JudikaturOGH

11Os12/22g – OGH Entscheidung

Entscheidung
01. März 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 1. März 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kostersitz als Schriftführer in der Strafsache gegen * F* und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde des Privatbeteiligten * R* gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 28. Oktober 2021, GZ 24 Hv 28/20m 119, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Dem Privatbeteiligten fallen die durch sein gänzlich erfolglos gebliebenes Rechtsmittel verursachten Kosten des Strafverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurden – soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant –

I) * F* und * L* vom Vorwurf, sie hätten am 1. Februar 2020 in I* im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit zumindest einem weiteren unbekannt gebliebenen Mittäter (§ 12 StGB) * R* eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) absichtlich zugefügt, indem * F* dem Genannten zunächst einen Faustschlag ins Gesicht versetzte, wodurch dieser zu Boden stürzte und * F*, * L* und zumindest ein weiterer unbekannter Täter auf den am Boden liegenden * R* einschlugen bzw eintraten, wodurch * R* blutende Lippen, eine Schädelprellung, eine Fraktur des Nasenbeins sowie eine Fraktur der Augenhöhle erlitt,

gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

[2] Dagegen richtet sich die auf Z 4 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Privatbeteiligten R*.

[3] Die Verfahrensrüge (Z 4) kritisiert die Abweisung des in der Hauptverhandlung am 14. Juli 2021 gestellten Antrags auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens (ON 93 S 54) in der Hauptverhandlung am 28. Oktober 2021 (ON 118 S 26).

[4] Wird eine Hauptverhandlung – wie hier am 28. Oktober 2021 (ON 118 S 3) – gemäß § 276a zweiter Satz StPO wiederholt, verlieren Anträge, die in der früheren (hier: 14. Juli 2021 [ON 93]) gestellt wurden, ihre Gültigkeit. Als Hauptverhandlung gilt nämlich nur diejenige, die der Urteilsfällung unmittelbar vorangeht (RIS-Justiz RS0099049 [T2], RS0117403; Danek/Mann , WK StPO § 276a Rz 1; Ratz , WK StPO § 281 Rz 310). Unabdingbare Voraussetzung für die Geltendmachung von Nichtigkeit aus Z 4 ist aber, dass der Antrag (gerade) in dieser Hauptverhandlung gestellt wurde (RIS-Justiz RS0099250; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 302 und 309 ff). Die Erklärung, den in einer früheren Hauptverhandlung (hier: am 14. Juli 2021 [ON 93 S 54]) gestellten Antrag „aufrecht“ zu halten (ON 118 S 25), erfüllt diese Voraussetzung ebenso wenig wie dessen Verlesung (durch das Gericht [ON 118 S 26] – (RIS-Justiz RS0098869 [T1], RS0099049 [T3, T4, T12], RS0099099 [T13]; vgl Ratz , WK-StPO § 281 Rz 310, 313). Dieser Mangel einer gehörigen Antragstellung wird auch durch das dennoch gefällte Zwischenerkenntnis (ON 118 S 26) nicht saniert (RIS-Justiz RS0098869 [T7], RS0099099 [T12]).

[5] Bleibt anzumerken, dass der in der Hauptverhandlung am 14. Juli 2021 gestellte Antrag des Beschwerdeführers auf „Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass die von * R* erlittenen Verletzungen nicht schon aus medizinischer Sicht nicht von einem einzigen Faustschlag resultieren können, dies insbesondere zum Beweis dafür, dass insbesondere die Verantwortung des Erstangeklagten hierzu nicht glaubwürdig ist“ (ON 93 S 54), nicht darlegte, weshalb die begehrte Beweisaufnahme den damit primär angestrebten Nachweis der Täterschaft der Angeklagten (in objektiver und subjektiver Hinsicht) erwarten ließ und solcherart auf im Hauptverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet war (RIS-Justiz RS0118444; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 330 f, 340), die noch dazu andere Beweisergebnisse (Videoaufzeichnungen – US 4 ff, ON 118 S 25) völlig ausblendete ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 341).

[6] Das in der Rechtsmittelschrift zur Antragsfundierung erstattete weitere Vorbringen ist unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099618; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 325).

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu erstatteten Äußerung des Verteidigers – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[8] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 zweiter Satz StPO.

Rückverweise