JudikaturOGH

8ObA15/22x – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Februar 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann Prentner und Mag. Korn als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Robert Hauser (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei G*, vertreten durch Donnerbauer Partner Rechtsanwalts GmbH in Retz, gegen die beklagte Partei V*ges. m. b. H. *, vertreten durch Körber-Risak Rechtsanwalts GmbH in Wien, wegen Entlassungsanfechtung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 17. Dezember 2021, GZ 9 Ra 91/21z 33, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Die außerordentliche Revision des Klägers wirft keine über den Einzelfall hinaus erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf.

Rechtliche Beurteilung

[2] Jeder Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass die geschlechtliche Selbstbestimmung, sexuelle Integrität und Intimsphäre der Arbeitnehmer nicht gefährdet wird. Es geht im Zusammenhang mit dem Tatbestand der sexuellen Belästigung nicht nur um den Schutz der körperlichen Integrität vor unerwünschten sexuellen Handlungen, sondern es ist auch die psychische Verletzbarkeit gemeint (RIS Justiz RS0113529 [T4]).

[3] E s hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab, ob eine sexuell konnotierte Belästigung als Entlassungsgrund zu qualifizieren ist (RS0105952 [T8]; RS0044088 [T50]). Eine Einzelfallentscheidung ist im Revisionsverfahren nur dann überprüfbar, wenn im Interesse der Rechtssicherheit ein grober Fehler bei der Auslegung der anzuwendenden Rechtsnorm oder eine eklatante Ermessensüberschreitung korrigiert werden müssten (RS0044088).

[4] Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die festgestellten Verhaltensweisen des Klägers („Anschieben“ am Gesäß, anzügliche geschlechtsbezogene Bemerkungen auch vor einem Kollegen), die von der ihm fachlich unterstellten Mitarbeiterin nicht erwünscht waren und die sie als so unangenehm empfand, dass sie wiederholt um ihre Versetzung ansuchte, eine Belästigung verwirklichten, die eine Entlassung rechtfertigte, ist nach den dargelegten Grundsätzen nicht unvertretbar. Das Gleiche gilt für die Beurteilung, dass der Beklagten die Weiterbeschäftigung des Klägers unzumutbar war.

[5] Soweit die Revision ausführt , die Wirkung seines Verhaltens sei für den Kläger subjektiv nicht erkennbar gewesen, setzt sie sich unzulässig über die für den Obersten Gerichtshof bindenden Tatsachenfeststellungen über den Protest der Mitarbeiterin gegen die körperliche Berührung und die Reaktion des Klägers hinweg.

[6] Mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Rückverweise