11Os158/21a – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Februar 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Rechtspraktikanten Mag. Jäger, BA, als Schriftführer in der Strafsache gegen * K* wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1, Abs 2 vierter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 4. Oktober 2021, GZ 36 Hv 59/21g 23, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte * K* des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1, Abs 2 vierter Fall StGB schuldig erkannt.
[2] Danach hat er am 30 . Juli 2021 in W* A* mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs und dem Beischlaf gleichzusetzender geschlechtlicher Handlungen genötigt, indem er sie gewaltsam erfasste und gegen ihren Willen in ein Zimmer drängte, auf das Bett stieß, sie ins Gesicht schlug, mit seinem Körper auf das Bett drückte, ihr die Unterhose auszog, mehrmals mit seinem Glied in sie vaginal eindrang, danach an der Schulter erfasste, ihr wiederum ins Gesicht schlug, ihr sein Glied gewaltsam in den Mund und ihren Kopf gegen seine Hüfte drückte, sie auf den Bauch drehte, gewaltsam mehrmals mit seinem Glied in ihren After eindrang, sie wieder auf den Rücken drehte, mehrmals vaginal in sie eindrang, ihr sein Glied wiederum in den Mund steckte und dort ejakulierte, wobei die vergewaltigte Person durch die Tat in besonderer Weise erniedrigt wurde (US 4, 5).
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
[4] Die Mängelrüge (Z 5) verkennt, dass Aktenwidrigkeit nur vorliegt, wenn das Urteil den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt eines Beweismittels in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt, nicht aber, wenn Feststellungen des erkennenden Gerichts (als Ergebnis des Prozesses der Würdigung sämtlicher Verfahrensprodukte) im (behaupteten) Widerspruch zu einzelnen, isoliert herausgegriffenen Beweisinhalten stehen (RIS Justiz RS0099431 [T1, T5]; Ratz , WK StPO § 281 Rz 467). Ein derartiges Fehlzitat zeigt die Beschwerde mit ihren Ausführungen zu de m keinen Hinweis auf Oralverkehr enthaltenden Dokumentationsbogen des Krankenhauses W* nicht auf; ebensowenig, dass dies hier in einem erörterungsbedürftigen (Z 5 2. Fall) Gegensatz zu den Angaben des Opfers stünde.
[5] Die nach Art einer Aufklärungsrüge (Z 5a) vorgebrachte Kritik, wonach das Erstgericht seine Pflicht zu amtswegiger Wahrheitsforschung (§ 2 Abs 2 StPO) vernachlässigt habe, verkennt die unter dem Aspekt der Sachverhaltsermittlung bestehende Subsidiarität des der Sache nach angesprochenen Nichtigkeitsgrundes gegenüber jenem der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO und unterlässt die gebotene Darlegung, wodurch der Beschwerdeführer an einer Antragstellung in der Hauptverhandlung gehindert gewesen wäre (RIS Justiz RS0114036 [T11], RS0115823 [T2, T6, T10]). Eines näheren Eingehens auf die in diesem Rahmen vorgebrachten Punkte bedarf es daher nicht.
[6] D ie Subsumtionsrüge bestreitet die besondere Erniedrigung des Opfers, indem sie Vergleiche zur Sachverhaltsbasis der Entscheidungen zu AZ 15 Os 27/21s und AZ 15 Os 14/07h (bloß) zur Dauer und besonderen Brutalität der Tathandlungen in jenen Verfahren anstellt und argumentationslos behauptet, eine „gänzliche Missachtung“ der Menschenwürde sei Voraussetzung dieser Qualifikation. Sie verfehlt solcherart die gebotene Orientierung an der Verfahrensordnung (RIS Justiz RS0116565). Im Übrigen wird nicht klar, weshalb – noch dazu nach einem Analverkehr – das Ejakulieren in den Mund notwendige, nicht mit einer zusätzlichen Demütigung des Opfers verbundene Begleiterscheinung des Oralverkehrs sein sollte (vgl RIS Justiz RS0095315; Philipp in WK 2 StGB § 201 Rz 33 mwN; Hinterhofer in SbgK § 201 Rz 65).
[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
[8] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.