4Ob22/22x – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Dr. Schwarzenbacher als Vorsitzenden und die Hofräte und Hofrätinnen Hon. Prof. PD Dr. Rassi, MMag. Matzka, Dr. Faber sowie Mag. Istjan, LL.M., als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei O* GmbH (früher B* GmbH), *, vertreten durch DORDA Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. A* B*, vertreten durch Dr. Wolf Georg Schärf, Rechtsanwalt in Wien, wegen Herausgabe (Streitwert 35.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Oktober 2021, GZ 14 R 91/21m 28, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 14. April 2021, GZ 57 Cg 60/20t 23, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
1. Die Bezeichnung der klagenden Partei wird auf „O* GmbH“ berichtigt.
2. Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 2.197,80 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 366,30 EUR USt) zu ersetzen.
Text
Begründung:
Zu 1:
[1] Die Parteienbezeichnung der klagenden Partei war gemäß § 235 Abs 5 ZPO wegen der am 21. 12. 2021 im Firmenbuch zu FN * eingetragenen Änderung der Firma der klagenden Partei wie aus dem Kopf ersichtlich zu berichtigen.
Zu 2:
[2] Die klagende Partei begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, ihr binnen 14 Tagen sämtliche Honorarvereinbarungen zwischen den Parteien, dem Beklagten von der klagenden Partei erteilte Vollmachten, sämtliche vom Beklagten an die klagende Partei gelegten Honorarnoten samt Leistungsbeschreibungen sowie sonstige Unterlagen, wie Verträge und Entwürfe sowie Korrespondenzen, im Zusammenhang mit den vom Beklagten angeblich begleiteten Ausmietungen an einer im Eigentum der klagenden Partei stehenden näher bezeichneten Liegenschaft, insbesondere hinsichtlich einer näher bezeichneten Person, sowie die sonstigen mit der Ausmietung im Zusammenhang stehenden Handakte, jeweils wahlweise im Original oder als Kopie, herauszugeben.
[3] Die Vorinstanzen gaben dem Herausgabebegehren statt. Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision mangels höchstgerichtlicher Rechtssprechung zur Frage zu, unter welchen Voraussetzungen ein Rechtsanwalt nach der Beendigung des Mandats zur (mehrmaligen) Ausfolgung von Kopien von Unterlagen an den ehemaligen Mandaten verpflichtet ist.
[4] Gegen das Berufungsurteil richtet sich die von der klagenden Partei beantwortete Revision des Beklagten mit dem Antrag auf Abänderung im klagsabweisenden Sinn. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
[5] Die Revision ist – ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruchs des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) – nicht zulässig. Sie zeigt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.
Rechtliche Beurteilung
[6] 1. Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Obersten Gerichtshof zu beurteilen (RS0112921, RS0112769). Eine im Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels tatsächlich aufgeworfene erhebliche Rechtsfrage fällt weg, wenn die bedeutsame Rechtsfrage durch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs bereits geklärt wurde (RS0112921 [T5]).
[7] 2. Der Senat hat in der Entscheidung 4 Ob 155/21d in einem (gegen denselben Beklagten geführten) Parallelverfahren einem nahezu wörtlich identen Herausgabebegehren stattgeben. Dabei wurden die gegenständlich auch vom Beklagten in seinem Rechtsmittel aufgeworfenen Rechtsfragen zu den Voraussetzungen eines auf § 12 RAO gestützten Herausgabebegehrens (einschließlich einer nochmaligen Herausgabe, zur Treuepflicht und zum Kostenersatz für die Herstellung von Kopien) sowie zur Bestimmtheit des Begehrens ebenso bereits geklärt wie die Zulassungsfrage des Berufungsgerichts, an die das Rechtsmittel anknüpft. An den in der Vorentscheidung dargelegten Grundsätzen ist weiterhin festzuhalten.
[8] 3. Auch die Ausführungen zur Entscheidung 4 Ob 118/12z bzw zur Beweislast betreffend die Verfügungsgewalt über die Urkunden können die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht stützen. Wie zu 4 Ob 155/21d war es auch gegenständlich im erstinstanzlichen Verfahren unstrittig, dass der Beklagte über die vom Begehren umfassten Urkunden (bzw Kopien davon) verfügt. Bei dieser Sachlage ist die in der Revision zitierte Entscheidung 4 Ob 118/12z, bei der das Vorhandensein oder der Umfang der vom Ausfolgeauftrag umfassten Unterlagen strittig war, nicht einschlägig. Damit kommt es auch nicht auf die Verteilung der Beweislast an.
[9] 4. Da der Beklagte in seinem Rechtsmittel somit keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt, war die Revision als unzulässig zurückzuweisen.
[10] 5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.