9.000 Euro,
i) am 20. November 2019 zur Übergabe eines Darlehensbetrags von 6.000 Euro,
j) am 9. August 2019 zur Übergabe eines Darlehensbetrags von 10.000 Euro,
k) am 14. oder 19. Jänner 2020 zur Übergabe eines Darlehensbetrags von 17.000 Euro;
II./ um den 25. September 2020 in H* zur Verschleierung der zu I./ genannten Betrugshandlungen „eine hinsichtlich der Unterschrift der * K* blanko vorunterfertigte und eigenmächtig erstellte Bestätigung, datiert mit 21. Dezember 2019, wonach die von * W* übernommenen Gelder in der Höhe von gesamt 160.000 Euro direkt an deren Nichte K* weitergegeben worden seien“, somit ein falsches Beweismittel in einem gerichtlichen Verfahren gebraucht , indem sie diese Bestätigung dem Insolvenzverwalter Dr. * O* im Verfahren AZ * des Bezirksgerichts H* aushändigte.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf Z 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten. Sie verfehlt ihr Ziel.
[4] Der Nichtigkeitsgrund nach Z 5a greift seinem Wesen nach erst dann, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder vorkommen hätten können und dürfen, nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen – wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt – wird dadurch nicht ermöglicht (RIS Justiz RS0119583).
[5] Indem die Rüge zu I./ den Er wä gungen der Tatrichter zu den A ngab en der Zeuginnen W* (US 10 f) und S* (US 17 f) sowie zu den von der Angeklagten vorgelegten Rechnungen der Ö* AG (US 18) bloß eigene Überlegungen und beweiswürdigende Schlussfolgerungen gegenüber stellt, gelingt es ihr nicht, erhebliche Bedenken im Sinn des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes zu erwecke n.
[6] Gleiches gilt auch für die Ausführungen der Beschwerde zu einem möglichen Motiv der W* und ihrer Nichte * J* für eine Falschbezichtigung (vgl dazu US 18 f), zur Frage eines „ausreichenden“ Bargeldbesitzes sowie dazu, dass das Erstgericht bei einem angeklagten Faktum (I./7./) zu einem Freispruch gelangt ist (US 4, 23; vgl RIS-Justiz RS0098372 [T16]).
[7] Auch zu II./ gelingt es der R üge mit beweiswürdigenden Erörterungen zur Frage des Zugangs der Angeklagten zur Wohnung der W* (vgl US 16 f) und zur „gänzlich ungeklärten Erstellung“ der Blankoformulare nicht, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen zu erwecken.
[8] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermisst Feststellungen zum Vorhandensein von Barvermögen , übergeht dabei aber – entgegen den Erfordernissen der Prozessordnung (vgl RIS-Justiz RS0099810) – die Konstatierungen zu den der Angeklagten tatsächlich von W* übergebenen Bargeldbeträgen (US 6 f, 11). Weshalb zur rechtsrichtigen Subsumtion Konstatierungen zur „tatsächlichen Vermögenssituation“ des Tatopfers im Tatzeitraum sowie dazu, „woher sie diese [Barbeträge] hatte“, erforderlich sein sollten, erklärt die Beschwerde nicht (vgl RIS-Justiz RS0099620).
[9] Mit ihren Erwägungen zur (Nicht-)Verfügbarkeit von Bargeldbeträgen bekämpft sie bloß die Beweiswürdigung des Erstgerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Berufung wegen Schuld.
[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sogleich zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§ 285i StPO).
[11] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.